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Zusammenstellung der bergbaulichen Tätigkeit der Wismut - Objekte im Großraum Annaberg-Buchholz 

Für Anregungen und Beiträge steht auch ein Forenbeitrag zur Verfügung. *** Zum Forum ***

 

Inhaltsverzeichnis

                                           

 

Vorwort

Sinn dieser Veröffentlichung ist es, das Kapitel Bergbau für die Jahre 1946 bis 1959 in der Region Annaberg - Buchholz fortzuschreiben. Hierbei können wir bereits auf einige Veröffentlichungen zurückgreifen, die aber nach unserer Ansicht allesamt keinen kompletten Überblick ermöglichen. Mit diesem Zustand waren wir nicht zufrieden. Das ist die hauptsächliche Motivation für das Folgende.

Nicht unerwähnt hierbei sollen die ortsansässigen Altbergbau - Vereine sein, die das montanhistorische Erbe unserer Bergstadt liebevoll pflegen und uns bei unserer Arbeit tatkräftig unterstützen. In den einzelnen Beiträgen bringen sie sich mit ihrem Material ein.

Wir widmen unsere Ausführungen all jenen, die in der Wismut hier in Annaberg - Buchholz tätig waren. Stellvertretend sind hier die uns bekannten Annaberger Bergleute

Walter Mank, Martin Thalheim, Harry Malchin, Walter Werner,  Valentin Pawlowitsch Nazarkin, Felix Kube, Erwin Raasch, Frieder Fritzsch, Dieter Zucholowsky

erwähnt.

Wir hoffen, dass den noch verbliebenen Annaberger Kumpels unser Beitrag gefällt und grüßen sie mit einem herzlichen

Glück Auf!

 

Chronologie 

14.02.1945 gegen 21:23 Uhr begannen vereinzelte englische Bomber Bomben auf Buchholzer Gebiet abzuwerfen


15.02.1945
gegen 0:45 Uhr
fielen dann weitere Bomben auf Buchholz


20.02.1945 gegen 18:00 Uhr
amerikanischer Tieffliegerangriff auf Buchholz, Beschuss eines Eisenbahnzuges mit 4 Todesopfern


14.04.1945
Anonymes Schreiben an den Buchholzer Bürgermeister Schimpf mit der Bitte, dem Stadtkommandanten nicht in eine sinnlose Verteidigung der Stadt gegen die übermächtigen Alliierten zu folgen


April 1945
Sowjetische Einheiten erbeuten 218 kg Urankonzentrat und 90 kg Uranverbindungen in Oranienburg


07.05.1945
versplitterte Verbände der geschlagenen Deutschen Wehrmacht durchquerten Annaberg und Buchholz in Richtung Westen


08.05.1945
Bedingungslose Kapitulation der Deutschen Wehrmacht in Berlin, gegen Nachmittag wurde auf dem Annaberger Markt mit Lautsprecherwagen der Vormarsch sowjetischer Panzer auf Annaberg angekündigt, in der Stadt blieb es ruhig, am späten Nachmittag rollte ein Motorradgespann der "Roten Armee" als Vorhut auf den Annaberger Markt, etwas später fuhr ein russischer Lautsprecherwagen durch das Stadtgebiet und rief zu Ruhe und Ordnung auf


09.05.1945
Weitere sowjetische Verbände, teils mit Pferdefuhrwerken - teils motorisiert, erreichten das Stadtgebiet und machten im Arbeitsdienst-Barackenlager in Buchholz, Dörfler Weg, Quartier. Sie besetzten den Landkreis Annaberg bis etwa in Ortslage Scheibenberg. In Aue standen die Truppen der USA. Das Gebiet Schwarzenberg blieb einige Zeit unbesetzt.


10.05.1945
Bürgermeister Schimpf wird vom KPD-Genossen Florian Müller als Bürgermeister der Stadt Buchholz abgelöst.


30.06.1945
Auf Befehl des russischen Stadtkommandanten Nemov wurde die Vereinigung der traditionsreichen erzgebirgischen Bergstädte Annaberg und Buchholz zu Annaberg-Buchholz vollzogen.


06.08. und 09.08.1945
Abwurf der ersten und gottlob letzten beiden Atombomben der USA auf Japan, das führte faktisch zur Kapitulation des Kaiserreiches Japan am 15.08.1945 und somit zum Ende des Zweiten Weltkrieges [i1]


30.07.1945
Potsdamer Konferenz der Siegermächte des 2. Weltkrieges,
konstituierende Sitzung des Alliierten Kontrollrates [i2]


ab Spätsommer 1945
Die Arbeiten und der Weiterbetrieb der beschlagnahmten Sachsenerz-Grube "Weißer Hirsch" in Schneeberg wurde auf Befehl der Sowjetischen Militäradministration Berlin - Karlshorst hin wieder aufgenommen, obwohl keinerlei wirtschaftliche Aufträge vorlagen. Es wurden Instandhaltungskolonnen gebildet, die die Betriebsbereitschaft noch intakter Gruben sichern sollten. Im Schneeberger und Johanngeorgenstädter Revier tauchten zudem kundige Offiziere der "Roten Armee" auf und suchten sehr gewählt ortskundige Bergleute der beschlagnahmten Sachsenerz AG zwecks Befahrung der zum Zeitpunkt außer Betrieb befindlichen Erzbergwerke auf. Es wurden dann konzentriert deutsche Führungskräfte und Bergleute aus vormaligen Betriebszeit zur dortigen Arbeit dienstverpflichtet. ( Anm. Autor: Oberstg. Schmidt und Baumann aus Schneeberg, Oberstg. Kube in Annaberg etwas später ). [L1 S.2ff]


04.01.1946
Der Alliierte Kontrollrat beschließt den Umfang deutscher Wiedergutmachungen an die Kriegsbetroffenen [i6]

Mai 1946 deutsche und sowjetische Wissenschaftler starten in Obninsk ein von Stalin befohlenes geheimes Atomprojekt [i12]


01.07.1946 
Die Amerikaner starteten propagandaträchtig weitere Atomtests auf dem Bikiniatoll im Pazifik. Zirka 2000 Kameras filmten das Spektakel und sollten untermauern, dass die Supermacht USA über die schrecklichste Waffe seit Menschengedenken verfügten. Dies wird im allgemeinen als der Startschuß für den Kalten Krieg angesehen. Das Wettrüsten begann. [i10]


November 1946
Beginn der Erkundungsarbeiten am Dorothea - Stolln in Cunersdorf, auf dem Dorothea-Flachen und dem Elisabeth-Spatgang wurden die ersten radioaktiven Anomalien festgestellt


18.12.1946
auf Grund erster Erkenntnisse wurde eine geologische Suchabteilung der "Roten Armee" nach Annaberg - Buchholz entsandt


25.12.1946
Erste kontrollierte Kettenreaktion in einem Atomforschungsinstitut nahe Moskau [i7]


ab Januar 1947
beschlagnahmten sowjetische Wirtschaftsoffiziere einer Spezialeinheit (Feldpostnummer 27304) in Annaberg-Buchholz alles Notwenige zum Start der Bergarbeiten, Alles ist auch wirklich alles, also von der Glühbirne über Werkzeug, Panzersschrank bis zum Fabrikgebäude. Grundstücke wurden einfach besetzt, ohne irgendwelche Formalitäten. Erst viel später erhielten die Eigentümer einen meist sehr geringen Ausgleich und natürlich alle Hinterlassenschaften der Wismut, wie Abraum und zerstörte Gebäude.


März 1947
Bildung des Explotationsobjektes 04 Sitz kurzzeitiger Sitz im alten Bergamt Annaberg, dann in der Pestalozzi-Schule Buchholz

März 1947
Bildung des Ausrichtungsobjektes 13 in dieser Zeit 2 Bergbauschulen, eine für Objekt 04 in der "Mehnert-Fabrik" am oberen Bahnhof Annaberg, eine im "Gästehaus Erzhammer" am Markt in Annaberg


30.05.1947
Befehl Nr. 131 der SMA Sachsen: Die SAG Wismut ist in die teilweisen Abdeckung der sowjetischen Reparationsansprüche integriert. Es gingen zunächst darin ein: 1. Bergbauverwaltung Johanngeorgenstadt, 2. Bergbauverwaltung Schneeberg, 3. Bergbauverwaltung Oberschlema, 4. Bergbauverwaltung Annaberg, 5. Bergbauverwaltung Lauter, 6. Bergbauverwaltung Marienberg und 7. Pechtelsgrüner Aufbereitungswerk. Die Schätzung der Vermögenswerte dieser Betriebe einschließlich von Grundstücken, Bergbaurechten,
Schächten, Anlagen, Wohn- und Betriebsgebäuden mit den übrigen Werten, Materialien und
Werkzeugen erfolgte auf der Grundlage der für Reparationsleistungen beschlossenen Schätzinstruktion des Alliierten Kontrollrates vom Januar 1946. [L2 S.162 ff]


02.07.1947
Eintrag der Staatlichen Aktiengesellschaft der Buntmetallindustrie ( SAG ) "Wismut" mit Sitz in Moskau und Zweigniederlassung in Aue[Sachsen] im Handelsregister des Amtsgerichtes Aue [L2 S.162 Abb.]


November 1947 Baubeginn einer Kasernenanlage für die sowjetischen Bewachungstruppen der Annaberger Schächte am Schreckenberg bei klirrender Kälte ( heute Feierabendheim L.-O. Peters ).[Z1]


19.12.1947
Die beiden Fabrikgebäude der Fa. Preuß und Fa. Adler werden zur Einrichtung als Massenquartiere für die in die Stadt strömenden Bergarbeitermassen beschlagnahmt.


die Jahre 1947 und 1948
Die Wismut versuchte in den westlichen Besatzungszonen Bergwerkstechnik einzukaufen. Dies gelang auch teilweise. So wurden Flottmann- Bohrhämmer und Bohrknechte gekauft. Ebenso war Meßtechnik von Interesse. Dies soll meist gescheitert sein. Nicht weil die Beauftragten nicht liefern wollten, sondern weil man oft das Anliegen der Einkäufer auf Grund der umständlichen und vorsichtigen Ausdrucksweise nicht verstand. Als die Westalliierten 1948 davon Kenntnis erlangten, versuchte man es durch Verbot zu verhindern. Das gelang jedoch nicht sofort.[L3 S.44ff]


Juni 1948
Der erste sowjetische Atomreaktor in Tscheljabinsk-40 (heute Osjorsk) geht in Betrieb


01.09.1948
Ausgliederung des Schachtes 34 ( Bärenstein ), Gründung des Objektes 07


01.01.1949
Der Beschluss des Sächsischen Landtages ( November 1948 ), dass ab sofort der Namen Annaberg-Buchholz als Stadtnamen zu führen ist, wird nun offiziell wirksam. Damit trug man der Befehl der SMA folgsam Rechnung und beendete den bis dahin immer wieder aufflammenden Widerstand der örtlichen SED und der Bevölkerung.


14.06.1949
Allein in Annaberg-Buchholz wohnten 16.886 Bergleute. Im Stadtgebiet gab es ein große Wohnungsnot. Jedem Einwohner standen statistisch nur noch 5,5 m² - Wohnfläche zur Verfügung. Die Wismut reagierte und errichtete auf dem Dörfler Weg 4 weitere Wohnbaracken als Massenquartiere.


29.08.1949
7.00 Uhr Ortszeit: Die erste sowjetische Atombombe RDS-1 wird auf dem Testgelände Semipalatinsk gezündet.


01.09.1950
Übergabe des Objektes 04 an das Objekt 07 ( Bärenstein/Niederschlag )
ab 1951 wurde das Objekt 07 in Objekt 111 umbenannt ( in vielen Unterlagen wird jedoch die Bezeichnung 07 verwendet )


August 1951
Übergabe der neu erbauten Wohngebäude Karlsbader Straße / Ecke Kirchgasse, Schneeberger Straße 3 und 4 und Badeweg 1 und 2 ( zum Großteil von Bergleuten bezogen )


01.03.1952
Übernahme des Objektes 103 ( Breitenbrunn ) mit den verbliebenen Raschauer Schächten 257 und 278
1952 Fußball: Die BSG Wismut Annaberg gewinnt gegen die DDR-Oberliga - Elf von BSG Wismut Gera mit 5:3, bei Gera spielten 3 Nationalspieler der DDR!


17.06.1953
Beginn Unruhen in der damaligen DDR-Hauptstadt Berlin, blutige Niederschlagung durch die sowjetischen Besatzungsmacht, in Annaberg-Buchholz wurden SED-Mitglieder mit der Bewachung der volkseigenen Betriebe beauftragt


04.08.1953
Übergabe des bis dahin als Bergarbeiter - Kantine genutzten Gasthofes "Waldschlösschen" an die HO Annaberg-Buchholz


21.12.1953
Gründung der SDAG Wismut in Folge des Regierungsabkommens zwischen der Sowjetunion und der DDR

26.06.1954 der erste zivile Atomreaktor der Welt geht in Obninsk nahe Moskau ans Netz [i12]

01.07.1955 Übergabe der noch aktiven Schächte an das Objekt 01 ( Johanngeorgenstadt ), Übergaben von den noch betriebsfähigen Schächte 139, 39 ( aus Objekt 5 ) und 281, 282 ( Objekt 111 ) nebst aller aufgeschlossenen Rohstoffe an VEB-Betriebe der DDR im Wert von 8,3 Mio DM ( Ostmark - Bilanzsumme ).


im Laufe des Jahres 1955
Eine Annaberger Brigade unter Leitung von Walter Mank ( Schachtkombinat 21/116 ) erreichte einen Streckenvortrieb von 200 m / Monat. Das war zu diesem Zeitpunkt Weltrekord. Üblich waren in der Wismut Schnellvortriebe um die 80 m / Monat. Sie erhielten dafür den Nationalpreis der DDR - 1. Klasse der mit seinerzeit sagenhaften 100.000 DM ( Ostmark ) dotiert war [Z2] .


1956
Die Einstellung der Bergarbeiten begann auf Schacht 78/231.


24.08.1957
Mit Unterstützung der Wismut findet erstmalig auf der rekultivierten Halde von Park- und Ritterstolln das Waldschlösschenparkfest statt.


29.09.1957
erster mit dem von Tschernobyl vergleichbarer Atomunfall in Majak ( Sowjeunion ) [i8]


Oktober 1957
Einstellung der Uranproduktion Schachtkombinat 116/21/28, Beginn der Material - Rückgewinnung


28.05.1958
Die Lebensmittelkarten werden abgeschafft.


1959
Liquidation und Verwahrung der letzten Schächte in Annaberg-Buchholz und Rückführung der Gemarkungen ( Durchführung und Verwaltung von Schacht 235 ), Sportler der BSG Fortschritt Buchholz bekommen das Material der Skipanlage von Schacht 116 und bauen auf den Halden eine Sprungschanze

Quelle: alles nicht anders und mit * Gekennzeichnete
[L4 S. 191ff]     {FL}                       Inhaltsverzeichnis

 
 

 

Vom Pecherz, Uranoxid zum Radium   

 

pichblende

 

 

Abb.:
Stufe Pechblende
Bildquelle und Lizenz [b1]

1789 wurde vom Berliner Chemiker und Apotheker Martin Heinrich Klapproth ein neues Element entdeckt. Er separierte es aus einem pechschwarzen Erz der Johanngeorgenstädter Grube „Georg Wagsfort“ und benannte es nach dem Planeten Uranus als „Uran“ [i3] . Er konnte zweifelsfrei die künftige weltverändernde und strategische Bedeutung seiner Entdeckung zu diesem Zeitpunkt nicht erahnen. Den Bergleuten zu dieser Zeit war dieses Erz aber bereits bekannt. So ist dieses ab etwa 1730 aus den Lagerstätten Freiberg und Johanngeorgenstadt überliefert. [L09] Um 1830 herum wurde das gemahlene Uranoxid in der Farbenindustrie zur Herstellung einer besonders schwarzen Farbe verwendet. Diese benutzte man vor allem bei der Glasherstellung.[i3] Jedoch wurde mehr Pecherz gefunden, als man benötigte und so landete dies auch auf den Halden der Region. 1853 wurde im böhmischen St. Joachimsthal das erste Uranbergwerk eröffnet, das nun das schon mehr gefragte Erz lieferte. Es folgten noch heute bekannte Gruben wie „Weißer Hirsch“ und „Siebenschlehen“ in Schneeberg. 1896 entdeckte Henri Becquerel eine Strahlung von Uransalzen im nicht sichtbaren Bereich[i5] . Marie und Pierre Curie prägten daraus resultierend den Begriff radioaktiv.  Bei ihren Forschungen endeckten sie weitere radioaktive Elemente, Radium und Polonium [i4] . Es begann das klassische Atomzeitalter. 1911 kostete 1 Gramm Radium eine halbe Million Reichsmark. 1940 waren für die Herstellung von 1 Gramm Radiumchlorid 10 Tonnen Joachimsthaler Pecherz erforderlich. [L10] Zudem waren in den dreißiger / vierziger Jahren des 20. Jahrhunderts weitere Lagerstätten in den USA und in Belgisch Kongo erschlossen. Das und die Tatsache, dass die Großmächte intensiv an der militärischen Nutzung des Metalls Uran arbeiteten, ist die Wurzel dessen, was sich zwischen 1946 und 1959 in und um Annaberg zutragen sollte.

{FL}

 

Wie alles begann  

Heute wissen wir, dass bereits vor Kriegsende erste Vorbereitungen getroffen worden waren, um an das im Erzgebirge vermutete Uranerz heranzukommen. In wie fern das Wissen um das hier lagernde Potential Auswirkungen auf das spätere Nachkriegsdeutschland mit seinen Besatzungszonen gehabt hat, ist noch nicht abschließend erforscht. Mit diesem Thema beschäftigt sich bereits der Wirtschaftshistoriker Dr. Karlsch. Wie bekannt ist, sind dessen bereits veröffentlichte Werke und Thesen nicht immer unumstritten. [i9] Belegt ist, dass sowjetische Militäreinheiten das Bergarchiv in Freiberg untersuchen ließen und bereits im Spätsommer 1945 ganz gezielt ehemalige Führungskräfte der Sachenerz AG aufsuchten [L2 S. 147ff] , um mit ihnen die brachliegenden Gruben in Johanngeorgenstadt, Schneeberg und Oberschlema zu untersuchen. Dieses zog sich bis etwa Anfang des Jahres 1946 hin.

