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Österreichische Untertageschmankerl
1996 & 1999

 

Editorial:

Seit Anfang 1997 war der folgende Bericht über die Jahresexkursion der Bergbauforschungsgruppe Roter Bär in das westliche Österreich auf der alten GAG - Seite abrufbar. Hier ist er wieder, leicht verändert und ergänzt. 1999 fand der 2. internationale montanhistorische Workshop in Bramberg statt, der durch die dortige montanhistorische Forschungsgurppe organisiert wurde. Auch hiervon liegt ein Bericht aus der Taste des Autors vor, der manch Ergänzung zu dem 1996 gesehenen und berichteten enthält. Thomas Krassmann, im Mai 2000

BERGKNAPPEN, GEISTERSPUK UND LOSTAGE 
Eine montanhistorische Exkursion durch Salzburg und Tirol vom 8.9 - 14.9.1996 Es ist schon fast gute Tradition geworden : Einmal im Jahr brechen die Mitglieder der Arbeitsgruppe Roter Bär aus ihrer Harzer Höhle auf und besuchen im Zuge eines montanhistorischen Seminares die Bärenhöhlen Gleichgesinnter. Und so war es auch in diesem Jahr. Nachdem lange Zeit sowohl Tirol wie auch das südliche Norwegen im Gespräch waren - beides montanhistorisch gleichermaßen interessante Gebiete - fuhren wir schließlich gen Süden. Wobei wir uns, um es gleich vorneweg zu sagen, ganz überwiegend im österreichischen Bundesland Salzburg und in Südtirol aufhielten, und nur en passant in Tirol. Dennoch war es auch diesmal eine erlebnisreiche Woche und ein Genuss, mal wieder einen ganz anderen und gerade deshalb umso interessanteren Bergbau kennenzulernen. Außer den alteingessessen Bären war diesmal auch ein neues Gesicht dabei, der Schreiber dieser Zeilen ist. Dieser hat leider (?) nicht in Clausthal, sondern in Göttingen studiert und dann auch noch nicht mal Bergbau, sondern "nur" Geologie. So mag dieser Bericht aus der Taste eines "Jungbären" vielleicht etwas anders klingen als der eines altgedienten Bergknappen. Am Vortag des Seminars - Samstag, dem 7.9.96 - trafen wir uns zunächst zum Arbeitseinsatz am Huthaus des "Unverhofften Glückes" in Sankt Andreasberg im schönen Oberharz und stellten hier in den Abendstunden das Betonfundament fertig. Anschließend verfügten wir uns in den Schwalbenherd, wo Wilfried Ließmann uns in Form eines kurzen Referates über das bevorstehende Seminar informierte (Abb.1). Nach frühen Aufbruch am nächsten Morgen wollten wir uns gegen Abend in Mühlbach bei Bramberg im Salzachtal treffen, wo wir von den dortigen Montanfreunden erwartet wurden.

Also geschah es. Am So, dem 8.9.96 krochen wir gegen 05:30 Uhr aus den Schlafsäcken heraus und kamen nach dem üblichen Hin und Her so gegen 7 Uhr tatsächlich los. Das montanhistorische Seminar 1996 der Forschungsgruppe "Roter Bär" hatte begonnen ! Da uns Konvoifahren bei den zu erwartetenden Autobahnverhältnissen wenig empfehlenswert erschien, schlug sich jedes Auto auf eigene Faust durch. Wir, d.h. Reinald Grüning und ich, fuhren dabei über Ulm und Innsbruck, um gleichsam von hinten her über den Gerlospaß hinweg nach Bramberg zu gelangen. Diese Route ist landschaftlich sehr reizvoll, aber zeitmäßig nicht besonders günstig, sodaß wir an den grandiosen Krimmler Wasserfällen vorbei als Schlußlichter das Tagesziel erreichten. 


Abb.1 : Geologische Übersichtskarte des westlichen Österreichs mit Eintragung der Lage der befahrenen Besucherbergwerke (große Punkte) (aus : KOSTELKA (1973))

 

Immerhin hatten wir feststellen können, daß der mit 1507 m recht hohe Gerlospaß, den wir auf unser weiteren Fahrt noch zu überqueren hatten, schon offen war.

Nach einer freundlichen Begrüssung der wohlbehalten Angelangten durch Manfred Strauss und Franz "dem Castner und Holzmeister" und anschließender Quartiervergabe im Haus gegenüber dem ehemaligen Bergamt trafen wir uns zu abendlicher Stunde im Restaurant Kirchner zur geselligen "Instruction oder Verhalt", wie in der eigens für uns gefertigten Programmbroschüre "für die Perkhmännl aus dem Hohen Norden" nachzulesen steht. Im Laufe dieser Instruktion wurde uns allen klar, wieviel Mühe sich der Museumsverein Heimatmuseum Bramberg - Abteilung Bergbauforschung bei der Programmgestaltung gegeben hatte. Ein herzliches Dankeschön dafür ! Am gleichen Abend hörten wir dann noch gebannt den Ausführungen von Klaus Lewandowski über das ehemalige Bergbaurevier Brenntalwald zu, das erstmalig 1425 erwähnt wird und seine Blütezeit im 17. - 18. Jahrhundert hatte. Neben Kupfererzen wurden hier insbesondere Vitriolerze gewonnen und in mehreren Siedehütten versotten. Insbesondere das hier gewonnene Kupfervitriol soll qualitativ ausgezeichnet gewesen und sich großer Beliebtheit erfreut haben. 1863 wurde der gesamte Bergbau stillgelegt und geriet seither - von geringfügigen Bemühungen um 1926 und nach 1945 abgesehen - fast völlig in Vergessenheit

Dieser Sachverhalt erinnert stark an das zu CANCRINUS Zeiten sehr bedeutsame Bielsteiner Kupferrevier bei Bad Sooden - Allendorf mit seinerzeit hochmodernen Wasserkünsten und zahlreichen Stollen, unter anderem einer solchen mit bleiernen Röhren, das nach seiner Stillegung völlig in Vergessenheit geriet und auch heute noch kaum untersucht ist.

Bis in den frühen Morgen hinein klirrten die Becher und jauchzten die Knappen...

 


 

Am nächsten Morgen, Mo, dem 10.9.96, ging es dennoch früh raus - allerdings nicht in den nahen Brenntalwald, sondern in das Revier Mühlbach am Hochkönig, wo ein nahezu ununterbrochener Kupfererzbergbau von der Keltenzeit um 1500 vor Christus bis 1976 überliefert ist. Gebaut wurde eine Vielzahl steilstehender Erzgänge, wobei nach wie vor diskutiert wird, ob es sich um hydrothermale Mineralisationen oder um ursprünglich synsedimentäre Erzanreicherungen handelt.