Bekannt wurde bis heute, dass im Frühjahr 1946 eine Abordnung sowjetischer Offiziere in die Verwaltung der Sowjetischen Militäradministration nach Berlin - Karlshorst fuhr, um die Ergebnisse der Befahrungen vorzustellen. In deren Gefolge befand sich auch der alteingesessenen Obersteiger Johannes Schmidt aus Schneeberg. Hier wurde fachkundig Auskunft über besagte Grubenfelder gegeben. Daraufhin erging der Befehl, den Bergbau auf Uran in diesen Gebieten zu beginnen. Obersteiger Schmidt war bei den sowjetischen Fachleuten ein hochangesehener deutscher Sachverständiger. Weiter wurde die Aufnahme von Erkundungsarbeiten unter anderem in den Revieren Annaberg, Bärenstein - Niederschlag und Marienberg empfohlen. Alle dazu notwendigen administrativen Maßnahmen wurden von der später berühmt gewordenen Spezialeinheit mit Feldpostnummer 27304 durchgeführt. Die Wismut selber beschreibt in ihrer Betriebschronik aus dem Jahre 1999 das Vorgehen dieser Anfangsjahre etwas nüchterner. So wird auf das 1945 beginnende Studium des Bergarchivs in Freiberg mit einhergehenden Bemusterungen und Gamma - Profilierungen mit Messgeräten des Typs PR-5 und PSG-4 hingewiesen. Ab 1948 wurde dann verstärkt auf die Emanationsaufnahme gesetzt, bei der dem zu erkundenden Boden Luft entnommen wird. Hier wird deren Ionisationspotential bewertet, das auf das Edelgas Radon hindeutet. Radon ist ein Zerfallsprodukt von Uran.[L5 Abschn. 1.1.1. S. 1ff]

Und so zog die Spezialeinheit (Feldpostnummer 24304) auch in der Stadt Annaberg-Buchholz ein. Sie untersuchte Halden, öffnete alte Grubenbaue und suchte nach vorhandenen Tagesschächten. [L7 S.14] Die erste radioaktive Anomalie wurde auf dem Dorothea - Flachen in Cunersdorf festgestellt. Und dann ging alles sehr schnell. Es wurden die im nächsten Kapitel beschrieben Organisationstrukturen gebildet. Alles was für einen Bergbau benötigt wurde, beschlagnahmte man einfach.[L7 S.14] Unabhängig davon gab es 1947 ein Such- und Erkundungsobjekt 24, dass das Gebiet zwischen Jöhstadt und Rittersgrün zu untersuchen hatte. Man begann im Oberwiesenthaler Zechengrund mit den dazu notwendigen Arbeiten. Ende 1948 führten diese Arbeiten zur Ausgründung des Gewinnungsobjektes 7, das seinen Sitz in Bärenstein hatte. Die dort schon existierenden Schachtanlagen 34/34bis/189 aus dem Annaberger Gewinnungsobjekt wurden nun auch hier integriert.[L6 S.95ff] {FL}                                                                Inhaltsverzeichnis

 

 

 

Unterteilung in Exploitations- und Hilfsobjekte

 

Die typische vertikale Betriebsstruktur der Wismut war auch für Annaberg-Buchholz gültig

  • Generaldirektion der SAG
    • Objekt
    • Schacht
    • Revier

Uns wurden diese Objekte mit direktem Bezug zur Stadt bekannt ( aus [a1] zusammengestellt ): 

  • Objekt 4 mit Verwaltungssitz Buchholz, Pestalozzi - Schule von 1947 bis 1949 ( Übernahme durch Obj. 7 )
  • Objekt 24 ( Such- und Erkundungsobjekt ) mit Sitz in Bärenstein 1947 bis 1948 ( Übergang in Obj. 7 )
  • Objekt 13 mit Verwaltungssitz in Annaberg ( Ausrichtungsobjekt für Objekt 4 und 5 ) von 1947 bis 1953
  • Fabrik 508 ( Reparaturbetrieb für Objekt 4 und 7 ) von 1948 bis 1950
  • Objekt 7 mit Verwaltungssitz Bärenstein, Deutsches Haus von 1948 bis 1950
  • Objekt 16 ( Bau- und Montagebetrieb für Obj. 4,5,7 ) mit Sitz in Annaberg von 1950 bis 1952
  • Objekt 5 mit Verwaltungssitz Marienberg, von 1947 bis 1952 ( Abschreibung und Übergabe SV 45 an Obj. 111 )
  • Zeche 54 am Oberen Bahnhof ( Beprobungszeche ) von 1947 bis 1956 [i11]  
  • Objekt 8 mit Verwaltungssitz Breitenbrunn, von 1948 bis 1954 ( Abschreibung und Übergabe SV 206 und SV 238 an Obj. 111)
  • Objekt 111 mit Verwaltungssitz Annaberg, Pestalozzistraße  von 1950 bis 1955 ( Übergabe an Objekt 1 Johanngeorgenstadt )
  • Abschreibung und Liquidation der letzten Schachtverwaltung 21/116 in Annaberg wurde durch die SV 235 durchgeführt
    {FL} 

Zwischen Objekt und Schacht gab es jedoch noch eine weitere Strukturierungsebene, die Erzfelder oder Reviere. Damit sind jedoch nicht die oben genannten "Bauabteilungen" innerhalb der Schächte gemeint. Die Erzfelder/Reviere dienten der besseren örtlichen Bezeichnung von Arbeitsschwerpunkten im Objekt. Ein Revier umfasste meist mehrere räumlich gruppierbare Schächte, manchmal auch nur einen einzeln gelegenen Schacht. Für die Überschaubarkeit der in breiter Front durchgeführten Arbeiten war das sicherlich notwendig. Zumindest im Bereich der Exploitationsschächte stellte ein Revier jedoch keine eigenständige Hierarchieebene dar. Es gab keinen verantwortlichen "Revierleiter", der zwischen Objektleiter und den Schachtleitern stand. Bei den externen Erkundungsrevieren oder Exploitationsrevieren mit nur einem Schacht ist die Personalunion Revierleiter/Schachtleiter nicht auszuschließen. Die Benennung der Reviere erfolgte meist nach den nahegelegenen Ortschaften. Eine Gemarkungszugehörigkeit war dabei weniger entscheidend (Revier Frohnau erstreckte sich bis auf Buchholzer Flur). Auch gab es Überlappungen von Erkundungs- mit Exploitationsrevieren. Zum "Erkundungsrevier Frohnau" zählten u.a. die Stollnquerschlagsauffahrungen "Parkstolln" im Frohnauer Revier und "Ritterstolln" im Zentralrevier. Nach Beendigung der geplanten Untersuchungsumfänge wurden die Stollnquerschläge den jeweiligen Exploitationsschächten zur Detailerkundung/Gewinnung übergeben. Neben dem Revierbegriff gab es anfangs noch den Begriff "Erzfelder". ([a2] "Im Laufe dieser Arbeiten ... zeichneten sich ... einige fast selbständige Reviere ab ... für welche die Bezeichnung Erzfelder ausgewählt wurde.") In den Folgejahren setzte sich der Begriff Revier immer mehr durch. Der Begriff Erzfeld wird später auch in Lagerstättendimension verwendet (Annaberger Erzfeld; Bärensteiner ~). Ab Mitte der fünfziger Jahre wird der Revierbegriff schließlich immer weniger gebräuchlich, da in der Fläche keine Erkundungen mehr stattfinden und verbliebene Gruben revierübergreifend konsolidiert sind.


linienbegrenzte .. - Reviere mit Exploitationsschächten
strichlinienbegrenzte .. - Erkundungsreviere gepunktet begrenzte .. - Ende 1947 / Anfang 1948 aufgenommene Erkundungsreviere

obj4reviergliederung194749
Die Grafik zeigt die jeweils Ende 1947 und Ende 1949 bestehende Reviergliederung im Arbeitsgebiet des Objekts 4 [21].

Die Aufzählung der Anfang 1948 neu aufgenommenen Erkundungsreviere ist im Bericht nicht abschließend. Zwei Reviere (Niederschlag, Scheibenberg) gingen schon 1948 an das Objekt Nr. 7 über. Im Zeitraum bis 1949 kamen noch einige externe Erkundungsreviere vor allem im Norden und Osten des Arbeitsgebiets hinzu. Im Jahre 1950 wurde das Objekt Nr. 4 als Verwaltungseinheit liquidiert. Durch die Zusammenlegung der Arbeitsgebiete der Objekte 4 und 7 erhöhte sich die Zahl der Reviere im "neuen" Objekt sprunghaft.{ SK } Inhaltsverzeichnis

 

 

Lagerstätten und Schachtverwaltungen

 

Zentralrevier Annaberg

Übersicht

Schächte Ansatz Sumpf Teufe Einfall. Quersch. Trümer Sohlen Zweck Gebiet / Lage
Nr. m ü. NN m ü. NN in m In ° Angabe in m ü NN
49 ( Konstantin ) 537 235 302 90 12,25 2G 1F +468 +416 +368+309 +249 E Ge gegenüber Markus-Röhling / Orgelstolln, am Osthang Sehma
80 ( Andreas ) 575 300 275 90 12,7 2G 1F +500 +440 +369 +310 E Ge unterhalb des heutigen Arbeitsamtes
Alter Andreas 577
E heutiges Gründerzentrum GDZ
19 I ( Zeppelin 1) 661 501 206 59 5,9 2Sk 1F +588 +554 +508 E Ge zwischen Böhmischen Tor und Oberen Bahnhof auf sog. Zeppelinfeld ( heute Wohngebiet )
19 II ( Zeppelin 2 ) 661 336 428 50 10,6 2Sk 1F +590 +554 +507 +465 +421 +345 E dto
Schurf Frohberg

Wolkensteiner Straße;nahe Marktplatz
21 I ( Uranus 1 ) 642 380 50/60 8,85 2G 1F +571 +524 +462 +405 Ge Kleinrückerswalde
21 II ( Uranus 2 ) 631 276 62/68 7,2 2G 1F +572 +524 +462 +405 Ge Kleinrückerswalde
21 III ( Uranus 3 ) 646 95 90 10 2G 1F +573
Kleinrückerswalde
270 ( Michaelis ) 638 279 62 8,75 3Sk 1F +522 +403 Ge Annaberg Böhmisches Tor, heute Betriebsgelände TGA
Blindschacht 5 468 180 90 11,25 2G 1F +411 +352 +292 Ge Zu 21
Blindschacht 1001 467 136 90 7 2Sk 1F +406 +346 Ge auf +462m Sohle angesetzt, liegt etwa 150 m NO des heutigen ALDI nahe B95/Bärensteiner Str. 
Stolln Bemerkung

156 Hospitalstolln 501 13,4 811 m Länge E Osthang Sehma, Frohnau nahe KFZ-Bartel
143 Ritterstolln 540 4,5

E Buchholz, nahe Silberlandhalle
Strecke 8 590
W unbekannt
Legende: E = Erkundung Ge = Transport oder Gewinnung W = Wasserlösung G = Gestellförderung Sk = Skipförderung F = Fahrtentrum

 

{FL} 

Schachtverwaltung 21/270 ( Uranus – Schächte 21 I bis III, Schacht Michaelis 270 )

Das Schachtfeld Uranus hat seine Ursprünge ebenfalls im Altbergbau. Aus dieser Zeit stammten die beiden nach Nordost einfallenden Uranus – Schächte, die traditionsgemäß auf dem Uranus – Flachen angelegt waren. So konzentrierten sich die Arbeiten im Frühjahr 1947 wiederum auf die Erkundung der vorhandenen Halden und dem Auffinden der Tagesschächte. Mit großem Einsatz wurde dann die Vor- und Ausrichtung dieser so wichtigen Baue vorgenommen. Als Schachtverwaltung wurden zwei Wohngebäude an der Annenstraße, Ecke Rotdornweg auf die übliche Weise akquiriert. Unmittelbar dahinter befand sich auch schon Uranus II. Zwischen den heute noch vorhandenen Wohnhäusern hindurch wurde mittels einer Förderbrücke über die Annenstraße hinweg die Halde hierfür angelegt, die zunächst eine Tafelhalde als Auflage für die spätere Terrakonik war. Am Rotdornweg befanden sich noch eine mechanische Werkstatt, die Lampenstube, ein kleineres Gebäude und wie schon erwähnt das Fördergerüst mit Umhausung, das auch gleich die Förderwinden aufgenommen haben muss. Jedenfalls ist auf dem Risswerk kein Maschinenhaus auszumachen [L5 Abschn.: 2.2.4 S.11] .

Uranus I befand sich etwa 150m weiter nordwestlich, ebenso an der Annenstraße. Man kann noch heute die Betonmauern und die Wiederlager der Stützen des Fördergerüstes sehen. Auch hier überquerte eine Brücke die besagte Straße und so konnte man auch hier eine Tafelhalde schütten. Welche Gebäude in diesem Bereich des Schachtfeldes errichtet wurden, ist bisher unbekannt.

Beide Schächte waren mit Fahrtentrümern ausgerüstet, aber auch die Fördergefäße wurden zur Mannschaftsfahrung eingesetzt. Das muss bei dem geringen Ausbruch eine beschwerliche und vor allem ineffektive Methode gewesen sein.[L8 S.]

Beide Schächte fungierten zudem noch als Wetterschächte.

Uranus III war etwas weiter südöstlich von Uranus II angesetzt. Laut einer Überlieferung eines Beteiligten soll dieser Schacht für Bewetterungszwecke angelegt worden sein. Denkbar wäre er aber auch als Ersatz für die Uranus I und Uranus II gewesen. Mit zunehmenden Erkenntnisstand könnte er dann aber um 1949 an Bedeutung verloren haben. Besonders erwähnenswert hierbei ist jedoch, dass es sich um keine klassische Teufe handelte, sondern um einen Hochbruch. [Z3]

Die Tiefenaufschlüsse des Grubenfeldes wurden über die Blindschächte 5 und 1001 abgewickelt.

Sie waren beide auf der berühmten Sohle 462m angelegt und wurden erst Anfang der 50ziger Jahre abgeteuft.

 

zeichnung_sct270_1950_600

Abb.: Blick auf Schacht Michaelis No.270
Skizze von geophys auf Basis eines Fotos 

 

 

 

 

Der Vierte war Schacht Michaelis. Dieser, ebenso von den Alten übernommen, hatte spektakuläre Tagesbauten. Das Fördergerüst wurde kurzerhand auf ein vorhandenes Gebäude gesetzt. Die Zeichnung gibt diese Kulisse recht eindrucksvoll wieder. Zu erwähnen wäre noch eine hölzerne Förderbrücke, die zwischen den bestehenden Häuser die Kleinrückerswalder Straße überquerte. Es ist bis heute noch unklar, welchen konkreten Zweck sie erfüllen sollte. Auf der vorhandenen Tafelhalde begann man gleich zu Beginn eine Terrakonik zu schütten. Diese nahm im Vergleich eines in der Wismut – Chronik veröffentlichten Fotos nicht mehr an Umfang und Höhe zu, was die Vermutung zulässt, dass die Erkundungen auf Michaelis wenig erfolgreich waren. Die Förderbrücke wurde zunächst auch mit einer doppelten Skipanlage und Terrakonikköpfen versehen und sogar schon die Schüttung einer Kegelhalde begonnen, die belegbar etwa 5 bis 10 m hoch war. Eine Skizze dieses eindrucksvollen Beleges dieses sicher überall angewandten Verfahrens der Förderung wird noch folgen.

 

Denkbar wäre deshalb, dass zunächst eine großflächige Haldenschüttung geplant und dafür auch die Brücke vorgesehen war, aber die fortschreitenden Erkenntnisse den Betriebsverlauf der Schachtverwaltung in größere Teufen und südlichere territorialen Bereiche des Zentralrevieres brachten, wo dann ein Massetransport über den Michaelis - Schacht uneffektiv geworden wäre.

zng_foerderbr_terrakonik_sct_michaelis

Abb.: Förderbrücke von Schacht Michalelis mit Terrakonik - Anlage

Zeichnung erstellt unter Zuhilfenahme einer zeitgenössischen Fotografie [c] geophys 2009
Mit freundlicher Genehmigung Verein "Altbergbau 'Markus-Röhling-Stolln' Frohnau e.V."

 

 

 

Interessant ist diese Förderbrücke, weil sie schon unmittelbar nach Errichtung außer Funktion gesetzt wurde und so dem Fotografen nahezu unversehrt als Motiv zur Verfügung stand. Sie führte vom Schacht im spitzen Winkel nach Osten, überquerte die Kleinrückerswalder Straße leicht dem ansteigenden Gelände angepasst und endete in der heutigen Kleingartenanlage. In der Abbildung angedeutet, wurden hier die Umzäunungen entfernt und auch das Umland wurde bereits wieder von Kleingärtnern in Beschlag genommen. Zu sehen gibt es die hölzerne Umhausung der Brücke, das Bunker- und Kippenhaus und die Terrakonikköpfe, welche immer wieder umgesetzt wurden, um die Sturzhöhe zu erhalten. Eine sehr oft eingesetzte Technik. Die so erzeugten Haldenkegel prägten lange Zeit die Kulissen westerzgebirgischer Städte. Die Fotos von Fritz Schlegel zeigen eindrucksvoll solche Halden kurz nach dem Abzug der Wismut. Einige sind hier zu sehen.

Als Meilensteine der gesamten Schachtverwaltung sind die Jahre ab 1953 zu nennen, in denen neu erschlossene Erzvorkommen vorgerichtet wurden. Markante Auffahrungen waren hier die Querschläge 17west , die das Revier „Heilige-Drei-Könige“ anschlossen und Querschlag 28, der zum Schacht Himmlisch Heer 28 führte.

Beide Schächte übernahmen dann die Transportfunktionen. Wie die Weiternutzung der Uranus – Schächte aussah, ist bis heute unbekannt. Auch hatten die Halden bereits gigantische Ausmaße angenommen und deren Kapazität war erschöpft. Interessant in diesem Zusammenhang sind die Zeitzeugenberichte vom ehemaligen Hauptgeologen dieser Schachtverwaltung Igor Tolmatschov im unteren Teil dieses Werkes.