Wir fuhren zum hoch über der Talaue der Salzach gelegenen Arthurstollen, wo uns Herr Dr. Friedrich Moosleitner vom Institut für Frühgeschichte der Uni Salzburg erwartete. Der 1907 auf 5000 m Länge durch den gesamten Einödberg hindurch aufgefahrene Stollen diente zum Aufschluß der drei annähernd parallel streichenden Brander-, Burgschwaig- und Burgsteingangzüge. Zugleich diente er als Transportweg für die Erze aus dem eigentlichen Mühlbacher Revier, die via Arthurstollen und anschließender Drahtseilbahn nach Mitterberghütten zur Schmelze gebracht wurden. 1928 wurde für Hütte und Bergwerk ein Wasserkraftwerk auf Talniveau erbaut und der Stollen zur Überleitung von Wasser aus dem Mühlbacher Tal genutzt. Zu diesem Zwecke dient er auch heute noch.

Während des Stollenvortriebes wurden 1908 in mehr als 400 m Entfernung vom Mundloch bei einer Saigerteufe von mehr als 100 m prähistorische Abbaue gefunden, die gemeinhin als "keltisch" eingestuft werden. Diese gaben Anlaß zu einer umfangreichen archäologischen Untersuchung und Dokumentation, sodaß mittlerweile der auf 3700 Jahre datierte "Mühlbacher Keltenbergbau" in Form von Zeichnungen und Modellen in zahlreichen Museen vertreten ist.

Nach Besichtigung des in seinen Dimensionen beeindruckenden Wasserschlosses, einem am Stollenmundloch errichteten Rückstaubecken zur gleichmässigen Versorgung der im Tal liegenden Turbinen, fuhren wir in das eigentliche Mundloch ein. Dieses wurde in den letzten Jahren wieder freigelegt und restauriert. Der Arthurstollen selbst wird derzeit für Besucherführungen hergerichtet, die im Sommer 1997 beginnen sollen. Hierzu wurde mit erheblichen finanziellen Mitteln die teilweise brüchige Firste gesichert und zahlreiche Bergbauexponate im Stollen aufgestellt. Zu sehen gibt es unter anderem eine komplette Schüttelrutsche sowie das Füllort eines tonnlägigen Blindschachtes zur etwa 30 m tiefer liegenden Gesenksohle ). Höhepunkt der Führung waren zweifellos die "Keltenbaue" etwa 400 m vom Mundloch entfernt. Zwar sind sie größtenteils versetzt, aber sie dokumentieren doch in eindrucksvoller Weise den Wagemut unserer Altvorderen, die hier bei Kienspanbeleuchtung und engsten räumlichen Verhältnissen tief unter der Erde schürften.

Wir befuhren den Stollen auf etwa 1200 m bis in einen alten Maschinenraum, in dem der vornehmlich aus Kupferkies bestehende Erzgang gut aufgeschlossen ist. Mit maximal 50 cm Mächtigkeit und in stark linsig - absetziger Form ausgebildet war er sicherlich kein allzu rentables Abbauobjekt, was dann auch zu der relativ frühen Schließung dieses Revierteiles geführt hat. Aus einem Grubenhunt konnten auch noch ein paar schöne Erzbelege gesammelt werden. Der Arthurstollen selbst verläuft noch etwa 4000 m weiter bis ins Mühlbacher Tal und steht - der guten Bewetterung nach zu schließen - auch noch weitgehend offen.

Nach Ausfahrt und Mittagspause am Wasserschloß mit herrlichen Blick auf das Salzachtal und die dahinterliegenden Berge der Tauerngruppe fuhren wir nach Hüttau - Larzenbach, wo wir die ehemalige Kupfergrube besichtigten. Auch der Bergbau dieser nur kleinen Lagerstätte ist alt und seit dem 14. Jahrhundert belegt. Die Blütezeit der Kupferabbaus währte bis ins 17. Jahrhundert, eine erneute Abbauperiode von 1835 - 1869. In diesem Zeitraum wurde der untere - Georgstollen und der etwa 20 m darüber liegende obere - Barbarastollen aufgefahren, die über zahlreiche Rollöcher und Abbaue miteinander verbunden sind. Gewonnen wurde Kupferkies und antimonhaltiges Fahlerz in örtlich bis zu 3 m mächtigen Gängen.

Seit 1990 wird dieses Bergwerk durch eine Arbeitsgruppe um Rainer Mrazec wieder aufgewältigt, wobei hervorzuheben ist, daß es sich in diesem Fall - im Gegensatz zum Arthurstollen oder dem noch zu beschreibenden Bergwerk "Hochfeld" - um eine reine Privatinitiative ohne staatliche oder sonstige Zuschüsse handelt. Eine Situation also ganz ähnlich jener am Roten Bären.

Umso bemerkenswerter ist es, wieviel bereits durch die montanhistorische Arbeitsgruppe Larzenbach erreicht worden ist. Rainer Mrazec, der die Führung selbst leitete, berichtete von den anfänglichen Schwierigkeiten bei der Stollensuche und den schwierigen Ausbau der ersten Meter. Dies scheint bei der Aufwältigung alpiner Bergbaue ein Hauptproblem zu sein, da sich vor die im Festgestein meist gut erhaltenen Stollensysteme erhebliche Hangrutschmassen legen. Gelegentliche wassergesättigte Schlammlawinen, sogenannte Muren, können dabei die Stollen mitsamt den davor liegenden Halden so gründlich verschütten (vermuren), daß morphologisch praktisch nichts mehr auf ihr einstiges Vorhandensein im Gelände hindeutet. Auch der Mundlochbereich vieler Stollen stand in den lockeren Hangschuttmassen oft über längere Strecken im Holzausbau, sodaß dieser bereits wenige Jahrzehnte nach der Stillegung auf weite Strecken zusammenbrach. Probleme also, wie man sie in deutschen Montanrevieren beim Aufgraben von Stollenmundlöchern nur selten vorfindet.

Die Führung durch das Larzenbacher Kupferbergwerk gestaltete sich ausnehmend interessant, gibt es doch hier auch heute noch anstehende Kupfer - Antimonfahlerze in großer Mächtigkeit und beeindruckender Ausbildung zu sehen. Selbst am Ausgehenden der Lagerstätte, nur wenige Meter vom Mundloch des Barbarastollens entfernt findet sich noch ein anstehender, mächtiger Erzgang. Ganz erstaunlich, daß dieser nicht von den Alten gebaut wurde und somit ein geologisch - lagerstättenkundliches Naturdenkmal allerersten Ranges. Auch ansonsten bestach das Bergwerk durch seine sehr abwechslungsreiche Führungsroute mit handgeschlägelten Strecken, Gesenken, Aufhauen und Weitungen, in denen häufig neben den bereits erwähnten großartigen Erzaufschlüssen bunte Kupfersinter beeindruckten. Und schließlich tat auch Rainer Mrazec das Seine dazu, durch eine gleichermaßen niveauvolle wie tolerante (wir durften nach Herzenslust nach Erzproben im Haufwerk klopfen) Führung die Befahrung zu einem besonderen Erlebnis werden zu lassen. Für mich als Geologen sicherlich eines der Höhepunkte dieser Exkursion.