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Inhaltsverzeichnis

 

 

Frohnau

 

Übersicht 

Schächte Ansatz Teufe Einfall. Quersch. Trümer Sohlen Zweck Gebiet / Lage
Nr. m ü. NN in m In °


Bemerkungen
29 ( Große Malwine) 622 343 90 13 2G 1Sk 2F +505 +450 +340 +330 Ge An der Krönung,  Neuteufe 1947
29bis ( Kl. Malwine ) 624 229 45/65 6,7 2Sk 1F
Ge rekonstruiert, dann weitergeteuft
Schurf 29/I 624 74 90

+560 E An der Krönung, ca. 50m nördlich
Schurf 29/II 587 27 90



dto
182 617 35 90 7,4 2G 1F +589 Ge Südhang Schreckenberg
144 594 119 90 13,4
+534 +523 +505 Ge dto, Neuteufe
132 ( Apfel) 528 451 90 15 2G 2Sk 1F +450 +390 +330 +270 +210 +150 +90 E Parkplatz Frohnauer Hammer / Neut.
136 ( Nachbarschaft ) 532 271 90 10,6 2G 1F
Ge Sehmatalstraße, etwa 200m südlich vom Frohnauer Hammer ( heutiger Getränkehandel )
79 ( Röhling ) 610 231 90 11,2

E Neuteufe 1947/48, etwa 500m nördlich Krönung
117 ( David ) 626 182 90/80/50 5,4 1G 1F +560 +504 E

nahe Röhling - Schacht, rekonstruiert

Schurf 117/1 631 67 90

+560 E
Stolln


81 ( Markus ) 481 8,8
WF Neuauffahrung 1947/48
134 ( Frisch Glück ) 512 10
WF Neuauffahrung ( tw. als "Neuer 10.000 Ritter" genannt", ggü. dem großen Parkplatz der Handtmann Gießerei
140 ( Schreckenberg) 594 7,2
Ge
unmittelbar oberhalb der Hammerschänke
Legende: Ge = Gewinnung und Transport, E = Erkundung, W = Wasserlösung, G = Gestellförderung, Sk = Skipförderung, F = Fahrtentrum, WF = Wetterführung + Gewinnung

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Schachtverwaltung 79/117 ( Roehling-Schacht 79, Markus-Stolln 81, Koenig-David-Schacht 117, Schurf 117/1 )

Etwa im Frühsommer 1947 ließen verschiedene Erkundungsergebnisse ein Vorhandensein von Uranvererzungen in den alten Gruben "Markus Röhling" und "König David" erwarten. Die Tagesschächte beider Gruben und deren Streckensystem erwiesen sich für einen zeitgemäßen Grubenbetrieb als ungeeignet.
So wurde Markus - Stolln gegen Jahresende 1947 als Stollnquerschlag zur Erkundung konzipiert. Im Zusammenwirken mit der Neuteufe von Schacht Nr.79 "Röhling" sollte er ebenso eine leistungsfähige Ausrichtung sicherstellen. Parallel dazu hatte man am Jahresende 1947 geologische Vorräte nachgewiesen und mit Erzvorgriffen (Bereinigung von Anomalien) das erste Uranerz gewonnen. Der Höhepunkt der Erzgewinnung war 1949 erreicht, als der Stollnquerschlag mit dem Schacht Nr. 79 und 117 durchschlägig geworden war. Unklare Perspektiven und fehlender Vorratszuwachs führten dazu, dass die Schachtverwaltung 79/117 Anfang des Jahres 1951 von der allgemeinen Abschreibungswelle überrollt und geschlossen wurde.

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rolle_mrs_2009

Abb.:

Typische Masserolle Ende der 40ziger Jahre, sehr guter Erhaltungszustand, komplett in Holz gefertigt, [Quelle: Verein Altbergbau "Markus-Röhling-Stolln" Frohnau e.V. ]
Mit freundlicher Genehmigung, alle Rechte liegen bei der Quelle.

 

 

 

 

 

 

Erinnerungen von Manfred O. zu seiner Arbeit in Frohnau [29]

Im Laufe der Zeit habe ich mich mit einigen Zeitzeugen des Annaberger Wismutbergbaus unterhalten. Interessante Erinnerungsfragmente (Betriebsverlauf/Bergbau/Geologie) waren nur spärlich vorhanden. Umso mehr allgemeine, gefühlsmäßig im Gedächtnis verankerte Eindrücke der damaligen Zeit. Nach mehr als 30 Jahren fällt natürlich auch eine räumliche und zeitliche Zuordnung bestimmter Ereignisse schwer. Nun habe ich angefangen, aus meinen Tagebüchern einige dieser niedergeschriebenen Gedächtnisprotokolle zu extrahieren. Beim sinngemäß zitierten Zeitzeugen [MOD] handelt es sich um einen ehemaligen Arbeitskollegen. Dieser hatte unmittelbar nach dem Krieg Zimmermann gelernt und kam im Herbst 1947 zur Wismut. Der König-David-Schacht in Frohnau war gerade zur Erkundung geöffnet worden. Unter der Gewölbeabdeckung führte sich unverfüllt und ohne Einbauten die nackte Schachtröhre mit steilem Einfallen über 100 m in die dunkle Tiefe. Seine erste Aufgabe war, den Schacht mit Einstrichen und Fahrtenbühnen auszuzimmern. Frisch motiviert brachte er am nächsten Tag von zu Hause Hammer, Meißel und Beil mit. Die ausreichende Bereitstellung von geeigneten Arbeitsmitteln war damals nicht selbstverständlich. Gutes Werkzeug stellte eine Rarität dar und musste durch verschiedene Tricks vor Diebstahl (innerhalb des Betriebs) geschützt werden. In einer Art hölzernem Korb oder besser Hängebühne wurde er in den Schacht hinabgelassen. Mit Hammer und Meißel machte er alte Bühnenlöcher passend oder schlug bei Bedarf neue. Dann kamen die Zimmerungsarbeiten an die Reihe. Schon am ersten Tag war er ein gutes Stück fortgeschritten. Ein sowjetischer Offizier inspizierte die Leistung der ersten Schicht. Er äußerte sich zwar lobend, doch seinem ungeduldigen Verhalten war sichtlich anzumerken, dass er am liebstem den Schacht sofort bis zur Stollnsohle herab ausgezimmert gesehen hätte. Als der Schacht bis zur Stollnsohle [Tiefer Jung Andreas Stolln] mit Einbauten versehen war, setzte ein Zustrom neuer Arbeitskräfte ein. Vor allem wegen totaler Fachunkenntnis und unbedarfter Herangehensweise kam es nun zu einer Reihe tödlicher Unfälle, meist durch Abstürze im Schacht verursacht. So beispielsweise beim Hängen eines Elektrokabels von Hand. Das Gewicht des Kabels nach dem Herablassen einer gewissen Länge konnte von den auf den Fahrtenbühnen stehenden Arbeitern nicht mehr gehalten werden. So wurde ein Arbeiter mit in die Tiefe gerissen. Er war gerade eine Woche bei der Wismut. Nach Herstellung der Förderung im König David Schacht war [MOD] bei der Öffnung des Friedrich August Treibeschachtes dabei. Hier konnte er relativ präzise Angaben zu dessen Verwahrung machen. Sie bestand aus einem doppelten Bruchsteingewölbe (2 getrennte Rollschichten). Später arbeitete er wieder auf dem Schacht König David, nun als Schacht Nr. 117 bezeichnet. Die Bergarbeiter stiegen jeden Tag über 100 m [160 m] bis auf die alte Stollnsohle [Tiefer Jung Andreas Stolln] hinab. Zum Schacht 117 gehörten noch zwei Schurfschächte. Einer lag südlich vom König David und war in etwa 60 m Teufe mit diesem durchschlägig. Ein weiterer befand sich nordwestlich vom König David. Nach Zusammenlegung von Schacht 117 mit Schacht 79 fuhren sie auf dem Schacht Nr. 79 im Förderkorb ein. Kurze Zeit nach der Zusammenlegung wurde der Schacht geschlossen.
[Anm.: Schließung und Abschreibung der SV 79/117 im I. Quartal 1951]

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widerlager_foerdergeruest_79

Abb.:

Reste des Schachtfördergerüstes Schacht 79, Der "neue Röhling - Schacht" ist über die Zufahrt der Krönung / Malwine gut zu erreichen, noch heute sind Grundmauer, Widerlager und die Reste der Schachtumhausung gut zu sehen

Quelle: Archiv geophys

Die Versorgung mit den wichtigen Medien ( Druckluft, Elektroenergie, Telefon ) wurde über die nahe liegenden Malwinen - Schächte erreicht. Das Schachtgelände soll keinerlei Umzäunung gehabt haben. In einer zeitgenössischen Zeichnung von Felix Kube ist dies jedoch anders dargestellt. Beim Abteufen des Schachtes 79 soll es bei etwa 90m - Teufe einen tödlichen Unfall gegeben haben. Die Teufhauer bohrten eine sogenannte Pfeife, einem Bohrlochrest eines vorangegangenen Abschlages, welcher noch ungezündeten Sprengstoff enthielt, an. Durch Erwärmung und Funkenschlag beim erneuten Bohrvorgang gelangte dieser zur Detonation.  Wie viele  Hauer diesem in den Arbeitsvorschriften streng verbotenen Vorgehen zum Opfer fielen, ist nicht überliefert. Zu dieser Zeit wurde Donarit als Sprengstoff eingesetzt.[z1]

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fm_donarith

Abb.:

Nach dem Abzug der Wismut vergessen. Der typische Sprengstoff der Anfangsjahre:
DONARIT ( Schönebeck )
Bildquelle: Falk Meyer / FlöhaMit freundlicher Genehmigung. Alle Rechte liegen bei der Bildquelle.

 

 

 

 

Inhaltsverzeichnis

Schachtverwaltung 29 ( 29 - Große Malwine, 29bis - Kleine Malwine, 144, 182, 140 - Schreckenbergstolln, 132 - Apfelschacht )

haldenkulisse_frohnau_1960

Abb.: Haldenlandschaft nahe Frohnau ( um 1960 ) [ Bildausschnitt einer Fotografie von Fritz Schlegel aus Schneeberg mit dessen freundlicher Genehmigung]

Links sind die Doppelkegel und die Tafelhalde des Schachtes 33bis ( Neue Bäuerin ) zu sehen, etwas weiter hinten der Kegel und die Tafelhalde von Schacht 29 ( Malwine ) und am Bildrand rechts ist die sich anschließende Tafelhalde des Schachtes 78/231 ( Nowaja - der Neue ) zu sehen. 

Inhaltsverzeichnis

 

Schachtverwaltung 78/231 ( 78 - Schacht Nowaja, 33bis - Neue Bäuerin , 105, 90, Haldenschacht 44, 33 Bäuerin und zeitweise 29 ein )

Schürfe Ansatz Sumpf Teufe Einfall. Quers. Trümer Sohlen Zweck auf
Nr. m ü. NN m ü. NN in m In ° Karte
Haldenschacht 44 658 585 73 70
+590 WS 1
Schurf 44/1 660,5 630 30,5


Ge 2
105 652,5 571 81,5


Ge 3
Schurf 105A 652,5 602 50,5



4
Schurf 501 655,2 636 19,2 90

Ge 5
Schurf 502 668,4 640 28,4 65

Ge 6
Schurf 502A





Ge 7
Schurf 503





Ge 8
Schurf 504 655,4 630 25,4 50

Ge 9
Schurf 505 648,6 591 57,6 90
+590 Ge 10
Schurf 506 631,3 591 40,3 90
+590 Ge 11
Schurf 507 668 640 28


Ge 12
Schurf 512 593,2




Ge 13
Schurf 525 660,5 627 33,5 53/64 3,8
Ge 14
Schurf 528 662,2

65

Ge 15
Schurf 52 685,5 635 50,5 58/71 3,8
Ge 16
Schurf 530 692,8




Ge 17
Schurf 544 593,8




Ge 18
Schurf 546 681 636 45 90 6,4
Ge 19
Schurf 547 685 633 52 90 5,8
Ge 20
Schurf 548 661 619 42 90 5
Ge 21
Schächte Ansatz Sumpf Teufe Einfall. Quersch. Trümer Sohlen Zweck
Nr. m ü. NN m ü. NN in m In °
Heilig Kreutz* 90 639
78 69/75 6,8 1S +563 We 22
Bäuerin 33 613 472 141 55/80 9,2 2G 1F k.A. E + Ge 23
Neue Bäuerin 33bis 626 383 243 90 15,9–12,0 2S 2G 1F +509 +450 +390 Ge 24
Nowaja ( Neuer ) 78 650 383 267 90 16,2-12,0 2S 2G 1F +509 +450 +390 Ge 25
Stolln


Parkstolln 142 543 5,8

26
Legende: Ge = Gewinnung / Transport E = Erkundung G = Gestellförderung S = Skipförderung F = Fahrtentrum, WS = Bewetterung * vmtl.

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Zur Benennung

Die Bezeichnung "Schacht Nr. 78" oder kurz "Schacht 78" entstammt der wismutinternen, objektübergreifenden, chronologisch fortlaufenden Nummernbezeichnung für Schächte und Stolln. Im Jahresbericht des Objekts 4 für 1947 taucht der Name "Schachta Nowaja" auf, was sinngemäß "Neuschacht" bedeutet. Der in der Wismut-Chronik genannte Name "Neue Bäuerin" wird im Berichtsmaterial von 1947-1955 nicht erwähnt. Auch Zeitzeugen u. a. dem ehemaligen Schachtleiterhelfer (1951-1955 auf dem Schacht) ist diese Bezeichnung unbekannt. Zu Teufbeginn des Schachtes 78 (Ende 1947) war das Grubenfeld der Bäuerin Schacht 33 verwaltungsmäßig noch vom Grubenfeld der 78 getrennt. Im Laufe der vertikalen und horizontalen Ausdehnung traten für das Schachtfeld der 78 noch folgende Bezeichnungen auf: -Schachtverwaltung 78/231 (1949); -Schacht 78/29 (1952, bereits mit SV 33-33bis konsolidiert). Anmerkung: Die Schachtnummer 231 war um 1949 gebräuchlich und stellt keinen eigenen Tagesgrubenbau dar. Sie ist nur als Zusammenfassungsnummer verschiedener Schächte und Schürfe zu verstehen, die in den Jahren 1949/50 an den Schacht 78 angegliedert wurden (Schacht Nr. 105 /ehemals gleichnamiger Haldenschacht/, Schürfe 44, 501, 502, 505, 506, Haldenschacht Nr. 90, etc.

Lage des Schachts und Altbergbau im unmittelbaren Umfeld

Der Schacht Nr. 78 befindet sich auf dem Schottenberg zwischen Frohnau und Buchholz. Nach der örtlichen Gliederung des Objekts 4 gehörte er zum Südteil des Reviers Frohnau. Im näheren Umfeld des Schachts befand sich ein Gebiet mit intensiven, tagesnahen Auffahrungen im Altbergbau aus dem 16. Jahrhundert und geringem, späteren Nachlesebergbau (z. B. Inseltschacht). So war dieses Gebiet durch eine große Haldendichte mit Haldenvolumen bis zu 13.000 m³ charakterisiert. Wegen des unbedeutenden Nachlesebergbaus fehlten hier die rissliche Unterlagen der alten Auffahrungen. Auch waren die für den späteren Bergbau bis ins 19. Jh. wichtigen Stolln (Bierschnabel, Orgel, Markus Röhling) nur bis in den nördlich angrenzenden Bereich Bäuerin/Heilig Kreuz eingebracht. Deshalb sind in der Gangkarte von MÜLLER 1896 die Angaben zu diesem Gebiet mehr als dürftig. Teilweise fehlen in der Müllerschen Gangkarte ganze Haldenzüge bedeutender, vom alten Silberbergbau des 16. Jh. bebauter Gänge. Insofern stellte der Schacht 78 lokal ein Novum dar, da hier im Unterschied zu allen anderen aufgewältigten Schächten im Raum Annaberg keine Riss- und Berichtsdokumentation aus dem 17.-19. Jh. vorlag. Wie kam also die Wismut dazu, ausgerechnet hier ihre erste saigere Neuteufe im Annaberger Objekt Nr. 4 zu niederzubringen?

Beginn der Suche

Erste Überprüfungen des Annaberger Gebiets im Oktober/November 1946 auf Uranerze unter Leitung des Geologen N. F. NIFONTOW führten u. a. zur Entdeckung radioaktiver Bereiche auf alten Halden. Ob hierbei auch die Halden im Umfeld des späteren Schachtes 78 untersucht worden sind, ist nicht näher bekannt. Man dürfte anfangs schwerpunktmäßig nur die Halden der Gruben überprüft haben, von welchen in der Literatur Pechblendefunde dokumentiert waren.

ueberblick_frohnau_sued_beschr_2

Abb.: Überblick des bergbaulichen Geschehens ( etwa 1949 / 1950 ) im südlichen Teil der Lagerstätte Frohnau --- Bildquelle: Archiv "Verein Altbergbau 'Markus-Röhling-Stolln' Frohnau e.V." Alle Rechte liegen bei Bildquelle. --- Mit freundlicher Genehmigung.

Legende:  --- 1 Schacht Bäuerin No. 33; 2 Kaserne; 3 Schacht Nowaja No. 78;  4 Schurf 502A; 5 Schurf 507;  6 Schurf 502; 7 Schurf; 8 Haldenschacht 44; 9 Massenunterkünfte / Baracken; 10 Schurf  

Systematische Erkundung der Altbergbauhalden und Aufwältigung deren Schächte

Im Frühjahr 1947 begann eine planmäßige Untersuchung der Halden des Altbergbaus auf Radioaktivität. Dabei zeichnete sich u. a. eine Häufung aktiver Halden vor allem im näheren Umfeld des späteren Schachtes 78 ab. Nach teilweisem Abbau der uranerzführenden Haldenmassen begann man im Herbst 1947, einige der alten Tagesschächte dieser Halden aufzuwältigen. Diese wurden dann "Schacht der Halde Nr. XXX" benannt. Als "Vorläufergrubenbau" des späteren Schachtfeldes Nr. 78 ist vor allem der Schacht der Halde Nr. 105 zu erwähnen. Dieser war vom alten Silberbergbau auf einem O-W-streichenden Spatgang, russ.:"Osnownoi Spat" deutsch: "Haupt Spat" geteuft worden. Dessen Sohlenauffahrungen nach Osten und Westen schlossen eine Reihe Gangstrukturen auf, in denen man nun mittels Gammaprofilierung Uranerze fand. Die entsprechenden Gangnamen des Altbergbaus waren unbekannt, also benannte man sie ausnahmslos mit russischen Bezeichnungen wie Schila Sapadnaja - Gang West, Schila Tjomnaja - Dunkler Gang, Schila Wostotschnaja - Gang Ost u.a. Da die vom alten Silberbergbau des 16. Jh. intensiv bebauten Gangflächen wegen starker Verbrüche schlecht zugänglich waren, kam es im Jahr 1947 noch zu keiner Erzgewinnung.