Nach einem standesgemäßen Steigerschnaps alias Grubenbitter vor dem Mundloch verabschiedeten wir uns herzlich von Rainer Mrazec und kehrten nach diesem ersten erlebnisreichen Seminartag ins Quartier nach Mühlbach zurück, um hier einem abendlichen Vortrag über den Nationalpark Hohe Tauern zu lauschen. Der gelungene Vortrag einer hauptberuflichen Nationalpark - Rangerin stellte neben einigen lokalen Bieren den würdigen Abschluß dieses Tages dar.

 



Am zweiten Seminartag, Di, dem 11.9.96 wurde es allmählich alpin. Ziel war das Untersulzbachtal, daß mit der sogenannten Knappenwand als Mineralfundstelle für große, sehr ästhetische Epidotkristalle weltbekannt wurde. In seiner mineralogischen Bedeutung steht die Knappenwand dabei in keiner Weise St. Andreasberg nach. So hatten auch wir später Gelegenheit, uns einige prächtige Epidotstufen im Heimatmuseum Bramberg anzuschauen. Umso bedauerlicher, daß wir keine Zeit mehr fanden, uns den den hier umgegangenen Epidotbergbau direkt anzuschauen.

 

Der Name Knappenwand läßt schon auf Bergbau schließen und tatsächlich gab es am Fuße der Knappenwand einen nachhaltigen Kupferbergbau. Diese Hochfeld - Vererzung und das vor wenigen Monaten neu eröffnete Besucherbergwerk war unser Ziel. Wir parkten am Gasthof Schiedshof und schnürten zum erstenmal unsere Bergstiefel. Sodann ging es auf dem alten Knappensteig am eindrucksvollen Untersulzbachfall vorbei zum Hochfeld empor. Hier am Hieronymus Erbstollen auf 1050 m Seehöhe wurden wir in der nahen Hütte schon von kundigen Führern erwartet. Leider hatte man uns zuvor versichert, daß es a) völlig sauber in dem Bergwerk sei und man daher auf spezielle Kleidung getrost verzichten könne und b) alles prima ausgeleuchtet sei, sodaß auch kein Bedarf für individuelles Geleucht bestehe. So informiert, verzichteten etliche Mitstreiter auf die genannten Utensilien und mußten später häufig im Dunkeln stehen. Und auch so sauber wie angekündigt war es keineswegs und mancher Ockerfleck fand seinen Weg auf die Bekleidung...

Die Befahrung selbst war eine bemerkenswerte und lehrreiche. Die Grube wurde zuerst um 1525 urkundlich erwähnt und wurde von zahlreichen unterschiedlichen Gewerken und seit 1805 vom österreichischen Staat betrieben, wobei der mit Unterbrechungen von 1525 - 1857 betriebene Abbau mit Zeiten des Niedergangs wechselte. 1857 wurde der ärarische Bergbau endgültig eingestellt. Zu erwähnen ist noch das Geschick eines Privatunternehmers, der am Ende des zweiten Weltkrieges für seinen Besitzverlust in der sowjetisch besetzten Zone entschädigt werden sollte. Er hatte die Wahl zwischen einem Hotelbetrieb an einem Alpensee und der Kupfergrube im Hochfeld. Der wenig glückhafte Mensch zog die Kupfergrube vor und verlor hier mit vergeblichen Untersuchungsarbeiten bis 1954 den Rest seines Vermögens.

Nachdem wir uns in zwei Gruppen geteilt hatten, fuhren wir ein. Gleich hinter den hübsch gestalteten Mundloch zieht sich der Hieronymusstollen leicht geschlängelt durch 136 m Hangrutschmassen, die seit 1990 mit großer Anstrengung zunächst in privater Initiative, dann mit starker finanzieller Beteiligung der Gemeinde Neukirchen und des &oulm;sterreichischen Nationalparkfonds wieder aufgewältigt wurden (Abb. 3). An vielen Stellen tropft das Wasser aus der holzverzimmerten Firste - eine der wenigen nassen Stellen, die wir während der Woche im Bergbau sahen. Wie wir immer wieder feststellen konnten, sind die meisten alpinen Gruben trotz reichlicher Niederschläge und großer Schmelzwasseranfälle erstaunlich trocken - weit trockener jedenfalls als die Harzer Durchschnittsgrube.

Auf die Frage, warum man hier denn den nicht sonderlich lange standhaften Holzausbau gewählt hatte, bekamen wir uns allen Neues über die Lostage zu hören. Holz, so hieß es, schlage man nicht irgendwann, sondern an bestimmten Tagen - eben den Lostagen. Und entsprechend der Schlagzeit hätte das Holz dann ganz unterschiedliche Eigenschaften, sei zum Beispiel praktisch unbrennbar oder besonders hart oder aber, wie hier, als Grubenholz besonders lange standfest. Die zum Holzeinschlag günstigen Lostage richteten sich nach dem Lauf des Mondes und der Gestirne, den Jahreszeiten und nach manch anderen Dingen, die aber nur der Eingeweihte kenne.

Das es Lostage in der Wetterkunde geben soll (z.B. Siebenschläfer oder St. Medardustag) ist einigermaßen bekannt, daß diese oder andere Lostage aber auch einen ganz entscheidenden Einfluß auf die Holzeigenschaften haben, war neu und verdient erwähnt zu werden.

Nun, in Österreich hält man anscheinend viel von dieser Methode und es wäre interessant, zu recherchieren, ob es ähnliche Bräuche auch im Harzer Bergbau gegeben hat (oder vielleicht in der Forst sogar heute noch gibt).

Durch das Festgestein mit schön gefalteten Glimmerschiefer - Gneis Wechsellagerungen ging es dann weitere 259 m zum Gesenk mit einer interessanten, "um die Ecke" gebauten Fördermaschine, wo wir einen Blick auf die Tiefbausohle warfen. Hierbei durften wir auch den frisch verzimmerten Schrägschacht herabklettern und hier den sehr schön aufgeschlossenen Erzgang in Augenschein nehmen. Der etwa 30 cm mächtige, schräg einfallende Gang gehört zum Typus der "stratiformen Kiesvererzungen in Grüngesteinen". Dabei ist der Erzgang kein Gang im eigentlichen Sinne, sondern eine Art mit Kupferkies imprägnierter Biotitschieferlage. Durch die teils bräunliche, teils goldige Verwitterungsfarbe hebt er sich hervorragend und farbenprächtig vom umgebenenden hellen Gneis ab.

Wieder auf der Hauptstollensohle angekommen, fuhren wir gen Westen unter dem Untersulzbach hindurch und dann im Gang über zahlreiche neue Fahrteneinbauten auf das Martinstolleniveau herauf. Hinter einem Gitter soll man hier in Bereiche kommen, wo Kupferdrähte aus der Wand wachsen sollen - ein Anblick, der uns aber leider nicht vergönnt war.