Anlage von Schurfgräben im Haldengebiet

Fast parallel dazu versuchte man, die im Haldenschacht Nr. 105 erschlossenen Gänge übertägig durch Schurfgräben zu erkunden. Der Schurfgraben (Kanal) Nr. 1 hatte Ende 1947 eine SW-NE-Erstreckung von 470 Metern. Er lag etwas südlich der untertägigen Aufschlüsse vom Haldenschacht Nr. 105 und schloss auch einige bis dahin noch nicht erkannte Gänge auf, die ebenfalls russische Bezeichnungen erhielten z.B.: Schila Radosti - Freudengang, Schila Toska - Gang Schwermut. Aufgrund subparalleler Gangverläufe und zwangsläufig damit verbundener Gangauftrümerungen und Gangscharungen im Streichen und Fallen wurden viele dieser 1947 erkundeten Gänge im weiteren Betriebsverlauf teilweise auch pragmatisch mit anderen Bezeichnungen belegt. Deren eindeutige Identifizierung erwies sich bislang als schwierig bis unmöglich. Andererseits gab es auch gewollte Umbenennungen wie zB. "Tjomnaja" in -> "Komsomolskaja", die auch so im geologischen Berichtsmaterial (Jahresbericht SAG 1948/49) vermerkt sind.

sv78-231_skizze_schaechte
 

Abb.: Schächte der Schachtverwaltung 78 (/231)  --- Skizze von Stefan Kunze
Legende ---
Halden, rot - aktive Halden z.T. mit Haldenabbau; Grubenbaue schwarz - Stand Ende 1947; Grubenbaue blau - Stand 1948-55; grüne Linie - tiefstes Vordringen des Altbergbaus; rot - produktiver Gesteinshorizont

Entscheidung zum Standort des Schachts Nr. 78 

Nun waren gegen Ende 1947 eine Reihe von NW-SO-streichenden Gängen identifiziert, die für die signifikante Uranerzführung der umliegenden Altbergbauhalden in Frage kamen. Da auch das Einfallen der Erzgänge weitestgehend bekannt war, konnte man aus den vorliegenden Daten in Verbindung mit den damals gängigen lagerstättenkundlichen Vorstellungen einen Schachtansatzpunkt zur Ausrichtung der Lagerstätte festlegen. So entbehrt der Ansatzpunkt des Schachts 78 als "Nowaja" - "Neuschacht" durchaus nicht einer gewissen Logik. Dass sich die Teufenerstreckung der Lagerstätte auf Grund einer ausgeprägten lithologischen Kontrolle der Vererzung anders als anfangs gedacht entwickeln sollte, konnte man damals noch nicht voraussehen. Die Festlegung eines Schachtansatzpunktes der Anfangsjahre wurde noch in den achtziger Jahren aus purer Detailunkenntnis auch vom deutschen Lehrpersonal der Wismut-Berufsschule Gera etwas lächerlich so umschrieben: "Der Schacht wurde dort geteuft, wohin der Russe seine Mütze geworfen hat." Natürlich kann es auch solche Fälle gegeben haben. Aber beim Schacht Nr. 78 ist eine Kausalität zwischen Erkundungsergebnissen und Schachtansatzpunkt im Kontext des damaligen Lagerstättenmodells nicht von der Hand zu weisen. Es ist klar, dass damals detaillierte Daten zur Erzführung absolut geheim gehalten wurden. Diese Geheimhaltung gegenüber dem deutschen Personal führte deshalb zu den wildesten Spekulationen weshalb und warum dies oder jenes so oder anders gemacht wurde. Dahingehende Vermutungen in Zeitzeugenberichten des deutschen Personals sind bei deren Bewertung also immer kritisch zu hinterfragen.

Schachtteufe 

Nun wurde Ende 1947 die Teufe des Schachtes 78 mit 16 m² Profil begonnen (Teufenbeginn 1947 lt. Bericht SAG 1948/49 Seite 344). Das Schachtprofil beinhaltete 2 Trümer für eine Gestellförderung (Förderkörbe für Mannschafts- und Materialseilfahrt) sowie 2 Trümer für Skips (Gefäßförderung). Die in den Sächsischen Heimtblättern im Uran-Themenheft 1995 dargestellte Skizze des Schachts 78 ist in zweifacher Hinsicht fehlerhaft. Erstens ist der alte Inseltschacht nicht mit der Neuteufe des Schachts 78 identisch, obwohl der alte Inseltschacht auf einem nahen Gang (von der Wismut als "Wostotschnaja" - "Ostgang" bezeichnet) lokalisiert war. Zweitens ist der von Felix Kube als Schacht 78 gezeichnete Schachtquerschnitt für die 78 unzutreffend (nur 2-trümige Gestellförderung).

Entwicklung des Grubenfeldes 

Im Jahr 1948 hatte man den perspektivischen Gang "Komsomolskaja" über den Haldenschacht Nr. 105 hauptsächlich durch Aufwältigung von Auffahrungen im Altbergbau (Nachriss) bis zur Sohle + 571 erschlossen. Mit der beginnenden Erzgewinnung erhielt der ehemalige Haldenschacht den Status eines eigenständigen Gewinnungsschachtes als "Schacht Nr. 105". In Schurfgräben angesetzte Tiefschürfe (Nr. 501 und 502) schlossen nun die obersten Bereiche des Ganges auf. Eine bis 30 m Teufe ausgeprägte Oxidationszone ließ die Abbaublöcke über der +639 m Sohle jedoch schnell ins Taube kommen. So ist es nicht verwunderlich, dass man nun über den Schacht 78 erfolgte, den Gang "Komsomolskaja" in größeren Teufen auszurichten. Getätigt wurde die Teufe des Schachtes 78 vermutlich arbeitsteilig durch das Objekt 13, welches in Bezug auf das Gewinnungsobjekt 4 eine Art "Subunternehmer" darstellte. Auf oberen Sohlen wurden keine Füllorte angeschlagen, da diese Sohlen bereits im Baufeld des Schachts Nr. 105 lagen. Auch sollte der tagesnahe Bereich der verschiedenen Gänge aus den zahlreich eingebrachten Tiefschürfen abgebaut werden. Als erste Sohle des Schachtes Nr. 78 diente die aus Richtung Bäuerin in einer Feldstrecke herangebrachte Sohle des Orgelstollns im Niveau +510 m NN. Ende des Jahres 1949 hatte man auf dieser Sohle den Gang "Komsomolskaja" erreicht. Jedoch blieb die auf den oberen Sohlen konstatierte Vererzung aus. Hier wurde man erstmals mit der ausgeprägten lithologischen Kontrolle der Vererzung konfrontiert. Die geologische Detailerkundung der Lagerstätte konnte einige Jahre später eine Erklärung dafür liefern. Bergbautechnologisch interessant ist der arbeitsteilige Simultanaufschluss mehrerer Niveaus über verschiedene Tagesgrubenbaue. Ein untrügliches Anzeichen, dass man ziemlich in Eile war. Die damalige Philosophie "viel Angriffspunkte, viel Erz" war im Ausrichtungsschema klar erkennbar.

schachtleiter_nazarkin

 

 

Abb.:

Schachtleiter Valentin Pawlowitsch Nazarkin im Gespräch mit einem Bergmann

Bildquelle:

Archiv Anna M. Nazarkina  - Moskau
Alle Rechte bei Bildquelle.
Mit freundlicher Genehmigung.


 

 

 


Emanationsaufnahme der Randgebiete 

Die mehrere 100 m langen Schurfgräben im alten Haldengebiet um den Schacht 78 wurden ab 1949 nicht mehr ausgedehnt. In den Randgebieten nutzte man die 1948 entwickelte EmanationsaufnahmeGangausbisse anzeigen. Quer zu den Emanationsanomalien zog man kürzere Schürfgräben und teufte an Gangausbissen Tiefschürfe. Allgemein betrachtet konnten damit keine bedeutenden neuen Gänge gefunden werden. Ein belegbares Beispiel für diese Erkundungsmethodik ist der Gang "Rshawaja" oder Rostgang (offenbar durch Rücktranskription ins Russische auch als Gang "Rost" = "Zuwachs" bezeichnet). Dieser Gang wurde ebenfalls mit einem Querschlag der +510 m Sohle vom Schacht 78 erreicht. Den herbeigesehnten merklichen "Zuwachs" an Lagerstättenvorräten brachte die neue Erkundungsmethodik hier freilich nicht.  (Radonmessung der Bodenluft) als Erzindikator. Aktivitätserhöhungen in den Emanationsprofilen sollten nun höffige

Entwicklung nach 1949 bis Ende 1955 

In allen anderen Schächten des Objekts 4 gingen ab dem Jahr 1950 mit dem schnellen Vordringen in die Tiefe die Gewinnungsmengen drastisch zurück. Für die Schachtverwaltung 78/231 verlief diese Entwicklung etwas gebremst, da im Streichen der produktiven Gesteinsschichten ein ausgedehnteres Gangfeld zur Verfügung stand. Auch lag das Schachtgebiet 78 insgesamt wegen der fehlenden Strukturierung durch Grubenbaue des 18./19. Jahrhunderts gegenüber den anderen Annaberger Schachtverwaltungen in der Entfaltung seiner Aus- und Vorrichtung einige Monate im Rückstand. An die Schachtverwaltung 78 war seit 1951 auch die Schachtverwaltung 33-33bis angegliedert worden. Den Schacht 78 hatte man bis Mitte des Jahres 1951 bis zur Sohle +390 niedergebracht. Zu diesem Zeitpunkt überdachte man das bisherige Lagerstättenmodell und stoppte bis auf wenige Schächte (Nr. 132, Nr. 21/285 den Teufenvortrieb. Bei 60 m Hauptsohlenabstand gab es am Schacht 78 noch die Sohle +450 m. Beide tiefe Sohlen am Schacht 78 blieben isoliert, da sich das Verbreitungsgebiet der Vererzung mit wachsender Teufe nach Norden in den Bereich des Schachtes 33bis hinzog. Auch hatte man nun erkannt, dass einige Gänge der SE-Flanke in oberen Teufen wenig untersucht waren (+606 m Sohle, Gang 507). So arbeitete man später, als die lithologische Erzkontrolle bekannt war, in den oberen südöstlichen und den unteren nordwestlichen Bereichen. Da der Schwerpunkt der Erzgewinnung im Niveau der +450 m Sohle nördlich des Schachtes 33bis lag, wurde dieser Schacht ab 1955 zum Hauptförderschacht, während die Personenseilfahrt über die 78 abgewickelt wurde. Teilweise wurde bis 1955 auch die Malwine (Schacht 29) als Förderschacht genutzt. Ein letzter Versuch, über erschlossene Sohlen neue produktive Horizonte aufzuschließen war der gezielte Vortrieb nach Norden (Projekt für das Jahr 1954), um die Schwebenden westlich des Schachts 117 zu untersuchen. Dieser prognostizierte "obere Erzfall" (in lithologisch hangender Position) bestätigte sich nicht. Es wurden hier drei "Schwebende" aufgeschlossen, die den Horizonten von König David und Markus Röhling entsprechen. Jedoch fehlten offenbar im erkundeten Bereich auf den dortigen Gängen zur Zeit der Uranzufuhr die entsprechenden hydrothermalen Zirkulationssysteme. Damit wurden auch die Grenzen des neuen, an lithologischer Vererzungskontrolle orientierten Lagerstättenmodells aufgezeigt. Mit der Abarbeitung der Vorräte wurde der Schacht 78 schließlich noch vor dem Schachtkombinat 21/116 geschlossen. {SK} 

 

Buchholz

 

Schächte Ansatz Sumpf Teufe Einfall. Quers. Trümer Sohlen Zweck Gebiet / Lage
Nr. m ü. NN m ü. NN in m In ° in m ü NN
28 (Himmlisch Heer) 681 450 230 90 10 2 Sk 1 F 575 465 Ge Cunersorf ( Nahe B95 )
Bl 109 (Hermann) 575 300 275 90 7 2G 1F 575 556 535 506 465 405 300 Ge Blindschacht auf Stollnsohle des Dorotheastollns
116 (Heilige Drei Könige) 657 470 187 90 16 2G 2Sk 1F 571 511 476 Ge Buchholz Westhang








Stolln Bemerkung

20 ( Dorotheastolln) 567 6,3 eigene Schachtverwaltung Ge Cunersdorf / Buchholz
141 ( Alexanderstolln ) 575 5
zu Schachtverwaltung 116 E Buchholz (Wendeschl.)
142 ( Parkstolln ) 543 5,8 zu Schachtverwaltung 78/231 E Bu. Waldschlösschen
143 ( Ritterstolln ) 540 4,5 Verbindung in Revier Uranus E Bu. nahe Silberlandhalle
Legende: Ge = Gewinnung / Transport E = Erkundung G = Gestellförderung Sk = Skipförderung F = Fahrtentrum

{FL}

 

Schachtverwaltung 116 ( 116 Heilige-Drei-Könige, 141 Alexanderstolln )

Die Erkundungen begannen hier 1947 an den bereits vorhandenen Stolln Heilige-Drei-Könige ( Drei-Königsstolln )und Konrad. [21] Der "Obere Drei-Königs"-Stolln ist auf der Karlsbader Straße zwischen Schultreppe und der heutigen Fleischerei Petzold angesetzt. Eine neuzeitliche Beschilderung kennzeichnet ihn heute etwa 100m weiter nördlich (ehemaliges Gebäude "Farben-Melzer", heute Parkplatz). Dies ist anhand eingesehenen Risswerkes und der Hilfe unserer Freunde vom "Röhling" als nicht als richtig anzusehen.[r1] [u1]

Vom Mundloch aus, um das davorstehende Gebäude herum und über eine hölzerne Förderbrücke, welche zudem gewagt über dem kleinem Fachwerkhaus ( siehe Abb. ) der Hutmachergasse hinweg geführt wurde, kippte man die notwendige Halde. Der Kegel war noch in den 50ziger Jahren zu sehen und wurde später abgeflacht.[z2]

halde_dreikoenigsstolln

Abb.:

Kleine Kegelhalde des Drei-Königs-Stolln nach Beendigung der Erkundungen. Bildquelle: Ausschnitt Postkarte Verlag E. Neubert Karl-Marx-Stadt A162/55
Archiv geophys [2009]

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Vorgefunden wurden dort außer dem namensgebenden Drei-Könige-Morgengang 8 flache Gänge. Das Gebiet besteht aus zweiglimmrigen Gneisen mit stellenweisen starken Verquarzungen. Alle Gänge waren mehr oder weniger bereits von alten Arbeiten berührt. In einem Gangkreuz konnten bereits bei den Erkundungsarbeiten 75 kg Uran gewonnen werden. Den Teufenaufschluß schätzte man auf etwa 90 - 120 m vom Niveau der Stollnsohle ( +572 m ü NN ) ein. Die zu untersuchende Gänge wurden mit neuen Strecken verfolgt. Im Tätigkeitsbericht der SAG 1947/48 ist für den Flachen Gang 2 ( einfach von Osten her durchnummeriert ) unter anderem vermerkt:

  • Streichen 320°-340°Einfallen nach Süd-West 55-65°

  • Länge im Streichen über 400 m / auf 90m verfolgt

  • mächtigste Zone auf Strecke 9 und 10, zerriebenen Gneis (grau/grün)- allerdings unvererzt

  • 237,34 ( evtl. 287,34 kg ) Uran gewonnen

  • 5427 m² Gangfläche abgebaut

  • mittleres Ausbringen lag bei 0,055 kg/m²


Nach der bereits weiter oben beschriebenen Bemusterung der alten Baue wurde die Neuanlage eines modernen Schachtes veranlasst. Teufbeginn war hier im Juli 1948. Der Schachtansatz befand sich bei 656m ü NN auf einer Wiese etwas abseits der Bebauung im Dreieck Schlettauer Straße / Teichstraße. Da das Gelände an dieser Stelle stark abfällig war, musste zunächst eine Aufsattelung erfolgen.[a2]

 

Er wurde auf eine Teufe von 189 m niedergebracht. Hier gibt es auch in den Wismut-Unterlagen unterschiedliche Angaben. Entgegen anderweitiger Veröffentlichungen, die z.T. blindwütig von wieder anderen abgeschrieben wurden, waren an den Schacht 3 Hauptsohlen angeschlossen. Sie lagen bei 571, 511 und 476 m ü NN. Hier ist das Studium unseres Forenbeitrages sehr zu empfehlen. Hier wird sehr anschaulich darauf eingegangen.

In Eigenverwaltung (1948-1950) des Schachtes 116 war noch der autonome Alexander - Stolln an der Schneeberger Straße ( nahe Große Wendeschleife ) einbezogen. Dessen Auffahrungen schlossen das bekannte Revier der Alten Thiele auf. Es sind keine genutzte Verbindungen zum Grubengebäude der 116 bekannt.

Auf dem für Annaberger Verhältnisse großzügigen Schachtgelände wurden durch die Hilfobjekte relativ schnell beachtliche Bedingungen geschaffen. So gab es ein massiv errichtetes Duschkombinat und ebenso massive Flachbauten für mechanische Werkstätten und periphere Einrichtungen wie Kompressor- und Trafostation. Das Fördergerüst wurde dem Zeitpunkt entsprechend aus Rundhölzern mit Holz-Beplankung errichtet. Der Schachteinbau hatte 2 Gestelltrümer, 2 Skipaufzüge und den Fahrtentrum. An die Schachtumhausung schloss sich eine stählerne Förderbrücke mit einer radiometrischen Kontrollstation (RKS) an.

Als Fördermaschinen waren Förderwinden vom Typ FW22 und FW8 im Einsatz.

Die Aufhaldung von tauben Massen wurde zunächst über Tafelhalden erledigt. Später hatte man dann die beiden heute noch sichtbaren Terakonik - Kegel geschüttet.