Nach der Ausfahrt über den Martinstollen mit einer schwankenden Drahtseilbrücke über die schäumende Aache hinweg besichtigten wir noch die wieder hergerichtete Bergschmiede und das Haspelhäuschen auf dem ebenfalls neu ausgebauten Richtschacht. Fotos wurden gemacht und noch reichlich über den mit 2 - 3 Millionen Mark aufwendigen Ausbaus dieses doch sehr abgelegenen Besucherbergwerkes diskutiert. Aber man ist hier guter Dinge, daß trotz 1 stündigen strammen Fußmarsches hier genug Besucher hinkommen werden. Schließlich sei man hier in Österreich und die Leute das Bergwandern gewohnt.

Nach einer deftigen Brotzeit in der "Zechenkaue" war es dann Zeit für den Rückweg, auf dem noch reichlich versucht wurde, den Untersulzbachtal zu konterfeien.

Auch an diesem Tag stand noch ein zweites Bergwerk auf dem Programm: die Grube Kupferplatte in der Nähe von Kitzbühel. Dieses Besucherbergwerk verdankt seine Entstehung einem ganz merkwürdigen Anlass, die unlösbar mit dem Namen Grander verbunden ist. Herr Grander nämlich, so entnehmen wir seiner Firmenbroschüre, kam nach langen Forschungen über Wasser zu überraschenden Schlüssen. So ist das heutige Grund- und Trinkwasser durch die bekannten Umwelteinflüsse ein totes Wasser, d.h. sein segensreicher natürlicher Informationsgehalt ist verloren gegangen. Es kann jedoch mittels eines von Herrn Grander entwickelten Universalbelebers wiederbelebt werden und vermag dann Erstaunliches zu leisten, z.B. die Gefährlichkeit von Schadstoffen im Wasser zu lindern, die Haltbarkeit des Wassers positiv zu beeinflussen oder durch das Wasser das Gleichgewicht und Wohlbefinden im menschlichen und tierischen Organismus zu verbessern. Das so belebte Wasser wird dann flaschenweise abgefüllt und verkauft. Mehr als das, vermochte Herr Grander dank seines Universalbelebers auch den Dieselverbrauch der chinesischen Eisenbahnen um 6 % (!) zu senken und ähnlich Erstaunliches mehr.

Diese Ausführungen sind hier nur deshalb so interessant, weil das für den konservativen Absolventen der Clausthaler oder Göttinger Hochschulen nicht ganz nachvollziehbare Verfahren unbedingt notwendige Rohwasser aus einem Stollen fliesst. Und dieser Stollen eines ehemals bedeutenden Kupfererzbergbaus wurde seit 1989 als Besucherbergwerk durch die Firma INNUTEC hergerichtet. Und zwar mit ganz besonderem Engagement und Enthusiasmus. So stellt man eigens Mitarbeiter des Betriebes frei und schickt diese auf Hauerlehrgänge an der Bergschule Leoben, damit sie ihrer Aufgabe bei der Herichtung des Bergwerkes gerecht werden können. Und auch der Zechenvorplatz mit seinen zahlreichen Großgeräten und dem Wagenpark macht einem professionellen Bergbauunternehmen alle Ehre.

Das Bergwerk Kupferplatte selbst wird erstmals 1447 erwähnt und hatte - wie auch fast alle anderen in diesem Bericht erwähnten Bergbaue - seine Blütezeit vom 16. - 18. Jahrhundert. Seit 1750 wurde hier bereits Bohr- und Schießtechnik eingesetzt. Der gesamte Bergbau fand dabei fast ausschließlich oberhalb des Erbstollens über Talniveau statt, erst 1915 kam es zur Anlage eines Blindschachtes zur Erschliessung der Teufe. Obwohl 1922 der Untertagebetrieb noch auf Elektrizität und Pressluft umgestellt wurde, mußte die Grube, bedingt durch die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise, am 31.Juli 1926 schließen. Eine nochmalige Bewertung im Jahre 1938 wies zwar beträchtliche Vorräte nach, führte jedoch nicht mehr zur Wiederinbetriebnahme.

Die Vererzung selbst besteht vorwiegend aus Kupferkies, Pyrit, Markasit und Fahlerz, die Gangart aus Quarz mit wenig Ankerit. Bemerkenswert ist das Vorkommen zahlreicher Oxydationsmineralien, so wurden u.a. auch die ansonsten recht seltenen Minerale Botryogen, Brochantit, Devillin und Langit gefunden. Die Entstehung der Lagerstätte ist vermutlich hydrothermal, obwohl nähere Untersuchungen bisher nicht vorliegen.

Wir fuhren mit dem Zug 500 m in den Stollen ein und wurden hier von einer bunten Lichtwoge und einer Stimme empfangen, die uns Perchmännlein im hallenden Baß begrüßte. Man geht mit der Zeit und ist gerade dabei, die Grube optoakustisch nachzurüsten. Die Stimme wies auf eine Inschrift in der schön handgeschlägelten Stollenulme (= östereichisch für Wange) hin. Hier war unter Schlägel und Eisen die Jahreszahl 1653 zu sehen, und gleich darunter noch einmal selbige Zahl in Spiegelschrift !. Dabei handelt es sich, wie wir von der Baßstimme aufgeklärt hatte, um ein Werk des Geisterglaubens. Brauchten so die Berggeister doch nicht extra aus dem Felsgestein herauszutreten, wenn sie die Jahreszahl lesen wollten. Ausgesprochen pfiffig ausgedacht von den Alten !!

Aus dem Zug heraus, befuhren wir den Stollen bis in den erst jüngst wieder aufgewältigten Bereich, wo man gerade kräftig dabei ist, neue Gleise zu verlegen. Vorbei an einem abgesoffenen Blindschacht mit heute leerer Maschinenkammer kamen wir zu einem verbrochenen Aufhauen, in dem reichlich grüne Sekundärminerale zu bewundern waren. Von hier aus will man sich auf die nächst höhere Sohle heraufarbeiten. Auf der Rückfahrt kamen wir dann abermals in den Genuß des neu eingebauten optoakustischen Spektakulums. Zu sehen waren unter anderem die verschiedenen Abbauverfahren vom Feuersetzen des Altertums mit nachempfundenem knisterndem Holzfeuer bis hin zur Simulation einer neuzeitlichen Sprengung, die nach zweimaligen Blasen mit erheblichen Getöse vonstatten geht. All dies vollelektronisch und beliebig häufig reproduzierbar. Man muß aber betonen, daß diese Mineshow - um ein "schönes" neudeutsches Wort zu gebrauchen - fachlich durchaus kompetent aufgebaut ist und dadurch zu bestechen vermag. Uns allen hat es wohl trotz der vielen Elektronik gut gefallen.

Zum Abschluß der Tour erfuhren wir noch, warum der Grubenhunt Hunt heißt. Und zwar deshalb, weil in den engen mittelalterlichen Strecken und Stollen Hunde zum Ziehen der Förderwagen eingesetzt wurden ! Wieder mal eine neue Erklärung für eine häufig gestellte Frage. Nach der Ausfahrt durften wir uns noch das Betriebsgelände anschauen und fanden hier eine reiche Auswahl unterschiedlichster Grubenloks und Hunte vor. Anschließend saßen wir noch etliche Zeit in der Grubenverwaltung zusammen und fachsimpelten, bis es Zeit wurde, nach Bramberg zurückzufahren. Insgesamt gesehen eine sehr interessante und freundliche Befahrung eines Besucherbergwerkes mit einem ganz ungewöhnlichen Finanzierungskonzept. Herzlichen Dank dafür.

Am Abend gab es dann noch einen weiteren montanhistorischen Programmpunkt. Klaus Lewandowski, der Leiter der Bergbauforschungsgruppe Bramberg, informierte mit einer Diashow über die aktuellen Forschungen seiner Gruppe und bereitete uns auf die morgendliche Exkursion vor.

 


 

Gleich nach dem Frühstück teilten wir uns am nächsten Morgen, Mittwoch, dem 11.9.96 in zwei Gruppen, von denen eine aus Lahmen und Fußkranken bestand. Dieser Gruppe war es beschieden, auf den Berg zu fahren und von den dort geparkten Autos aus herabzulaufen, während die rüstigere Aufsteigergruppe den Weg bergan beschritt, um die Autos dort abzuholen. Berichterstatter gehörte zur letzteren Gruppe, in der zunächst das Kalte Grübl auf 950 m über NN befahren wurde, einer jener Stollen, die vornehmlich dem einst blühenden Vitriolabbau im Brennwaldrevier dienten. Genauer gesagt, sollte dieser Stollen die höher angesetzten Stollen unterfahren, um zu erkunden, ob und wieweit das Erzlager in die Tiefe reicht. Kurz nach dem 2. Weltkrieg wurde in diesem Stollen dann nochmal Ocker gewonnen, wobei der Stollen in seiner vorderen Hälfte nachgerissen wurde. Wir bewunderten das von der Bergbauforschungsgruppe Bramberg wirklich hübsch rekonstruierte Mundloch und fuhren frohen Mutes in den im teilweise verkarsteten Veitslehener Marmorzug aufgefahrenen Stollen ein. Nach einem scharfen Knick mit einem kleineren Suchort erreichten wir nach 270 m das vorläufige Ende des befahrbaren Teiles. Von hier aus zieht der originale Stollen zwar offen weiter, ist jedoch bis fast zur Firste verockert. Man kann aber noch gut 50 m hineinschauen. Franz meinte, in den letzten Monaten wäre schon viel Ocker herausgeschwemmt worden, sodaß man demnächst wohl eine Befahrung versuchen könne. Schwierig ist dabei wohl besonders, eine geeignete Wendestelle zum Umkehren in dem engen Stollenprofil zu finden.

Vom Kalten Grübl gings zunächst durch den zeitweise im Abbau stehenden Mühlbacher Steinbruch zurück zu den Autos und nach kurzer Fahrt auf Schusters Rappen steil bergan. Zahlreiche verbrochene Stollenmundlöcher folgten, bis wir unterhalb einer steilen Felswand am Luciastollen in 1120 m über NN anlangten. Hier trafen wir auch die fußlahmen Absteiger wieder, die schon kräftig vesperten. Der Stollen selbst ist theoretisch über 1750 m lang und hat über etwa 40 Schächte und Rollen Verbindung zu zahlreichen weiteren Stollen und Abbauen. Leider aber nur theoretisch, da die mit viel Mühe vorangetriebene Aufwältigung durch die Bergbauforschungsgruppe Bramberg immer wieder durch nachrutschende Glimmerschiefermassen ins Stocken gerät. Derzeit sind etwa 30 m befahrbar. An diesem Stollen wurde deutlich, wie schwierig die Aufwältigung solcher Stollen in dem unwegsamen und steilen Gehänge ist, muß doch jedes Stück Ausrüstung hier hoch getragen werden. Die Stempelhölzer indessen werden am Orte selbst durch den bereits eingangs erwähnten Franz, dem "Castner und Holzmeister" geschlagen und entastet. Auch dies ein tüchtiges Stück Arbeit, vor der wir im Vorbeiklettern den Hut zogen.

Höhepunkt der Befahrung des Brenntaler Revieres war "Unsere liebe Frau" auf 1231 m Höhe, eine der wenigene Stollen des Revieres, die bei den Forschungsarbeiten der Bramberger offen vorgefunden wurden. Die liebe Frau erwies sich aber als recht dreckig, speziell in ihrem hinteren Teil. Hier wurden wir einmal mehr mit reichlich Ocker konfrontiert, weshalb uns schon eingangs empfohlen worden war, unbedingt ockerfeste Kleidung mitzunehmen. In der Tat ein nützlicher Rat ! Ganz hinten in der recht engen lieben Frau wurde es dann noch einmal hübsch bunt. Verschiedene Kupfersekundärminerale in blauen und grünen Farben schmückten die Firste und Eisenocker ließ die Wangen (= in diesem Falle Stollenwände) der lieben Frau erröten....

Nachdem wir unseren Sammlertrieb durch Mitnahme einiger blaugrüner Lupenkristalle (wohl im wesentlichen Azurit und Malachit) befriedigt hatten, fuhren auch wir errötet wieder aus und befreiten uns im nahen Bach von all dem Ockerschlamm. Dann setzten wir zum Endspurt an und erreichten nach kurzem Marsch unsere Autos auf etwa 1300 m Seehöhe. Am späteren Nachmittag stand dann noch das Heimatmuseum Bramberg auf dem Programm, in dem zur Zeit eine Sonderausstellung über alpine Minerale gezeigt wurde. Tatsächlich ließen sich hier phantastische Stufen von Smaragd aus dem Habachtal, Epidotkristalle bis 20 cm von der Knappenwand, Sphen und Adular, Granat, Bergkristall und Scheelit und andere mehr bewundern. Eine reiche Auswahl alpiner Mineralschätze, die sich hier ein Stelldichein geben. Sehr lohnend.

Auch der Rest des Museums, durch das wir dankenswerterweise von Herrn Professor Hans Hönigschmid geführt wurden, entpuppte sich als lokales Kleinod, das mit viel Liebe gestaltet worden ist. Nur gerade für die Bergbauabteilung schien uns eine Neubearbeitung notwendig, da die ausgestellten Schautafeln doch zahlreiche Fehler und Ungenauigkeiten bargen. Aber da wird sich in nächster Zukunft wohl einiges tun, wie uns Klaus Lewandowski verriet. Zum Schluß der Führung wurden wir dann noch richtig verwöhnt, in dem einem jeden von uns verschiedene Schriften des Bodeverlages kostenfrei verehrt wurden. Mit einem herzlichen Glück Auf bedankten wir uns und verließen die ebeson sehenswerte wie gastfreundliche Stätte.