In der zweiten Betriebsperiode ( so ab 1952 ) erfolgte dann die Auffahrung der Querschlag 17West. Es war bereits die Zeit nach der Konsolidierung und der Schaffung des Schachtkombinates 21/116. Q17W war auf der 462 m - Sohle angesetzt und schuf die Anbindung an den Blindschacht 1001 im Uranus - Gebiet. Alle Bergleute der SV 21/116 fuhren nun über die moderne 116 in die Grube. Um die längeren Wege zu kompensieren, wurde eine zweigleisige Oberleitungsbahn eingerichtet, die die Mannschaften zügig die 2 km in Richtung Blindschacht brachte. Es sind zwei Bahnhöfe auf der +462 überliefert. Insgesamt war der Querschlag 17 ( Ost und West ) eine der längsten Auffahrungen des Annaberger Reviers. Er reichte vom Gebiet der Alten Thiele ( fast schon Schlettau ) bis nordöstlich des Pöhlberges auf Königswalder Flur.[r2]

Aufsehen erregte damals der Rekord - Schnellvortrieb unter Leitung von Walter Mank. Es wurde eine Monatsleistung von 400 m erreicht (1954, etwas später sogar 500m / Monat). Dieses nahmen die Offiziellen von Partei- und Staatsführung zum Anlass, diesen Bergleuten den hochdotierten Nationalpreis der DDR zu verleihen.[z2]

Bei den Vortriebsarbeiten ist ein Wassereinbruch überliefert. Nur das Drängen der Verantwortlichen auf das zeitraubende Vorbohren von Langlöchern verhinderte hier den plötzlichen Wassereinbruch. Es handelte sich um gespannte Wässer der alten Saurüssel - Grube.[L8 Zeitzeuge M.Tost - Mauersberg][Original]

Traurige Berühmtheit erlangte der Todesschuss eines jungen sowjetischen Wachsoldaten auf den Buchholzer Bergmann Willy O., der aus welchem Grund auch immer, den Schacht über die Halde verlassen wollte. [L11 S.75ff] Diese Geschichte ist nicht weiter dokumentiert, wird jedoch von einigen Zeitzeugen berichtet. Nicht unerwähnt darf jedoch bleiben, dass auch der Schacht 116 umzäunt war und Jedem auch bekannt war, wie der Zugang zu den Betriebsanlagen zu erfolgen hatte. Jedoch, die unnachsichtige Wahl der Mittel ist bis in unsere Tage erschütternd.

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Cunersdorf

Schachtverwaltung 20 ( Stolln 20 - Dorotheastolln, Schacht 28 - Himmlisch Heer, Blindschacht 109 - Herrmannschacht )

Die SV 20 mit ihrem Dorotheastolln wurde im November 1946 als erstes einer gründlichen Bemusterung unterzogen. Die eingesetzten Radiometristen stellten im Februar 1947 im Zuge einer Gammaprofilierung 6 Anomalien fest. Hierbei wurden 30 kg Uran gewonnen. Das war nachweislich das erste Uran im Annaberger Raum, das aus dem Anstehenden stammte. Der ertragsreichste Block auf dem "Elisabeth - Spat" erbrachte im Jahre ganze 294 kg Uran. Man setzte ziemlich zügig die Vorrichtung fort und benutze zunächst den Stolln. Man versuchte aber angestrengt, den mehr als 60 Jahre ungenutzten Richtschacht 28 wieder zu rekonstruieren [L7 S. ff] .

Man richtete eine Kompressorstation in einer Scheune (heute Fam. Grund) ein, das Mehrfamilienhaus der Fam. Eibisch wurde beschlagnahmt und zur Kaue umfunktioniert. Eine Villa (später Kinderwochenheim)diente der sowjetischen Schachtleitung als Residenz [z2] . Taube Massen wurden zunächst über den Stolln gefördert und über die Sehma hinweg von Haldenarbeitern aufgehaldet. Direkt am Sehmaufer wurde 1947/48 eine improvisierte Erzwäsche betrieben ([24] S. ff)   

Mit Blindschacht 109 erreichte man die +300 m - Sohle. Insgesamt wurden in der Betriebsperiode zwischen 1947 und 1950 nur etwa 1,6 Tonnen Uran gewonnen. So schrieb man die Schachtverwaltung 20/28/109 zum 01.01.51 ab[11].

1955 wurde der Himmlisch-Heer Richtschacht 28 erneut in Betrieb genommen. Es wurden noch einmal etwa 3 km Auffahrungen getätigt und über Querschlag 28 auf der 462 m - Sohle wurde er für das Schachtkombinat 21/116 verfügbar gemacht. Auf Abbildungen, allesamt in sehr schlechter Qualität, kann man die Aufstellung eines neuen Stahlgerüstes ableiten, welches ab 1959 am Schurf 23 weiter verwendet worden sein könnte.

Jetzt wurden die heute noch sichtbaren Halden gestürzt, da sich die Kapazitäten im Zentralrevier erschöpften.

Das endgültige Ende kam jedoch im Januar 1958 und es wurde mit der zügigen Demontage der Anlagen begonnen.

 

halde_sct28_nach_demontage_1960

Abb.:

Halde von Schacht 28 nach dem Abzug der SDAG Wismut (Aufn. 1960). 

Bildquelle:  Fritz Schlegel / Schneeberg

Mit freundlicher Genehmigung. Alle Rechte bei Bildquelle. 

 

 

 

 

 

 

Ende der vierziger Jahre soll es zu einer Explosion an einer Fördermaschine am Blindschacht 109 gekommen sein. Auslöser soll entwendeter Sprengstoff aus dem Munitionslager der Grube gewesen sein. Jahre später sei dann ein Täter bei einem ähnlichen Vorhaben in Johanngeorgenstadt gestellt worden, der auch dieses gestand. [L12 S.  ff]

Einen Teil der Anlagen kann heute noch im Besucherbergwerk "Dorotheastolln" besichtigt werden. Auf jeden Fall lohnt sich ein Besuch.

{FL}

 

Bärenstein / Niederschlag

Schachtverwaltung 34 ( 34bis Neu Unverhofft Glück am Luxbach, 34 Freudenschacht, 189 Luftschacht, unbenanntes Wetterüberhauen )

Schächte Ansatz Teufe Einfall. Quersch. Trümer Sohlen Zweck Gebiet / Lage
Nr. m ü. NN in m In °


Bemerkungen
34 Freudenschacht 793 121 90 8 2G 1F +672 Ge am Luxbach
34bis Neu Unv. Glück 770 123 90/70 3,4 2Sk 1F +730 +710 +672 +647 Ge oberhalb Luxbach, am Jordanweg
189 Luftschacht 786 76 90 4 2G +730 Ge Dto ( 1948 Neuteufe )
Wetterüberhauen 777 105 90

+672 WF hatte Hauptgrubenlüfter
Legende: Ge = Gewinnung und Transport, E = Erkundung, W = Wasserlösung, G = Gestellförderung, Sk = Skipförderung, F = Fahrtentrum WF= Wetterführung

Vor 1946

Im Jahre 1934 versuchten zwei Unternehmer die abgesoffene Grube wieder aufzuwältigen. Es war der Dipl.-Ing. Otto Klaus und der Bärensteiner Bruno Gritzner. Ziel der Unternehmung war es, aus dem dort vermuteten Uranerz Radium zu gewinnen, bei dem eine heilende Wirkung aus dem nahen Radiumbad Joachimstal bekannt war. Bereits 1931 waren Bruno Gritzner bei einer Lieferung geeigneten Materials bis zu 100,00 RM von der "Uranerz-A.G. für Radium-Therapie" Berlin in Aussicht gestellt worden. Jedoch ein Gesuch um finanzielle Unterstützung an die Reichskanzlei wurde dann vom Reichswirtschaftministerium abgelehnt. Und so musste 1937 das Vorhaben aufgrund Kapitalmangels aufgegeben werden. Beide Unternehmer erlangten 1947 noch einmal traurige Berühtmheit. Nachdem sie noch einige Tage nach dem Beginn der Arbeiten auf Schacht 34 in Begleitung von sowjetischen Offizieren gesehen wurden, verschwanden beide spurlos. Bis heute ist ungeklärt, unter welchen Umständen dieses geschah.[L6 S. 90ff]

 

Aufwältigung der vorhandenen Tagesschächte


Der Winter des Jahres 1946/47 war streng und so wurde erst im März 1947 mit dem Notwendigen begonnen. Eine große Anzahl von Arbeitern machte sich zunächst an das mühsame Ziehen von Schurfgräben. Die verwahrten Schächte wurden schnell gefunden. Um das bereits aus den Vorjahren bekannte Wasserproblem in den Griff zu bekommen, wurden leistungsfähige Kreiselpumpen beschafft. Schacht 34bis war bis zur 1. Sohle in 20 Metern Teufe seiger und von da an tonnlägig weiter geteuft. Da dieser Teil stark verbrochen war, begann man, spärlich ausgerüstet den Schacht zu beräumen. Dies geschah teilweise mit Handhaspel, Kübel und Hanfseil. Als dann Platz geschaffen werden konnte, kam dazu auch eine Motorhaspel zum Einsatz. Zeitgleich wurden händisch Bühnenlöcher gespitzt und dann in Eile der hölzerne Schachtausbau eingebracht. Einige Wochen brachte man damit zu. Man fand nach vollständiger Entwässerung der Grube sehr durchdacht aufgefahrene Strecken in Tropfenform vor, welche sich als sehr standfest erwiesen. Es ist belegt, dass schon während der Aufwältigung mit Schlegel und Eisen Erz abgebaut wurde. Es stand eine große Anzahl an Arbeitskräften zur Verfügung und so gingen die Arbeiten zügig voran.[L6 S.90 ff]

sv34_skizze_grundriss_mit_wohnlager

Abb.:

Skizze des Grundriss der Schacht- und Wohnbaracken - Anlage, basierend auf örtliche Vermessungen im Abgleich mit Luftbild [L5 2.2.7 S.3] , deren Quelle: U V E GmbH Berlin 

erstellt: geophys im Jahre 2009

 

Übertage wurde eine Reihe von Gebäuden für den Betrieb einer modernen Schachtanlage errichtet. So eine Lampenstube, eine Kompressorstation, eine Kaue, ein Verwaltungsgebäude, die Umhausung der Fördermaschine, einige Werkstätten, eine Schmiede und eine Erzwäsche (die nur kurze Zeit genutzt wurde). Anlagen zur Strom- und Wasserversorgung wurden natürlich auch geschaffen. Hierzu wurden auch ortsansässige Unternehmen eingesetzt. Auch der zweite im Bunde, der großzügiger angelegte Freudenschacht 34, seiger abgeteuft und sogar zum Teil ausgemauert, wurde einer gründlichen Rekonstruktion unterzogen. Er wurde nach Abschluss der Arbeiten Hauptförder- und Seilfahrtsschacht. [L6 S. 90ff]

 

Teufe des neuen Schachtes


Ab 1948 begann die Teufe von Schacht 189. Er sollte der Bewetterung dienen und hatte deshalb nur einen Querschnitt von 4 m² und erhielt den Namen Luftschacht. Bei etwa 76,00 m Teufe stieß man jedoch auf Erz. Also wurde neben dem bei diesem Zweck üblichen Fahrttrum ein Fördertrum eingebaut und für die Wetterführung stand nun etwas weniger Platz zur Verfügung. So wurde eine Alternative gebraucht. Man bediente sich eines auf der 3. Sohle angelegten Überhauens, welches dann auf 105 m nach Übertage aufgefahren wurde. Das das keine leichte Aufgabe war, bedarf keiner weiteren Erläuterung.[L6 S.90ff] Nach Fertigstellung des Freudenschachtes durch das Objekt 13, der nun auch zur Förderung genutzt wurde, baute man Schacht 34bis zur Skipförderung um und umging so das Problem der gebrochenen Förderung.[L5 2.2.4 S.4 ff]

Betriebsperiode

Nach der Normalisierung der Verhältnisse durch die Fertigstellung der Einrichtungen begann der normale Bergwerksbetrieb mit einem nochmaligen, schnellen Anstieg der Belegschaft. Zwischenzeitlich wurde die Schachtverwaltung dem 1948 gegründeten Objekt 7 angegliedert. Aufgrund der Bedingungen war der Zugriff auf das heiß begehrte Uranerz ziemlich schnell möglich, aber dessen Menge blieb dennoch im Vergleich zu den anderen Schachtverwaltungen im Objekt 7 zurück. Bereits am 01.09.1950 wurde das Gewinnungsobjekt zum Erkundungsobjekt mit Gewinnung zurückgestuft und nach und nach wurde ein großer Teil der Belegschaft in die im Kommen befindliche Schachtverwaltung Niederschlag III versetzt. Letztendlich wurden in den Schachtverwaltungen 34, Niederschlag I und II reichlich 3 Tonnen sogenanntes Metall gewonnen. Das war selbst zu dieser Zeit und dem getriebenen Aufwand ein ernüchterndes Ergebnis. [L5 2.2.4 S.4 ff] 1954 wurde dann der Betrieb eingestellt. Eine Verwahrung der Schächte erfolgte Anfang der 1970er Jahre durch den VEB Bergsicherung Schneeberg.

Episoden und Zeitzeugenberichte

Unfälle beim Ausbau waren selten, aber ein Unfall war doch mehr als kurios. Ein schlesischer Zimmerer wollte mit seinem Gesellen einen Türstock stellen. Brauchte er das verwendete Beil nicht, schlug er es in das Ausbauholz. Bei der Arbeit bemerkte er plötzlich, dass sein Geselle käsebleich umfiel. Er hatte beim gewohnten Einschlagen des Beiles dem Gesellen einen Finger abgehackt. [L6 S.113]

In die Geschichte der SV 34 ging auch ein Sabotageakt ein. Am 10.01.1949 gegen 6:00 Uhr morgens ereignete sich im Schachtbereich der SV 34 eine Explosion. Auf Grund deren Wucht wankte das Fördergerüst samt Umhausung. An einer der baumstarken Stützen fehlte dann ein etwa 1 m langes Stück, welches eine Haftladung vermuten ließ. Der Obersteiger und der Anschläger wurden daraufhin für mehrere Tage festgesetzt und vernommen. Schließlich wurden beide wieder freigelassen und waren weiter in ihren Ämtern tätig. Zu Schaden kam dabei glücklicher Weise niemand, denn die Seilfahrt  hatte noch nicht begonnen. Es ist dem Berichten nicht genau zu entnehmen, welcher Schacht gemeint war, aber da die Seilfahrt behindert wurde, ist der Freudenschacht No. 34 mehr als wahrscheinlich. [L12 S.5 ff] und [L6 S.144]

Aus den amerikanischen Kriegsgefangenlagern kannte man das Phänomen, wenn man jemandem ein belangloses "Märchen" unter der Bedingung der Verschwiegenheit erzählte, hatte dieses in zwei bis drei Stunden als Gerücht die Runde gemacht. Zum Schmunzeln, weil es harmlos blieb. Nicht so auf Schacht 34. Hier wurde eines Tages verbreitet, dass das untertägige Sprengmittellager an den und dem Tag in die Luft fliegt. Daraufhin weigerte sich die Frühschicht, einzufahren. Die ratlose Führungsmannschaft des Schachtes ging dann mit einigen beherzten Bergleuten vor Ort und stellte fest, dass es keinen Anlass zur Sorge gab.[L6 S.144]

Im Titusgesenk auf der zweiten Gezeugstrecke arbeitete einer der verlässlichsten Hauer des Schachtes und träumte davon, nach seiner Zeit als Bergmann zur See zu fahren. Sein Leben endete in jungen Jahren beim streng verbotenen Bohren einer nach dem Schießen stehengebliebenen Bohrlochpfeife.  [L6 S.120]

Am Schachteingang befand sich das übliche Eingangshäuschen. Hatte einer keinen Schachtausweis mit, wurde er nicht eingelassen. So auch der sowjetische Schachtleiter. Freundlich, aber bestimmt erwiderte der Soldat auf das verständliche Bitten des Selbigen mit "Njet".  [L6 S.122]

Die Schachtleiter waren die Genossen Golowanow und später Slobodjanik. Offizielle Angaben habe ich jedoch nicht davon.

Helmut Schmiedel aus Kühberg war einer der Top-Brigadiere des Schachtes. Man sagte ihm Verdienste von 5000 Mark monatlich nach, von denen er auch an die unterstützenden Förderleute, Gleisleger, Zimmerleute und Schlosser abgab, um sie bei Laune zu halten und somit den Erfolg seiner Hauer zu untermauern. Es wurde, wie bereits erwähnt eine Zeit lang trocken gebohrt und Helmut bohrte auch dann noch trocken, als es längst verboten und die entsprechende Ausrüstung verfügbar war. Helmut hat dieses Spiel mit dem Silikosetod verloren und ging viel zu früh aus dieser Welt.  [L6 S.125]

Namentlich überlieferte leitende Bergleute dieser Grube waren:

Schachtleiter Golowanov, Schachtleiter Slobodjanik.(L12 S. 5), Obersteiger Burkert[L6 S.125] , Oberschießmeister Wünschmann [L6 S.144], Hauptmechaniker Nestler [L6 S.127], die Reviersteiger Schmiedel, Egerer, Bergner, Höber [L6 S.127], die Steiger Albert, Böttcher [L6 S.147] Geologe & Radiometrist Harry Gritzner [L6 S.148], Hauptgeologe Willi Kampf [L6 S.148], Zimmerbrigadier Adolf Nestler[L6 S.148]  -- dieser Bergmann war auf Schacht 78 und später in Gera tätig

Zu den beiden Schachtleitern werden Zeitzeugenberichte von Reviersteiger Bergner im unteren Teil dieses Beitrages zu finden sein. 

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Erkundungsschacht 327 Neudorf-Nord ( Schacht 327, Schurf 6, 7, 8, 9 )

Der Erkundungsschacht und seine Schürfe liegen um den Habichtsberg ( 799 m ü. NN ) herum und stellen die nördliche Grenze der Lagerstätte Bärenstein - Niederschlag dar. Die Arbeiten begannen im Jahre 1950 und wurden 1953 abgebrochen. Das Vorkommen Neudorf-Nord liegt 4 km NW-lich von Niederschlag-III, im Bereich der Hauptstörung. Die auf vier Sohlen (bis 170 m Teufe) untersuchten Gänge weisen ein Streichen von 340–20° auf. Bei den Auffahrungen fielen 9,9 kg Uran an. [L5 2.2.7 Seite 7 ff]

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thumb_sct327_ii_gag

Abb.: Übersicht Erkundungsschachtfeld 327 Neudorf - Nord, Kartenquelle: Staatsbetrieb Geobasisinformationen und Vermessung Sachsen, erstellt: geophys im Jahre 2009, Bildquelle: Familie Petzold / Neudorf -Mit freundlicher Genehmigung. Alle Rechte bei Bildquelle.

Es wurden etwa 6 Mineralgänge untersucht und teilweise auf Uran bebaut. Das Erkundungsfeld erstreckt sich auf 800 x 400 m. Noch heute kann man die Reste der Bauten gut ausmachen. Die SDAG untersuchte das Gebiet noch einmal in der 70ziger Jahren des letzten Jahrhunderts auf Spatvorkommen und brachte weitere 14 Bohrungen nieder. Dabei wurden auch 10 Schürfe an den Gangausbissen angelegt. [L13 S. 33]

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Schächte Ansatz Teufe Einfall. Quersch. Trümer Sohlen Zweck Gebiet / Lage
Nr. m ü. NN in m In °


Bemerkungen
Schacht 327 788 190 90 12
+744 +674 +614 Ge E Teufe Januar 1950 - 30.08.1950
Schurf 6 776 36
+744


+744
E
Schurf 8 798 95

+744 E Auffahrung auf +714 (?) vmtl. über Gesenk oder Riß falsch
Schurf 9 783 90



E Füllorte nicht eindeutig zuordenbar
Legende: Ge = Gewinnung und Transport, E = Erkundung, W = Wasserlösung, G = Gestellförderung, Sk = Skipförderung, F = Fahrtentrum WF= Wetterführun

Übersicht Tagesöffnungen [L13 S. 33]

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Typische Einrichtungen

Erzverladung Bahnhof Süd 

Auf der heutigen Schlachthofstraße befand sich die Kipperrutsche zu den Fördereinrichtungen der Hochbunker. Von hier wurde das Armerz mit der Eisenbahn nach Lengefeld / Vgtl. transportiert. 


Transportbetrieb

In Buchholz befand sich zwischen dem Hotel "Deutscher Kaiser" und dem Gasometer ein Garagenkomplex (später wurde dann das Hotel abgerissen, das Gelände beherbergte dann eine große Werkstatt des VEB Kraftverkehr, diese steht heute noch, die Garagen existierten bis Anfang der 90ziger Jahre). Die "Eismann-Garagen" wurden, wie alles andere auch einfach beschlagnahmt und hier war das Transportwesen eingerichtet. Zwischen Gelenau und Annaberg existierte beispielsweise eine Buslinie. Weiter wurden die Bahn und sogar Bauern mit Pferdegespannen verpflichtet. 

 

Medizinische Versorgung
Ende der vierziger Jahre wurde ein ehemaliges Gymnasium in Annaberg zum Krankenhaus umgerüstet. Nur zur Erinnerung, zu dieser Zeit waren sechzehntausend Menschen mehr zu versorgen. Im Kurort Warmbad gab es ein sogenanntes Nachtsanatorium. Hier wurden produktive Bergleute nach Feierabend betreut. Das Krankenhaus (B) war bis in die 90iger Jahre in Betrieb und ist heute wieder Gymnasium. Das Sanatorium gehört heute der Bundesknappschaft.

Handel und Gastronomie

Eines der Beweggründe, Bergmann zu werden, war eine stabile Versorgung mit Lebensmitteln. Ein Aspekt der zu dieser Zeit in keiner der Besatzungszonen selbstverständlich war. In Annaberg wurden viele Geschäfte beschlagnahmt und der Wismut-Handelsorganisation zugeführt. So zum Beispiel die heutige Berufsschule an der Bärensteiner Straße. In dieser Zeit war sie ein Industriewaren - Kaufhaus. Viele Gasthäuser wurden als Zentralküchen genutzt. Hier sind zum Beispiel das heute "Forsthaus", das "Waldschlösschen" in Buchholz und der "Erzgebirgischer Hof" am KÄT-Platz in Annaberg.


Sicherheit und Bewachung

Auch wenn es heute etwas übertrieben klingt, aber damals war Annaberg zum militärischen Sperrgebiet erklärt. Ein- und Ausreise waren nur mit einem Passierschein möglich. Die Schächte wurden durch Einheiten der Roten Armee bewacht. In einigen Büchern liest man auch von einer strengen Durchsetzung der Bewachungsrichtlinien. So sind mir zwei Todesschüsse von Wachsoldaten (am Schacht 116 und an den Eismann - Garagen) bekannt. Darauf will ich hier nicht eingehen. In dieser Zeit war vieles vorstellbar, was man heute nicht mehr versteht. Im heutigen Feierabendheim in Frohnau, nahe dem Schacht Bäuerin, befand sich eine Kaserne. Diese wurde zu Beginn der Tätigkeiten errichtet. Weiter ist im Stadtteil Gehrisch Ruh ein umzäunter Bereich bekannt, der dem sowjetischen Personal als Wohnbereich diente. Er erstreckte sich vom jetzigen Parkhaus bis etwa in Höhe Landratsamt.
Sport und Kultur

Im "Erzhammer" und im "Glück Auf" (heute Marx) wurden Kulturhäuser betrieben. Annaberg hatte als einige der wenigen Kleinstädte ein Theater. Als Sportverein war der SC Wismut Annaberg ein Begriff. Aus diesem Verein wurde zunächst BSG Motor Annaberg und nach 1990 der heutige VfB.
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Kalter Krieg und Stalinismus                       stamp_josef_stalin_2

Abb.: Zeitgenössische Briefmarke
Bildquelle: Internet
Bild ist als Postwertzeichen Allgemeingut

 

Mit dem Einmarsch der Roten Armee in das Erzgebirge, wurde das dieses natürlich mit den Machtstützen totalitärer Regimes versehen. Das waren natürlich auch Geheimdienste und eine entsprechende Justiz. Eigens für die SAG Wismut gab es in Chemnitz / Kassberg eine Dienststelle. Mit der Ausgründung der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) am 07.10.1949 sollte das neue sozialistische Weltsystem manifestiert werden. Jeder der beiden deutschen Staaten sollte so in das jeweilige Bündnis der Siegermächte integriert werden.

In den Jahren 1950 bis 1953 war der sowjetische Geheimdienst
MGB
besonders aktiv. Man warf den Betroffenen häufig Spionage o. ä. vor. Es kam zu Verhaftungen und Schnellgerichten, die meist hohe Haftstrafen oder sogar die Todesstrafe verhängten. Nach der politischen Wende 1990 öffneten sich die Archive und erst jetzt wurden Fälle bekannt, bei denen aus heutiger Sicht kein Verbrechen vorlag, für das man derart bestraft werden könnte. Eine hohe Dunkelziffer ist jedoch anzunehmen.
Bezugnehmend zu unserem Thema ist der Fall des Obersprengmeisters des Objektes 7 Rudolf E. bekannt. Am 03.11.1950 wurde er verhaftet und verschwand für immer. Erst 1994 wurde dann bekannt, dass er am 15.05.1951 in Halle/Saale durch ein Gericht des Sowjetischen Militärtribunals (SMT Nr. 48240) zum Tode verurteilt wurde. Dieses Urteil wurde am 14.08.1951 in Moskau vollstreckt. Man bedenke, dass die DDR offiziell ein souveräner Staat war. Jedoch steuerte die Sowjetunion über den Alliierten Kontrollrat weiter das Geschehen und die Angehörigen erfuhren nichts vom Verbleib der Betroffenen. Selbst der westdeutsche Kanzler Adenauer wurde bei seinem Antrittsbesuch 1955 in Moskau über die Vollstreckung von Todesurteilen der Sowjetunion an Deutschen im Unklaren gelassen. Man erfuhr erst viele Jahrzehnte später vom Terror dieser Jahre. Rudolf Ehrhardt wurde durch ein russisches Militärgericht 1994 rehabilitiert. [L14] In anderen Quellen liest man von etwa 80 Wismut-Angehörigen, die ein gleiches Schicksal hatten. Besonders stark war die Altersgruppe von 20 - 40 Jahren betroffen.
Hier sei noch einmal betont, dass es eine Zeit von zwei gegensätzlichen politischen Systemen war. Keiner der beiden lies den leisesten Zweifel seiner Gewaltbereitschaft gegenüber dem Anderen zu. Es tobte der kalte Krieg. Ich möchte hier nicht einseitig die Verbrechen des Einen darstellen ohne dieses ausdrücklich zu erwähnen!

Wer mehr dazu lesen will, der sehe sich mal
dieses hier an.

{FL}

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Zeitzeugenberichte

Der "Schicht-Russe" 
Episode zum Augenzwinkern
aus Zeitzeugenbefragung von Hans Th. durch sehmataler entstanden

Es war nur zu verständlich, dass es unter den sowjetischen Bergleuten einige regelrechte "Deutschenhasser" gab. Ein solcher war im Cunersdorfer Dorotheastolln ( SV 20/109 ) für die Beaufsichtigung der Bergarbeiter zuständig und wurde unter den Deutschen der Schicht-Russe Leo genannt. Sein Vorname war vielleicht Leonid. Er trieb die deutschen Bergleute an und bestrafte sie unnachsichtig. Wenn etwas nicht gleich klappte hieß es gleich: "Sabotasch" oder "Faschista" und es drohte dem Betreffenden der Verlust der damals so begehrten Essenmarke. Den Erzählungen der deutschen Bergleute vom Berggeist begegnete er mit Spott und Flüchen. War er aber wirklich gegen den Aberglauben gefeit? Eines Tages oder besser nachts versteckten sich zwei Bergarbeiter in von unten nicht einsehbaren Örtern des Felix Spat über dem Dorothea Stolln. Schon die Höhe der Streckenauffahrung und die versteckten, nach oben abzweigenden Abbauörter wirken hier im von allen Betriebspunkten abgelegenen Grubenfeld gespenstisch. Als gegen Mitternacht der Schichtrusse auf seinem Kontrollgang hier vorbeikam, fingen die zwei an zu jaulen und heulen, dass es einem durch Mark und Bein ging. Beim "Schicht-Russen" hatten die Erzählungen über den Berggeist offenbar tiefere Spuren hinterlassen als gedacht. Vor Schreck die Haare unter dem Helm zu Berge stehend, flüchtete er zum Stollnmundloch und ließ sich die ganze Nachtschicht lang nicht wieder im Schacht blicken. Nach diesem Ereignis soll er angeblich die deutschen Bergarbeiter nachsichtiger und humaner behandelt haben als vorher. War dies nicht ein gelungener Beitrag zur "Deutsch-Sowjetischen-Freundschaft" ( Schlagwort dieser Zeit )? Es soll hier aber nicht verschwiegen werden, dass die meisten sowjetischen Genossen trotz leidvoller Kriegserfahrung die deutschen Bergarbeiter loyal behandelten.

{SK}

Meine Erinnerungen an Deutschland und Annaberg
Erinnerungen des Wismut - Angehörigen Igor Jonkjenkwitsch Tolmatschow
Hauptgeologe von Schachtverwaltung 21 ( 1951 bis 1955 )

übersetzt mit Zuhilfenahme von Translatorsoftware prompt.de


Bericht 1

Ich bin 1951, kurz vor Ende meines Studiums „Kasachisches Berg- und Hüttenwesen“, in eine Spezialkommission nach Moskau beordert worden. Mir wurde ein vertraulicher Auftrag in Aussicht gestellt, dem ich zunächst nicht zustimmte. Ich wusste nicht worum es geht.

Nach Erlangung meines Diplomes und dessen Verteidigung, erhielt ich erneut einen Anruf aus Moskau. Er kam aus der Generaldirektion der „Verwaltung ausländischer Vermögen“ (GUSIMZ ) Diesmal war ich einverstanden. Ich erhielt 1951 ein Visum, um eine Arbeit im besetzten Ostdeutschland aufnehmen zu können. So ging ich also los und kaufte eine Fahrkarte. Ich fuhr dann mit 12 weiteren Geologen über Brest und Polen nach Frankfurt / Oder in Deutschland.


Dort wurden wir bereits erwartet und mit dem Bus in das sächsische Chemnitz ( Ortsteil Sigmar ) gebracht. Es war eine abenteuerliche Reise für uns. Wir waren jung, neugierig und interessiert. Der Krieg war erst gerade 6 Jahre vorbei und wir erfreuten uns an der wunderschönen Landschaft, einer gepflegten Wohnung und den sauberen Städten. Uns beeindruckten überall schöne Blumen in den Gärten, die Autobahn war genau so imposant wie das gut ausgebaute deutsche Straßensystem. Wir dachten aber auch an die von den Deutschen zerstörte Städte und Dörfer in unserer Heimat. Dabei vergaßen wir nicht, dass unsere Soldaten ebensolche Dinge in Deutschland getan haben
(der Übersetzer: eine Aussage, die mir sehr nahe geht!)

Wir waren beeindruckt von diesem fremden Land, der uns unbekannten Sprache und waren neugierig, was uns hier erwarten würde. Wir waren voller Energie und Tatendrang.


Wir kamen also in Sigmar an, bezogen dann erst mal Zimmer in einem Hotel, welches streng bewacht wurde. Tags darauf wurden wir in die Hauptverwaltung der SAG Wismut eingeladen. Es war zu der Zeit eine große bürgerliche Villa. Wir wurden vom den Generaldirektoren Bugatov und dem Generalmajor Malzev begrüßt. Es waren noch weitere Offiziere und Soldaten anwesend.


Direktor Bugatov erläuterte uns die Ziele und Pläne zum Abbau des deutschen Uranerzes durch die SAG Wismut. Weiter informierten wir uns auch über die Strategien zur Erschließung neuer Lagerstätten und über die Richtlinien in der Zusammenarbeit mit dem deutschen Personal. Hier sollten Anpassungen vorgenommen werden, für die man uns ein Jahr Zeit gab. Hierbei wurde auf die bisher niedrige Effizienz, auf Grund der unerfahrenen Besatzung der Gruben der Anfangsjahre, verwiesen. Mit großem Lob wurde jedoch auf die oft sehr gefährliche Arbeit und alle Anstrengungen in diesen Jahren verwiesen. Mit der Ankunft neuer gut ausgebildeter Mitarbeiter sollte die Verfügbarkeit der Uranerzreserven gesteigert werden. Der Erkundungsplan sah vor, in kürzester Zeit, das Territorium der DDR (Ergänzung des Übersetzers: sowjetisch besetzter Teil Deutschlands von 1945 – 1990) auf weitere Vorkommen zu untersuchen. Ebenso lobend wurde der Einsatz des Geologen Nifontov und seiner Kollegen bei der Ersterkundung der erzgebirgischen Uranlagerstätten hervorgehoben, die einen Großteil der zu Beginn vorhandenen Halden, Gruben und Tagebaue auf Uranerz untersuchten. Das sei beispielgebend für die nun nachfolgenden Geologen.


Ich machte mich also auf den Weg in das Revier Annaberg, welches dem Objekt 111 unterstand. Ich wurde dort in einem mehrstöckigen Gebäude im sowjetischen Wohngebiet untergebracht (Ergänzung Übersetzer: vermtl. Villen um Gehrisch Ruh (Stadtteil Annaberg )). Dieses wurde von Soldaten der Roten Armee bewacht und war umzäunt. Ich erhielt meinen Lohn zu gleichen Teilen in Rubel und DM ( Ostmark ), sowie zusätzliche Lebensmittel- und Gebrauchsgüter – Bezugscheine. Wir erhielten in der Verwaltung des Objektes 111 spezielle Pässe. Georgi Konstantin Schukov ernannte mich zum Hauptgeologen von Schacht 21. Er wies auf dem Umstand hin, dass Schacht 21 den Erzplan nicht mehr erfüllte. Schacht 21 lag im Zentralrevier von Annaberg und war mit einem hohen Zaun mit Wachtürmen umgeben. Damals unterstand die Bewachung dem Bereich Berija (der Übersetzer: Chef des berüchtigten Geheimdienstes NKWD). Wir wurden eingekleidet und erhielten dazu Gummistiefel, Helm und Lampe. Es war gegen Mitternacht. Der erste Eindruck von Schacht 21 war ein Schock für mich. Ich befuhr eine Sohle in der Teufe von 120 m (der Übersetzer: +524). Wir sahen eine Menge Erzgänge ( der Übersetzer: Hier dauert die genaue Übersetzung der Fachbegriffe noch etwas ). Das Wasser lief in Strömen von der Firste und wir wateten knietief hindurch. Der Lärm der Bohrhämmer in den Bauen war ohrenbetäubend laut. Direktor Georgi Schukov erzählte unentwegt, ich verstand  dadurch nichts. Wir stiegen noch weitere 100 m in den Berg und kehrten dann aber zu meiner Erleichterung an die Oberfläche zurück. Das war mein erster Tag auf Schacht 21.


Ich erinnerte mich an die Worte von Direktor Bugatov „ein Jahr der Einführung und Anpassungen an die Umstände“ So fuhr ich in den ersten drei Monaten jeden Tag ein und studierte alles ganz genau. Das sollte Früchte tragen, wie sich später heraus stellte. ( der Übersetzer: Stimmt, die Erzgewinnung stieg in den Jahren 1953 - 1957 extrem an ) Ich befuhr weitere Reviere im Objekt 111 und machte mich zum Verlauf der Erzformationen kundig. Ich erstellte einiges an Material zusammen und übergab es an die entsprechenden Institute weiter.

Eine weitere wichtige Sache war die Entwicklung der Deutschen und ich gab auch hier Berichte dazu für die entsprechenden Stellen in der sowjetischen Regierung ab. Ich entwickelte zudem meine Sprachkenntnisse und schon nach sechs Monaten konnte ich mich mit den deutschen Bergleuten besser verständigen. Ich benutzte auch den deutschen Bergmannsgruß „Glück Auf“, was so viel heißt wie „Komme gesund ans Licht zurück“.

Meine langjährige Tätigkeit in den Schächten zeigte immer wieder, wie gefährlich diese Arbeit war. Wir mussten mit Bedacht arbeiten und auf das kleinste Detail achten.

Annaberg ist eine mittelalterliche Stadt. Sie liegt ist eingebettet von steilen Hängen, malerischen Wiesen, Wäldern, Flüssen und Bächen. Sie liegt am Fuße des Pöhlberges, einem beeindruckenden Basalt – Gebilde und wurde um 1490 gegründet (der Übersetzer: 1496 genau genommen). Zwischen 1600 – 1850 wurde hier intensiver Bergbau auf Silber betrieben (der Übersetzer: na, genaugenommen etwa 200 Jahre früher). Einige wichtige Erze wie Nickel, Kobalt, Wismut und Pechblende wurden aufgefunden. Letztere wurde hauptsächlich für die Herstellung von Geschirr und in der Farbenindustrie verwendet. Besonders sei auf das Mineral Annabergit hingewiesen, das hier seinen Namen erhielt. Die Stadt pflegt ihre bergbauliche Tradition und es werden sehr schöne bergmännische Festumzüge gestaltet.