Die Stunde des Abschiedes von den Brambergern rückte näher, doch noch stand der Abend bevor. Wilfried Ließmann hatte zu einem Vortrag über den Harz und seinen Bergbau ins Hotel Kirchner geladen. Und etliche der vorgenannten Grubenführer und montanistischen Adepten waren dem Ruf gefolgt. So konnte Wilfried vor fast vollem Saal den Harzer Bergbau auf- und hochleben lassen. Bis tief in die Nacht wurde dann noch diskutiert und um Mitternacht wurden die staunenden Gäste sowie ein mit diesen Bräuchen auch nicht vertrauter Ex - Göttinger Geologiestudent Zeuge des Clausthaler Mitternachtrufes wurde, in der Bocki in wohlgesetzten Worten die Mächte des Berges heraufbeschwor.

 



Am nächsten Morgen, Donnerstag, dem 12.9.96, hieß es dann endgültig Abschied nehmen und nach vielen schönen Worten des Dankes und der guten Wünsche kamen wir nach einer guten halben Stunde auch tatsächlich los. Nein, ganz im Ernst : Die Bramberger Bergbauforschungsgruppe hat sich sehr viel Zeit für uns genommen und uns einige ebenso ereignisreiche wie unvergessliche Tage beschert. Dafür ein ganz herzliches GLÜCK AUF ! Möge Barbara und alle guten Berggeister ihren Forschungen wohlgesonnen sein und mögen wir uns in nicht allzu langer Zukunft einmal wiedersehen...

 

Die Fahrt ging über den Gerlospaß hinweg ins Zillertal nach Tirol und hier nach Schwaz. Dieses Kupfer - Silberbergbaurevier ist bekanntlich eines der bedeutendsten des Mittelalters und nimmt für sich in Anspruch, die Mutter aller Bergwerke zu sein !

Ein paar Sätze zur Geologie und zur Bergbaugeschichte dieses Revieres (Abb. 2). Das genetisch höchst komplexe Lagerstättenareal, man unterscheidet etwa 20 verschiedene Vererzungstypen, verdankt seine Bedeutung insbesondere den reichen Silbererzkonzentrationen. Dieses wiederum ist an Fahlerze gebunden, also an hier besonders silberreiche (etwa 0,5 %) Kupfer - Arsensulfide, bzw. Kupfer - Antimonsulfide der Mischreihe Tetraedrit - Tennantit. Der für Schwaz angeblich typische Schwazit, ein besonders quecksilberreiches Fahlerz, tritt dagegen nur lokal in größeren Anreicherungen auf.


Abb. 2: Schematische Darstellung der Geologie und der Erzlagerstätten im Revier Schwaz

In Schwaz sind die den Dolomit durchsetzenden Vererzungen häufig monomineralisch ausgebildet, also entweder Fahlerz oder aber Kupferkies, bzw. ein anderes Erzmineral wie zuweilen reichlich Zinnober oder Kobalt/Nickelarsenide. Berühmt wurde Schwaz auch wegen seiner gelegentlich anzutreffenden schön ausgebildeten Gangarten, wobei insbesondere der in schönen Kristallgarben vorkommende Aragonit (hier Igloit genannt) hervorzuheben ist. Schließlich ist Schwaz auch für Prachtstufen einiger Sekundärminerale bekannt geworden, so für Malachit (häufig in eigenartigen Locken und Spiralen) und Azurit und als Locus typicus für das Calcium - Kupferarsenat Tirolit.

Was für Goslar der Ritter Ram und sein Pferd, ist für Schwaz die Magd Gertrud Kandlerin und ihr Stier, der auf der Weide mit seinen Hörnern das Silbererz erschürfte. So angeblich geschehen im Jahre des Herrn 1409, also etwa 450 Jahre nach der gleichfalls sagenhaften Entdeckung des Rammelsberges. Wie man es auch dreht, die "Mutter aller Bergwerke" kann Schwaz somit nicht sein...

Dennoch führte die unverhoffte Entdeckung der Kandlerin zu einem lauten Perchgeschreyh und "viel fremdes Bergvolk" zog es nach Schwaz. Binnen weniger Jahre stand der Bergbau hier und in der Umgebung in voller Blüte. Etwa 30 mehr oder minder unabhängiger Reviere wurden erschlossen, von denen noch heute jedes, soweit zugänglich, über eine stattliche untertägige Ausdehnung verfügt. Neben dem Revier Falkenstein gelangten dabei auch andere Reviere wie Ringgenwechsel oberhalb Jenbach, Klein - und Großkogel bei St. Gertraudi, der Silberberg bei Geyer und die Eisensteinreviere Schwazer Eisenstein und Schwader Eisenstein große Bedeutung. Die stets hervorgehobene Silbererzproduktion von Schwaz, war dabei aber mit "nur" 3000 Tonnen während des Zeitraumes 1420 - 1957 offensichtlich weit geringer als häufig angenommen. Weisen doch etwa das böhmische Pribram mit 3837 Tonnen oder das Freiberger Revier mit 5500 Tonnen weit höhere Produktionszahlen auf (alle Zahlen nach HANNEBERG & SCHUSTER 1994, vgl. Literaturliste). Dennoch war Schwaz zumindestens zeitweise eines der großen Bergbauzentren Europas und wies im ausgehenden 15. Jahrhundert auch die mit Abstand größte Silberproduktion auf.

Die Geschichte der Schwazer Reviere ist, wie häufig bei größeren Bergrevieren, durch Blütezeiten und Zeiten des Verfalls gekennzeichnet. Bereits 1556 wurde hier das durch seine zeitgenössischen Farbdarstellungen hoch-berühmt gewordene Schwazer Bergbuch verfasst, gleichsam als Werbeschrift für bergbauwillige Gewerken. Somit muß schon damals der Bergbau deutlich zurückgegangen sein, was sicherlich auch an den kurz zuvor entdeckten reichen Silbererzvorkommen Südamerikas lag. Das Schwazer Bergbuch erreichte seinen eigentlichen Zweck jedoch nicht, sondern der Verfall der Bergwerke setzte sich fort und erreichte in der Mitte des 17. Jahrhunderts einen Tiefstand. Unter staatlicher Leitung wurde der Betrieb in einigen Teilrevieren weitergeführt, bis es 1854 zur Gründung des Schwazer Bergwerksvereines kam, der den Bergbau bis 1945 betrieb. Nach dem 2.ten Weltkrieg wurde dann zunächst noch, abermals unter staatlicher Leitung, die Erzgewinnung bis 1957 fortgesetzt. Seit diesem Jahr wird unter der Regie der Montanwerke Brixlegg mit kleiner Belegschaft im Untertagebetrieb Dolomit zur Schottergewinnung abgebaut. Zur Zeit werden mit etwa 14 Bergleuten jährlich 120.000 Tonnen Dolomit gefördert.

In den letzten Jahren fanden am Falkenstein und am Großkogel durch die Montanwerke Brixlegg umfangreiche Explorationsarbeiten auf Baryt und Fahlerz statt. Hierbei fand 1988 ein Probeabbau des Schwerspates am Großkogel statt. Darüberhinaus hat man große unverritzte Fahlerzreserven unterhalb des Wilhelmstollens nachweisen können. Wie verschiedene andere jüngere Explorationsprojekte in Österreich - genannt seien hier die Antimonerze von Stadtschlaining im Burgenland oder die Lithiumerze der Koralpe - wurde jedoch auch hier die Produktion bisher nicht aufgenommen.

Nach etlichen Hin und Her und mehreren Staus infolge (fremder) Verkehrsunfällen trafen die Roten Bären wohlbehalten, wenn auch reichlich verspätet, in Schwaz ein. Frohgemut liefen wir zum "Zechenhaus" herüber, wo wir sogleich von den Volksmassen förmlich erschlagen wurden. Soviel Betrieb hatten wir noch nie in einem Besucherbergwerk erlebt ! Kein Wunder, zählt man doch hier 150.000 Besucher im Jahr. Zunächst war es schwierig, überhaupt jemanden zu finden, der sich zuständig für uns fühlte, dann wurde bedauert, daß wir wegen unserer Verspätung nun leider nur eine ganz normale Touristenführung mitmachen durften. Naja, besser als gar nichts, legt man hier doch auf einen reibungslosen Ablauf des Besucherstromes großen Wert. So zogen wir uns um und gesellten uns in voller Montur zur sichtlich schockiert schauenden Gruppe, die als nächstes einfahren wollte. Man bestieg gemeinsam, dicht aneinander gequetscht, einen Grubenzug mit etwa 1 m Gesamtbreite und fuhr guten Mutes in den bereits 1491 - 1517 auf 2350 m Länge aufgefahrenen Sigismund oder Siegmund Erbstollen ein. Dieser führt heute noch rund 1000 m in kurviger Linienführung in den Berg hinein. Unterwegs bekommt man schon manchen Sinter geboten und auch von oben tropft es stellenweise gehörig. Aufpassen sollte man aber dennoch, sonst geraten die Knie in unsanften Kontakt mit den Stollenwänden. Bei 1000 m ist Endstation und man verläßt etwas steif geworden die unbequemen Sitze. Gleich darauf wird man von einer volltönenden Stimme aus der Konserve mit einem fröhlichen Glück Auf empfangen. Während die normalen Touristen alsbald entschwanden, durften wir uns dankenswerterweise etwas gründlicher umschauen. Nach etlichen Stollenmetern erreichten wir so die berühmten Schwazer Radstuben, in der bereits 1554 durch Bergmeister Lasser die seinerzeit hochmoderne Wasserkunst eingebaut wurde. Diese war auch dringend nötig, hatte man doch zuvor allein zur Wasserhaltung in dem 235 m tiefen Schacht 600 (!) Wasserknechte benötigt.

Leider steht die Radstube heute leer und von den einstigen beeindruckenden Wasserraddimensionen ist nicht mehr viel zu erblicken. Schade eigentlich, hier wäre ein Nachbau sicherlich lohnenswert und würde sich angesichts der Volkesmassen auch gewiß rentieren. Dafür wurde uns der besagte Falkensteiner Schacht vorgeführt, der abgedeckelt in die Teufe führt. Um die Tiefe jedermann zu verdeutlichen, wurden im abgesoffenen Schacht an den Kanten Glühlampen installiert, die die Teufe effektvoll betonen. So weit, so gut. Stutzig wurden wir erst, als der Schreiber dieser Zeilen seine Taschenlampe zu Hilfe nahm, um den Schacht noch etwas genauer auszuleuchten. Da warf plötzlich die Taschenlampe ihren Schein vielfach reflektierend zurück. Erstaunte Gesichter ! Wie das ? Die Lösung des Rätsels verriet uns unser Führer : Der ehemals tatsächlich hier befindliche Schacht ist lange verfüllt. Um ihn mit geringen Aufwand dennoch optisch eindrucksvoll vorführen zu können, hat man einen Holzkasten mit Lampen an jeder Ecke und einem Spiegel an der Unterseite gebaut. Durch die ebenfalls teils getönte, teils reflektierende Oberscheibe wird nun der Eindruck eines fast grundlosen abgesoffenen Schachtes erreicht. Nicht gerade original, aber gewiß fÆr den bergfremdem Besucher sehr beeindruckend....

Auch an anderen Stellen herrschte leider mehr Schein als Sein. Die fehlenden Wasserräder wurden schon angesprochen. Unangenehm fielen aber auch die Spritzbetonausbesserungen in den Weitungen auf, die so einen völlig unmittelalterlichen Eindruck machen. Hier könnte ein wenig Bruchsteinverblendung optische Wunder wirken. Ganz schlimm wurde es aber weiter hinten, wo man völlig ohne Vorbereitung aus den mittelalterlichen Bauen in den hochmodernen Stahlanker - Spritzbetonstollen tritt, um am Ende dieses langen Verbindungsstollens, der offensichtlich als Flucht & Wetterweg für das moderne Dolomitbergwerk dient, wiederum mittelalterliche Kriechstrecken vorzufinden. Hier wäre definitiv ein sanfterer Übergang zu wünschen, der den Besucher durch die einzelnen Zeitepochen des Bergbaus führt.

Nach Befahrung einiger Kriechstrecken - diese wiederum zweifellos ein tolles Erlebnis für alle Kinder - auch die im Manne - ging es durch den langen Stollen wieder zurück zur Bahnstation und von hier gen Mundloch. Es blieb der etwas schale Eindruck zurück, daß man aus dieser historisch sicherlich äußerst bedeutsamen Grube etwas mehr machen könnte - und auch angesichts der hohen Besucherzahlen machen sollte.

Den Rest des Tages verbrachten wir damit, allmählich nach Südtirol ins Ridnauntal zu gelangen. Während ein Teil der Gruppe noch der Bergwerksverwaltung die Aufwartung machte und anschließend die sehenswerte historische Altstadt von Schwaz besuchte, schauten sich ein paar andere die Andre Hellerschen Kristallwelten in Wattens an, wo die Firma Swarowki eine halb unterirdische Bleikristall - Verkaufsausstellung realisieren ließ.

Gegen Abend trafen wir uns wieder im Ridnauntal vor dem Reiterhof Taljörgele, der indessen geschlossen hatte. So übernachteten wir die nächsten Nächte in der nahegelegenen Pension Rainer. Den Abend suchten und fanden wir noch eine Gaststätte in Marein und aßen hier gut und preiswert.