In der Tradition darf nicht vergessen werden, dass so bedeutende Wissenschaftler wie Agricola hier ihr Wirken hatten und bedeutend zur Erkenntnisgewinnung im Bergbau beigetragen haben. Die Freiberger Akademie hat einen Weltruf als bedeutende Bildungseinrichtung erworben.

Das Objekt 111 war eher klein und konnte sich nicht mit denen der Reviere Aue und Gera messen. Unter der Leitung der großartigen Experten Grischin und dann Stepanjuk hatte es jedoch ein großes Ansehen erlangt. Der Erzplan konnte immer erfüllt werden und es entwickelte sich ein gutes öffentliches Leben in der Stadt. Besonders der künstlerisch-kulturelle Sektor und der sportliche Bereich konnten durchaus mithalten und wurden durch die SAG Wismut entscheidend gefördert. Unter der Belegschaft herrschte eine gute Kommunikation und gegenseitiges Interesse vor. Die sowjetische Verwaltung stand in engem Kontakt mit den Bewohnern und Stadtoberen. Dazu trugen besonders die Kollegen Stepaniuk, Z. Solov "Eva, B. Skazobtsev, Anja Nazarkina, Valentin P. Nazarkin, Lena Kudriavtseva, Juri Anisimov, Zhora Lisovski, Flora Mazschenko, Jura Malzschenko, Prokhorov, A. Kashcheev, Eugene Bystrov, Lida Kryvicy, Larissa Tolmacheva, die Familie Smetugov, Maria Kiefer und viele Andere bei.


Nun sind 57 Jahre seit meiner Ankunft in Annaberg vergangen. Ich habe an diese Zeit meiner Jugend eine angenehme Erinnerung bewahrt und denke oft an diese großartigen Menschen.


Dies soll die erste Niederschrift meiner Erinnerungen sein. Weitere sollen das Ende der Stalin-Zeit und der daraus bedingten Geheimhaltung beschrieben werden. Wie ich sie erlebt und gesehen habe! Es war für uns nicht einfach und wir müssen noch viel daraus lernen! Trotz alledem sind und bleiben wir Patrioten der „Union der Sozialistischen Sowjet Republiken“ (der Übersetzer: UdSSR oder auf Russisch CCCP).


Ich bin jetzt Pensionär und lebe mit meiner Tochter in Neuseeland. Sie ist hier Musiklehrerin. Ich habe nach der Wismut - Zugehörigkeit 40 Jahre am Institut der Geo - Wissenschaften Kazachstans in Alma Ata gearbeitet (der Übersetzer: dieser Abschnitt wurde mit großen Schwierigkeiten übersetzt).

Bericht 2 von Igor Tolmatschow

übersetzt mit Zuhilfenahme von Translatorsoftware prompt.de

Das Objekt 111 bestand im Wesentlichen aus drei Bereichen:


1. dem Annaberger Objekt als Verwaltungszentrum und den noch in Betrieb befindlichen Explotations – Schächten 21, 28, 78, 33 (der Übersetzer: SV 21/49, 78/231 (da war der Schacht 33bis integriert)) die SV 116 war 1951 nicht mehr in Betrieb, wurde allerdings ab 1953 wieder in das Schachtkombinat 21/28/116 (Schacht 49 wurde abgeworfen) aufgenommen).

2.Das Objekt Marienberg mit einer Reihe von Schächten (der Übersetzer: wurde 1954 durch das Objekt 111 aufgelöst) lag etwa 30 km nordöstlich von Annaberg.
3.Das ehemalige Objekt 07 Bärenstein / Niederschlag (etwa 25km südwestlich von Annaberg an der Grenze zur Tschechoslowakei CSSR).

Das Objekt Niederschlag erstreckte sich an der Grenze zur Tschechoslowakei und liegt nur wenige Meter vom Grenzbach Pöhla entfernt. Auf deutscher Seite befanden sich dann steil aufsteigende Hänge, wo die Erzgänge mittels aufgefahrener Stolln erschlossen wurden. In den Höhenlagen dieser Hänge waren zwei Hauptschächte angelegt (der Übersetzer: 281 und 282, die Stalinschächte). Die zentrale Verwaltung bestand aus den Bereichen Produktion / Gewinnung, Geologie, Geophysik, Prozessplanung, einem Wirtschaftshof, dem unter anderem der Transportbereich, der Kindergarten und der sowjetische Club unterstand und nicht zu vergessen den Betriebsschutz.

Den einzelnen Bereichen stand je ein sowjetischer Leiter vor, der mit dem technischen deutschen Personal auf den Schächten zusammenarbeitete. Die Belegschaften der Gruben waren bunt gemischt. Vom ehemaligen Wehrmachtsangehörigen aus dem Afrikachorps , der bei den Westalliierten interniert war, bis zum Kriegsgefangenen, der in den sowjetischen Kohlegruben des Kussbass arbeitete. Man nannte die Bürger der Sowjetunion im Allgemeinen „Russen“ und ignorierte somit die jeweilige Republik des Vielvölkerstaates. Die Verwaltungen waren oft mit sowjetischen Militärangehörigen besetzt. Dienstgrade, wie Kapitän zur See oder Oberstleutnant waren keine Seltenheit. Einige von ihnen bereiteten die Übergabe dieser Funktionen an deutsche Bergleute vor. Hierbei setzte man auf SED – Genossen (der Übersetzer: allein herrschende kommunistische Partei im sowjetisch besetzten Deutschland).

Man tat dies, um den Übergang (der Übersetzer: zur SDAG) vorzubereiten, der nach dem Aufstand in Berlin 1953 angedacht war. Ich denke, die sowjetischen Fachleute in der Zusammenarbeit, wie auch im gesellschaftlichen Leben freundschaftlich und kooperativ. Man traf sich auch beim Sport, ging in die Schulen und Fabriken. Das erklärt vielleicht, warum es in den Gruben der Wismut in den Tagen der Unruhen ruhig blieb (der Übersetzer: Dem darf man zustimmen, auch deutsche Quellen belegen das). 1951 war die 1949 gegründete Deutsche Demokratische Republik 2 Jahre alt und ich kann von sich entwickelnden Kontakten zur deutschen Bevölkerung berichten. Wir gingen gemeinsam zu Maidemonstrationen, legten gemeinsam Kränze am Ehrenmal gefallener Sowjetsoldaten auf dem Annaberger Friedhof nieder und trafen uns mit der Stadtverwaltung und den Ordnungsorganen und achteten einander. Sehr viele Deutsche sahen uns „Russen“ nun mit anderen Augen und waren interessiert an unserer Kultur. Viele Treffen fanden statt, mit einem Abendessen und Wodka. Manchmal spielte ein Orchester und wir tanzten miteinander. Wir wussten um die Schrecken des Krieges gegeneinander. Derartige Treffen brachten aber schon bald eine Entspannung in die Beziehung zwischen den sowjetischen Spezialisten und den Deutschen.


Im Rahmen der Aufgaben des geologischen Dienstes musste ich auch einige hundertmal durch alte Grubenbaue klettern. Dazu möchte ich ein interessantes Beispiel anführen.
Eines Tages fuhr ich zum Schacht VIKTORIA. Dieser war nach einem bedeutenden Erzgang nordöstlich von Annaberg benannt.
Ein Gang ist eine Spalte im Gestein, die mit Mineralien - Quarz, Uranpechblende und anderen Mineralien gefüllt ist. Diese Gänge haben verschiedene Mächtigkeiten von Zentimetern bis Meter und erstrecken sich hunderte Meter bis Kilometer.
Der Schacht VIKTORIA war rings herum bewacht. Das Schachtgelände umgab ein hoher Zaun, auf Wachtürmen befanden sich Posten mit Maschinenpistolen. Das Tor zum Schachtgelände konnte man nur mit einem speziellen Ausweis passieren; auch dort standen Posten mit Maschinenpistolen. Ich kam auf den Schacht und ging ins Kabinett der Geologen. Dort traf ich den Bereichsgeologen Kurt Müller. Ich sagte ihm, er solle mich in Arbeitskleidung und mit Lampe zum Schachttor begleiten. Wir setzten uns in ein Auto und fuhren los. Kurt verstand erst nicht, worum es überhaupt ging. Dann habe ich ihm einen alten Grubenriss aus dem Jahr 1830 gezeigt, wo in etwa 2 km Entfernung vom Schacht unter dem Berg am Fluss ein weiterer Grubeneingang eingezeichnet war. Diesen Stolln haben wir dann gefunden. Es war ein Stollnmundloch mit 2 m Höhe und 1 m Breite. Das Mundloch war unter großen Sträuchern verborgen und sah deshalb ziemlich unscheinbar aus. Wir wateten durch das knietiefe Wasser des Stollns, aber nach einigen zehn Metern wurde es weniger (Neigung des Stollns zum Mundloch). Das Gewölbe des Stollns war oval, schmal und aus festen Steinen. Wir entschlossen uns weiterzugehen. Ungefähr bei 100 m entdeckten wir die in den Stoß gemeißelte Jahreszahl 1825, etwas weiter 1826. Dann fanden wir einige Gänge. Auf einem Gang war ein Gesenk. Wir beschlossen, erst einmal zu rasten. Kurt rauchte und wir fingen an, uns zu unterhalten. Sein Zigarettenrauch zog in das Gesenk hinab. Kurt und ich wussten sofort, dass der Rauch in Richtung unseres Schachtes VIKTORIA zog. Wir folgten dem Rauch und befuhren etwa eine Stunde lang das Labyrinth alter Grubenbaue. Als wir dann über unseren Schacht ausgefahren sind, begegneten wir arbeitenden Bergleuten. Für uns war das eine Sensation, für die Bewachung des Schachtes bedeutete es mangelhafte Professionalität. Man konnte einfach so in die Gruben eindringen, obwohl die Zeiten nicht gerade ruhig waren.
Besonders hat mir die alte deutsche Dokumentation in den Grubenrissen gefallen, die sehr klar und genau gefertigt waren. Es musste deshalb vorsichtig mit diesen wertvollen Archivdokumenten umgegangen werden.

Anmerkung: Einen "VIKTORIA" genannten Schacht gab es in Annaberg nicht. Jedoch ist damit unzweifelhaft der Schacht Nr. 49 "Konstantin" gemeint, da sich in dessen Grubengebiet der Gang "Viktoria Flacher" (mit Uranerzführung) befand. Der Schacht 49 befand sich ab 1951 in der Nacherkundung, die sich bis Anfang 1954 hinzog. Außerdem gehörte die Grube in dieser Zeit zur Schachtverwaltung des Uranus. Das von Tolmatschew und Müller aufgesuchte Stollnmundloch war dann der König Dänemark Stolln. Dieser Stolln war damals keinesfalls unbekannt. Schon Anfang 1947 hat wurde er zu ersten Erkundungen befahren. In hydrogeologischen Unterlagen zum Hochwasser Ende Dezember 1947 ist ebenfalls die Ablaufsituation mit Wassermengen an bestimmten Messpunkten im König Dänemark Stolln erwähnte.


Unser Objekt 111 unterlag natürlich der Geheimhaltung und wurde in der Dokumentation mit dem Code-Namen ALTEI-TELEFON bezeichnet. Komsomolzen (der Übersetzer: Mitglieder der zentralen sowjetischen Jugendorganisation) und Mitglieder der KPdSU waren Code-Namen gebräuchlich. Spontane Besuche von z. B. Restaurants oder Gespräche über die Arbeit waren streng verboten. Besonders streng wurde der Verlust des Wismut – Ausweises oder eines dienstlichen Schlüssels bestraft. Wir lebten dadurch in ständiger Angst und es war eine enorme nervliche Belastung. Um Depressionen zu verhindern, wurden Sportwettkämpfe, touristische Ausflüge oder Besuche von anderen sowjetischen Kollektiven in anderen Objekten der SDAG Wismut organisiert. Es wurden auch Geburtstage, Hochzeiten und Kindesgeburten der Kollegen gefeiert. Diese reglementierten Lebensumstände sollten Vertraulichkeit und Disziplin sichern. Nicht zu vergessen, dass wir durch den kalten Krieg des Westens dazu gezwungen wurden.

Einige Worte zum Todestag von STALIN.


Zu dieser Zeit teilte ich mir das Zimmer mit Schenja Buistrowin. Er hatte das Radio eingeschaltet und wir hörten erschüttert die Nachricht, dass STALIN am 05.03.1953 verstorben ist. Wir bekamen aus dem Objekt die Nachricht, uns dort zu einer Trauerfeier zusammen zu finden. Als wir den Saal betraten, war der Saal bereits überfüllt (etwa 200 Menschen). Der Objektleiter hielt die Trauerrede und würdigte dabei die Führerschaft Stalins beim Sieg über den Faschismus in den Kriegsjahren 1941-1945.

Es war ein Phänomen. Das Volk liebte Stalin und die um ihn vergossenen Tränen waren echt.

Es darf nicht unerwähnt bleiben, dass die Deutschen Stalin mit Hitler gleich setzten. Sie befanden sich ja noch in den Jahren des politischen und wirtschaftlichen Zusammenbruchs. Gerade hierbei war die SAG Wismut für Tausende ein Hoffnungsschimmer. Sie brachte ihnen Arbeit und eine gute Versorgung mit Lebensmitteln. Und so ist dieser Vergleich nicht verwunderlich. Aber auch der Tod Stalins veränderte das strenge Regime in den Schächten der SAG Wismut nicht.


Auf Schacht 21 arbeiteten zu jener Zeit auch sowjetische Soldaten in der Grube. Sie sortierten das Erz in den Hunten. Deutsche Bergleute kippten sie dazu aus. Diese Arbeit war sehr schwer und auch gesundheitsschädigend. Nach dem Schichtwechsel versammelten sich häufig diese Soldaten und ich unterrichtete sie in der Bergbaukunde und der Methodik des Auffindens des Erzes. Nach meinen monotonen Ausführungen kam es vor, dass sie eingeschlafen waren. Ich konnte das verstehen und setzte diese Schulungen beharrlich fort. Viele von ihnen waren keine 20 Jahre alt.


Besonders gefährlich waren die Erzbunker der Probezeche. Hier sortierten Soldaten und Offiziere das Uranerz in verschiedene Güteklassen. Sie verpackten die schwarze Pechblende in Pappeimer und nähten diese dann mit Stoff ein. Der Bunker war voller Erzstaub, doch es gab keine Lüfter, um diesen abzusaugen. Die Offiziere nahmen dann die Verladung auf Eisenbahnwaggons vor und bereiteten diese für den Abtransport in die Fabriken der Sowjetunion vor. Sie hatten von daher einen verkürzten Arbeitstag. Alles lief sehr organisiert ab. Bedenken zum Arbeitsschutz kamen zunächst nicht auf. Erst später hielt er Einzug und es wurden dann auch Deutsche für diese Arbeiten eingesetzt.


Das Jahr 1955 war für mich ein glückliches Jahr. Zum Einen gebar meine Frau Larissa Valentinova meinen Sohn Leonid und zum Anderen kehrten wir wieder nach Alma-Ata zurück. Zu guter Letzt habe ich eine Aufnahmeprüfung an einer Akademie der Kasachischen Sowjetrepublik bestanden. Das Studium schloss ich 1961 erfolgreich mit einem Diplom ab, das ich dann auch noch in Moskau verteidigen konnte. In diesem Jahr bekam meine Frau Larissa unsere Tochter Olga. Das war ein unvergessliches Ereignis.

Heute sind beide erwachsen und gehen jeder ihren eigenen Weg.

Schachtleiter Golowanow ( erster Schachtleiter bei Aufwältigung der Schächte 34 / 34bis )

( angelehnt an einen Bericht von Walter Bergner, Reviersteiger Schacht 189 [L6 S.131ff]

SL Golowanow vertraute man den Aufbau der Schachtverwaltung 34 in Bärenstein an. Er war klein von Statur und erschien zäh und drahtig. Er trug ständig eine Pistole am Gürtel, die er auch in der Grube nicht ablegte. Er lebte mit Frau und dem deutschen Kater Fritz in der ehemaligen Geßner - Villa in Bärenstein.

 

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Abb.: die Geßner-Villa,
Domizil der sowjetischen Schachtleiter

Aufnahme aus dem Jahr 2009

Bildquelle: Archiv geophys

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Hier befand sich auch die Verwaltung des Schachtes. Man empfand seine Frau als den eigentlichen Kommandeur der Familie. Sie hatte Mann und Kater fest im Griff. Der Kater war der Liebling der Frau und von Golowanow eher nur geduldet. Dieser Kater wurde in jener Zeit recht vorsichtig, denn ehe er sich versah und wenn die Golowanowa nicht zu sehen war, bekam er schon mal einen Tritt. In einer Planbesprechung in der Villa bemerkten die heran Beorderten ein großes Wurst-Paket auf einem Fensterbrett und das Bestreben von Fritz, dieses für sich zu gewinnen. Golowanow bemerkte es, brüllte laut "Faaschiist" und versetzte dem Kater einem Hieb. Der Kater flüchtete in Panik und ward nimmer gesehen.

Golowanow rauchte stark, doch hatte seine Frau die Kontrolle über sämtliche Tabakwaren. Sie betrieb einen munteren Handel damit und beschaffte sich so wertvolle Dinge. Nun wurde zu dieser Zeit 1947 in vielen Gärten Bärensteins Tabak angebaut und es bahnte sich eine gute Ernte an. Aber es kam ganz anders und ein Hagelschlag vernichtete die erwartete Rekordernte. Man versuchte die zerfetzten Reste des Tabaks in Backöfen zu trocken und es entstand eine neue Tabaksorte mit dem Namen "Hagelschlag".

So ist es nicht verwunderlich, dass der "Hagelschlag" auch den Weg ins Titusgesenk fand und so die geschulte Nase des umtriebigen SL Golowanow erreichte. Man bot ihm eine Selbstgedrehte an. Und nun schlauchte der geplagte Golowanow des Öfteren bei den Bergleuten im Gesenk. Dabei verloren sich ganz langsam seine Vorbehalte gegen Deutsche.

Zu seinen Eigenarten gehörte es, vorzeitiges Ausfahren durch das Schließen des Schachtdeckels zu verhindern. Er stellte sich dann persönlich darauf.

Golowanow arbeitete dann über mehrere Monate einen sowjetischen Angestellten ein. Eines Tages stellte er ihn dann als neuen Schachtleiter vor und verabschiedete sich überraschend. Viele deutsche Führungskräfte empfanden die Art und Weise Golowanows in dieser Beziehung als sehr vorbildlich und gewissenhaft.

Es folgten Golowanow einige hier nicht weiter erwähnte Schachtleiter, welche allesamt als wenig charismatisch oder sogar inkompetent wahrgenommen wurden. Dann kam allerdings SL Slobodjanik.

{FL}

Schachtleiter Slobodjanik - Schachtleiter Schachtverwaltung 34 [L6 S.133ff]

Während bei Schachtleiter Golowanow anzunehmen ist, dass er der Roten Armee entstammte und somit die Grauen des Zweiten Weltkrieges erlebte, so scheint dies bei SL Slobodjanik anders. Wir vermuten, er entstammt der Folgegeneration von gut ausgebildeten Bergleuten, die ganz gezielt für diese Aufgabe in der Sowjetunion ausgewählt und verpflichtet wurden. Er genoss eine große Beliebtheit unter den Bergleuten in Niederschlag.

Ich zitiere:

" Es war nicht zu fassen, einfach unglaublich, dieser Mann kümmerte sich um alles. Zu jedem Schichtwechsel war er auf dem Schacht. Dabei informierte er sich über den Stand aller Arbeiten und erteilte neue Aufträge. Kein Abbau war ihm zu hoch, keine Strecke zu nass oder zu schmutzig. Überall kroch Solbodjanik mit hinein, auch wenn es gefährlich war. Über Tage prüfte er die Werkstätten, das Magazin, die Normabteilung und die Finanzbuchhaltung, nichts entging seinen Augen" ...   

"Duckmäusertum konnte er nicht leiden und wir bekamen den Eindruck, er wollte unser Verhalten testen. Wenn ein Steiger seinen Standpunkt mit aller Konsequenz verteidigte, dann akzeptierte er diesen auch. Siegfried Schmiedel schloss einmal einen Disput mit den Worten des Götz von Berlichingen ab und knallte die Tür hinter sich zu. Da holte ihn Slobodjanik lachend zurück, klopfte ihm anerkennend auf die Schulter und meinte 'karascho'" < in Ordnung >.

Anders als viele andere sowjetische Führungskräfte und Spezialisten mied er auch den Kontakt zu  Deutschen und deren Familien nicht. Er ging zu geselligen Zusammentreffen der Belegschaft und erwarb auch deshalb ein hohes Ansehen unter ihnen. Wir wissen heute, dass das seitens der Administration nicht erwünscht war.

Walter Bergner beschrieb es so: "Die einfachen Menschen finden eben schnell eine gemeinsame Sprache."

Stark beeindruckt und in großer Ehrfurcht vor den Helden jener Zeit schließe ich mit diesen Worten diesen Zeitzeugenbericht über Schachtleiter Slobodjanik.

{FL}

Wassereinbruch bei Schnellvortrieb Querschlag 17 (im Schachtkombinat 21/116) [a3]

einführend:

In den Jahren 1954/55 wird aus Kapazitätsgründen eine Verbindung zwischen den Grubenfeldern des Schachtes 116 (war zu diesem Zeitpunkt wieder in Betrieb) und des Schachtes 21/21bis in Form dieses Querschlages geschaffen. Dabei wurde nur durch Umsicht eines Steigers eine Katastrophe verhindert. Ein vom Steiger angewiesenes Vorbohren eines Langloches bewahrte die Beteiligten vor dem, was Martin Tost im Folgenden beschreibt:

Schilderung eines Beteiligen, Orginalabschrift aus M.Tost "Im Wismut-Bergbau", leicht angepasst zulesen unter [L8 Band 2 S. 46ff]

"... ergibt 9 ATÜ Druck!
Diese Wassermenge des Saurüssels hätten sich in wenigen Sekunden mit der Fallgeschwindigkeit von 9,8 m/sek in den Querschlag ergossen. Mit diesem Tempo auf die Strecke hinaus, rechts nach Blindschacht 1001, die Wasserflut in ihm hinab, nach links auf das Füllort des Uranus 2 zu, die Ausbauten der Strecke mit sich reißend, die Gesteinsmassen der Sohle = Gleisbettes dazwischen. Eine Sperre von Holz, Schlamm und Schienen, wie Hunten. Nimmt man an, 20 bis 30 tote Bergleute dazwischen. Einen Zugang zu diesem Chaos gab es nur vom Uranus 1 aus. Auf Wochen wäre der ganze Schacht ..."

{FL}

Inhaltsverzeichnis

 

Kurzportrait  - Vladimir D. Senin (Schachtleiter Schacht 78 von 1950 - 1954)

Mit freundlicher Genehmigung der Organisatoren von http://www.wismut.su . Sinngemäße Übersetzung.

СЕНИН ВЛАДИМИР ДМИТРИЕВИЧ [Z4]

Vladimir Dimitriewitsch Senin

Porträt V.D. Senin


Работал в СГАО ВИСМУТ два срока: с октября 1950 по апрель 1955гг. на шахтах Объекта 4(7) и с июля 1963 по сентябрь 1968гг. Наиболее трудным и интересным периодом является первая командировка, После окончания в 1950 году Казахского горно-металлургического института, по прибытии в АО Висмут был назначен начальником шахты No78 объекта 4 (7) под Аннабергом. На шахте из советских специалистов был только главный геолог Зобин В.В. и небольшой коллектив военнослужащих, которые занимались обслуживанием геофизической аппаратуры. Знакомство с горными работами, специфику добычи руды пришлось осваивать в самые сжатые сроки, так как спрос за выполнение плана по добычи металла с первых дней был по полной программе, причем самый жесткий.

Er arbeitete in zwei Perioden in der SDAG Wismut. Eine von Oktober 1950 bis April 1955 im Objekt 111 Annaberg (Korr: der Übersetzer -- ab Juli 1950 hieß das Objekt 04/07 so),  die Andere von Juli 1963 bis September 1968. Aber die interessanteste und schwierigste Zeit erlebte er in Annaberg. 1950 aus dem kasachischen Institut für Berg- und Hüttenwesen kommend, wurde er schnell zum Schachtleiter von Schacht 78 ernannt. Die Grube hatte nur wenige sowjetischen Mitarbeiter, den Hauptgeologen Sobin W.W. und ein kleines Team Geophysiker. Das bergmännische Wissen zum Abbau von Uranerz musste er sich in kurzer Zeit aneigenen, um die anspruchsvollen Vorgaben zur Gewinnung des Metalls erfüllen zu können.

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Рис. .Главный геолог ш.No78 Зобин Виктор Владимирович
Hauptgeologe Schacht 78 V. V. Sobin

Положение в начальный период усугублялось недостатком опыта, а вернее его отсутствием, руководством огромным коллективом и полным незнанием немецкого языка. Огромную помощь на первых парах оказал мне главный геолог Зобин Виктор Владимирович, с которым я работал в тесном контакте, а также немецкие специалисты, особенно оберштайгер Лео Гран. Благодаря ежедневному общению с немецкими специалистами, практически ежедневному спуску в шахту, я уже через месяц мог самостоятельно ориентироваться в шахте, понимал смысл сказанного, а также мог довести до слушателя свои мысли на ужасном подобии немецкому языку.

Die erste Zeit auf dem Schacht war von einem Mangel an Erfahrung, den fehlenden Deutsch - Kenntnissen, aber auch von einem tollen Team, welches ihn auch während seiner Abwesenheit unterstützte, geprägt. Eine denkbar große Hilfe war mir der Geologe Viktor V. Sobin, mit dem er eng zusammen arbeitete. Aber auch die deutschen Fachleute, allen voran Obersteiger Leo Grahn, waren sehr kooperativ. Die tägliche Arbeit in der Grube und der Kontakt mit den deutschen Experten verhalf ihm dazu, schnell einen Überblick über das Geschehen zu bekommen.

L. Grahn, V.D. Senin, M. Debjabin

Рис. .Оберштайгер Лео Гран, Сенин В.Д., нач. ОТК Дерябин М.
Obersteiger Leo Grahn, Schachtleiter Senin, Haupingenieur Debjabin (Schacht 78)

После восстановления шахты No21 меня перевели на неѐ в той же должности. Шахта находилась в черте города Анаберг и порода, выдаваемая из шахты на терриконик, грозила завалить жилой дом. Необходимо было для выдачи породы через шахту находящуюся поблизости пройти к ней сбойку - квершлаг. Для проходки этого квершлага была организована бригада, которая за месяц одним забоем в крепчайших породах прошла 385м.

Nach der Wiederherstellung/Aufwältigung des Schachts №21 wurde ich auf diesen im selben Amt versetzt. Die Grube befand sich im Weichbild der Stadt Anaberg und das Gestein, das aus der Grube auf die Terrakonik ausgebracht wurde, drohte ein Wohnhaus zu verschütten. Es war notwendig, für die Masseförderung über einen in der Nähe befindlichen Schacht zu ihm seitlich einen Querschlag aufzufahren. Für die Auffahrung dieses Querschlages wurde eine Brigade organisiert, welche im Monat mit einem Vortriebsort in härter werdenden Gesteinen 385 m auffuhr. 

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Бригада скоростной проходки квершлага
Schnellvortriebs-Brigade des Querschlages

Шло время и на шахте постепенно начали появляться специалисты различных специальностей: горняки, маркшейдеры, механики, и т. д. Присылали даже таких, которые не то, что по-немецки, но и по-русски, то ничего не понимали. В свободное время организовывали поездки на экскурсии. Регулярно устраивались танцы. Особенно много было свадеб. Для их проведения была выделена отдельная квартира. Однако свою избранницу, я встретил в вагоне поезда, когда ехал в очередной отпуск, а она направлялась в институт города Алма-Аты. В 1954г. в г. Хемниц у нас родился первенец - Леонид.

Mit der Zeit sind auf dem Schacht verschiedene Spezialisten angekommen: Bergleute, Markscheider, Mechaniker (Schlosser) und andere. Es kamen aber auch solche, die weder deutsch noch russisch verstanden (Anmerkung: Kasachen aus den Bergen?).
In der Freizeit wurden Ausflüge organisiert. Immer wieder war Tanz und es gab viele Hochzeiten. Für die Hochzeitsfeiern gab es extra Quartiere/Wohnungen. Meine Frau habe ich im Zug kennengelernt, als ich in den Urlaub fuhr. Sie fuhr ins Institut in der Stadt Alma Ata. 1954 wurde in Chemnitz unser 1. Kind geboren - Leonid.

18 января 2011г.

Inhaltsverzeichnis

Literaturhinweise 

 

Hier geht es zu einer Fernbibliothek

BERGKNAPPSCHAFT Schlettau e.V. (Hrsg.) (2006) * Schlettauer Bergleute erinnern sich. - Eine Dokumentation zum sowjetischen Uranerzbergbau in der Nachkriegszeit im sächsischen Erzgebirge, Schlettau * Enthält Zeitzeugenberichte von Schlettauer und Annaberger Gruben sowie Fotos


AUTORENKOLLEKTIV (1995):

Beiträge zur Geschichte der Wismut in Sachsen * Sächsische Heimatblätter 41. Jahrgang Heft 5/95 * Dresden
Inhalt besteht aus gegliederten Themenbeiträgen ohne regionale Schwerpunkte zu setzen.

KUBE, Felix * Zeichnungen F. Kube * Fotos; Dokumente, Zeichnungen und kurze Texte über Annaberg und Umgebung


BEYER, Klaus (2004) * Der Uranerzbergbau der SAG / SDAG Wismut im Lagerstättenbereich Annaberg-Marienberg-Bärenstein-Niederschlag.

* Schriftenreihe der Traditionsstätte des Sächsisch-Thüringischen Uranbergbaues im Kulturhaus "Aktivist" in Schlema, Heft 14, Bad Schlema
* Inhalt entspricht i.w.S. der Wismutchronik, erweitert um einige Fotos, Skizzen und Textpassagen
PETRAK Andreas W. * "Fichtelbergbahn - Auf schmaler Spur von Cranzahl nach Kurort Oberwiesenthal " * Bildverlag Thomas Böttger * mehrere Bilder von Schachtanlagen des Bärensteiner/Niederschlager Bereichs Achtung, Bilder erst in 2. Auflage ( Augen auf beim Kauf )

LANGE, Rolf / * "Die Wismut in Marienberg" Band II * * Zeitzeugenberichte Martin Tost von Schacht 21bis und 116


SIEBER, S. * "Uran und Uranbergbau" Natur und Heimat * 6. Jg., H. 2, S. 40—44 Dresden 1957

SCHLEGEL und BERGNER "550 Jahre Bergbau in und um Bärenstein im Erzgebirge" * Informationsbröschüre der Gemeinde Bärenstein mit einem rührend formulierten und sehr informativen Bericht zu den Arbeiten der Schachtverwaltung 34 in Bärenstein. [FL]

 

Quellen und Literaturverweise

Tabellen mit den Tages- und Blindschächten wurden aus Daten von [L5] , [r2] und [L13]
zusammengestellt. 

Literaturverweise:

[L1] Wismut-Traditionsverein - Ans Licht Gebracht  - Wismut Kumpel erinnern sich :: 1993
[L2] Förderverein Pferdegöpel Johanngeorgenstadt - Frank Teller :: Umbruch Aufbruch Abbruch ... :: 2009
[L3] Institut für soziale Bewegungen -  Ralf Engeln :: Uransklaven oder Sonnensucher? :: 1998
[L4] BERGstraße - Joachim Reim :: FESTSCHRIFT zum 500-jährigem Jubiläum der Stadt Buchholz :: 2000
[L5] Wismut GmbH - Autorenkollektiv :: Chronik der Wismut (CD-ROM) :: 1999
[L6] EZV Bärenstein - G.Schlegel und W.Bergner :: 550 Jahre Bergbau in und um Bärenstein im Erzgebirge
[L7] Weisbachania Heft 26 - Stefan Kunze :: Der Himmlisch Heer Richtschacht in Cunersdorf bei Annaberg
[L8] Rudolf Lange :: Die Wismut in Marienberg :: 2007
[L9] Kirchheimer, Franz :: 1963 :: Das Uran und seine Geschichte :: S.63
[L10] Schiffner, Claus ::   :: SDAG Wismut „Auch anderenorts bemühte ...“ :: S.34ff
[L11] Druck- und Verlagsgesellschaft Marienberg - Beyer,Kaden,Raasch,Schuppan :: Wismut-Erz für den Frieden? :: 1995
[L12] Bergknappschaft Schlettau e.V. - Jürgen Ziller :: Schlettauer Bergleute erinnern sich :: 2006
[L13] Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie :: KUSCHKA :: Die Uranerz-Baryt-Fluorit-Lagerstätte Niederschlag bei Bärenstein und benachbarte Erzvorkommen
[L14] Roginskij, Arsenij "Erschossen in Moskau": Die deutschen Opfer des Stalinismus auf dem Moskauer Friedhof Donskoje 1950-1953 S. 144

Verweise Internet

[i1] http://de.wikipedia.org/wiki/Bedingungslose_Kapitulation#Japan_.E2.80.93_September_1945
[i2] http://de.wikipedia.org/wiki/Alliierter_Kontrollrat#Konstituierung
[i3] http://de.wikipedia.org/wiki/Uran#Geschichte
[i4] http://de.wikipedia.org/wiki/Marie_Curie
[i5] http://de.wikipedia.org/wiki/Antoine_Henri_Becquerel
[i6] http://de.wikipedia.org/wiki/Reparationen
[i7] http://de.wikipedia.org/wiki/Sowjetisches_Atombombenprojekt#Z.C3.BCndung_der_Bombe
[i8] https://www.faz.net/s/RubDDBDABB9457A437BAA85A49C26FB23A0/Doc~EC1F95D0E48AC408F829C9B248A307DEA~ATpl~Ecommon~Scontent.html
[i9] http://de.wikipedia.org/wiki/Rainer_Karlsch
[i10]http://de.wikipedia.org/wiki/Bikini-Atoll
[i11]http://forum.untertage.com/viewtopic.php?f=1&t=3524&start=24
[i12]http://www.merkur.tv/projekte_obninsk.pdf

Bildquellen:

[b1]  Lizenz: Creative Commons-Lizenz Attribution ShareAlike 2.5Bildquelle:Joachimsthal,Bohemia,Czechoslovakia Creative commons http://minerals.no-ip.com/Minerals/html/Pichblende1.html

Zeitzeugen:

[Z1] R.L. :: Frohnau :: Interview Februar 2008
[Z2] G.L. :: Annaberg - Buchholz :: Interview Winter 2009
[Z3] H.G. :: Sehma :: Interview Juli 2010
[Z4] Senin, Vladimir Dimitriwitsch :: Russland :: April 2011 :: Mit freundlicher Unterstützung Angrej Andrejew (Moskau - www.wismut.su)

Geologisches Achiv der Wismut GmbH

[a1] ZeBWis E.W. Stand: Juli 1995 ( überarbeitete Version )
[a2] "Bericht über geologische Erkundungsarbeiten im Objekt 4 vom Jahr 1947" Inv. Nr. M-59, Seiten 3/6 ff. und "Geologischer Tätigkeitsbericht der Jahre 1948-1949", Inv. Nr. M-25, Band II, Seiten 325-365

[a3] Archiv Rolf Lange / Drehbach Ortsteil Spinnerei (Mit freundlicher Genehmigung)

Risswerk

[r1] Schnick: Grund-Riß von dem Berggebäude Drei König Stolln nebst einen Teil von Gottvertrauen Fdgr. - 1809, nachgetragen bis 1838,SächsBergAFg, Fisk. Erz, III.D.i.1
[r2] Übersichtsrisse der Wismut GmbH :: Frohnau und Annaberg :: nicht näher benannt

Unterstützende Zuarbeit und Mitwirkung

[u1] Verein Altbergbau "Markus-Röhling-Stolln" Frohnau e.V. Vorsitz: M. Schwan Mitwirkend: F. Seeliger
Korrekturlesung: der Foren - User UHG 

Autorenvermerk

{SK} -- Stefan Kunze
{FL} -- Frank Lange

 

Inhaltsverzeichnis

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Den Annaberger Bergbau erleben ...

Es gibt in der Stadt viele Plätze, wo man den Bergbau der Alten heute noch erleben kann. Die örtlichen Vereine pflegen liebevoll das Erbe jener Zeit. Hier sind einige zur Auswahl ...

Besucherbergwerk "Markus-Röhling-Stolln"

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