 

Der nächste Morgen, Freitag, dem 13.9.96 sollte den - zumindestens topographischen - Höhepunkt unserer Reise darstellen. Aber auch ansonsten war die Befahrung des Schneeberger Revieres ein großes Erlebnis. Von der im Dezember 1979 stillgelegten Erzaufbereitung in Maiern auf 1417 m Seehöhe ging es zunächst unter Leitung von Herrn Schölzhorn im Bus entlang der ehemaligen Material- und Personenseilbahn durch das Lazzacher Tal zum Poschhausstollen auf 2000 m Höhe. Hier lag bereits Neuschnee und die Nebelschwaden jagten um die einsamen Zechenhäuser. Wir kleideten uns um und fuhren 3,5 Kilometer mit der Original - Grubenbahn durch den 1968 im Rahmen eines großen Umstrukturierungsprogrammes aufgefahrenen Stollen. Hier liefen wir durch den Erzhorizont hindurch bis zu einem etwa 40o einfallenden Bremsberg, auf dem wir 60 Höhenmeter nach oben stiegen. Links und rechts ging der Blick in großdimensionierte Abbaustrecken des modernen Bergwerkes. Erz in Form von Zinkblende und Bleiglanz steht hier noch reichlich an. Weiter oben, im Niveau des alten Carl - Erbstollens fand sich auch schöner, grob kristallisierter Bleiglanz sowie Granatbiotitschiefer mit gut ausgebildeten Almandingranat. Die enge Bindung des Erzes an diese Schiefer läßt eine ehemals submarin - synsedimentäre Genese des Erzes mit dem umgebenden Tonschiefer vermuten, ein Entstehungsmechanismus also ganz ähnlich jenem am Rammelsberg oder in Meggen. Nur wurden hier die Erze im Zuge der alpidischen Tektonik stark metamorph überprägt, sodaß die Erze umkristallisierten und sich der ehemalige Tonschiefer in Granatbiotitschiefer umwandelte.

Am Ende des modernen Abbaues ging es dann etwas unverhofft über eine kurze Fahrte einige Meter abwärts und wir standen in dem historischen Carlstollen. Dieser wurde von 1660 bis 1750, also in 90 Jahren (!) zur gleichzeitigen Wasserlösung und zur Förderung aufgefahren. Nach dem engen hinteren Teil wurde wurde der Stollen bald bequemer, da man seinen vorderen Teil Anfang dieses Jahrhunderts nachgerissen hat. Am Mundloch auf 2030 m Höhe fuhren wir bei strahlenden Sonnenschein aus und rasteten auf der Halde, umgeben von grandioser Bergwelt, weiß überpuderter Bergwelt. In dieser setzten wir unseren Weg fort über das ehemalige Pochwerk Seemoos auf 2187 und durch eindrucksvolle Haldenlandschaft zur eigentlichen Knappensiedlung St. Martin auf 2355 m Seehöhe, dem höchsten Bergwerk und der höchsten ständig bewohnten Siedlung Europas.

Die Geschichte dieses Revieres St. Martin am Schneeberg ist eine ungemein packende, die zeigt, wie hartnäckig Menschen sein können, wenn es gilt, der Natur ihre Schätze abzuringen. Und ein Ringen war es wirklich, war diese Siedlung doch immer den Unbilden der Natur, insbesondere im Winter, aufs Äußerste ausgesetzt : Schneehöhen bis mehrere Meter, Lawinen, Stürme, Kälte und die monatelange Isolation, zeitweise unzulängliche Versorgung mit Lebensmitteln und, was hier oben noch mehr zählte, Brennstoff, sind nur einige der Schwierigkeiten, die ertragen werden mußten. Und doch haben hier zeitweise bis zu 1000 Knappen gewohnt, mit Frau und Kind, mit Kegelbahn und Kapelle, mit Theater und Gasthaus und vielen anderen Einrichtungen, die das Leben erträglicher gestalteten (Abb.3). Dazu die technischen Einrichtungen, die eigentlichen Zechenhäuser, Pochwerke, Klaubebänke, Haldenstürze und komplexen Erzfördereinrichtungen (die noch zu besprechen sind).


Abb. 3 : Historische Aufnahme der Bergbausiedlung St. Martin am Schneeberg um 1900

Dies alles im Winter verbunden mit Laufstrecken, die unter dem Schnee verliefen und mit Holz ausgebaut waren. Wirklich, es muß eine für Mitteleuropa ganz eigene und einzigartige Gesellschhaft hier oben am Berg gewesen sein. Und, was erstaunlich klingen mag : Hört man die Berichte der Bergleute und der in der Klaubung beschäftigten Frauen, so muß es trotz aller Unbilden damals eine schöne Zeit für die hier oben Lebenden gewesen sein. Erst später, nach dem 1. Weltkrieg und der Übernahme durch italienische Gesellschaften hört man anderes, hört man von den Schwierigkeiten, hinreichend italienischhe Bergleute für diesen ausgesetzten Betrieb zu finden. Und diese Schwierigkeiten, verbunden mit einem Rückgang der Metallgehalte im Roherz auf dieser Seite des Berges und einem - vermutlich letztlich willkommenen - Brand der Knappenunterkunft im Jahre 1967 führten zu einer Aufgabe der Ortschaft und zu einer vollkommenen Umorganisation des Betriebes. Vom der Ridnauner Seite wurde im Lazzacher Tal ein tiefer Stollen angesetzt, der heute von Besuchergruppen mit dem Zug befahrene Poschhausstollen. Gleichzeitig wurde eine Personenseilbahn von der Aufbereitung zum Mundloch des Poschhausstollens gebaut. Von 1968 bis zur Betriebsstillegung wurde das Erz somit über den Poschhausstollen abgefördert und über Erzseilbahn in die Aufbereitung in Maiern transportiert, das dort gewonnene Konzentrat weiter zu italienischen Hüttenbetrieben.

Die Siedlung St. Martin am Schneeberg selber zerfiel nach 1967 und wurde erst seit Anfang der 90er Jahre im Zuge der Ausbaumaßnahmen des Landesbergbaumuseums wieder restauriert. Hierbei wurde neben Gasthaus, großer Schutzhütte, Museumsbau sowie einiger Nebengebäude auch die bereits 1952 abgebrannte Kapelle "Maria Schnee" wieder aufgebaut, sodaß heute St. Martin wieder eine zwar kleine, aber trotzdem in ihrer Lage imponierende Ortschaft bildet.

Auf einen Punkt in der Bergbaugeschichte Schneeberges muß aber noch gesondert eingegangen werden : der Abtransport des Erzes. Der Holzmangel bei den hochalpinen Gruben ermöglichte keine Verhüttung des Erzes vor Ort, es mußte daher notgedrungen zu den Hütten im Tal gebracht werden. Das Schneeberger Erz machte hier keine Ausnahme und wurde daher bis Anfang des 18.ten Jahrhunderts während der Sommermonate mit Saumpferden ins Ridnauner Tal und von hier aus zur Verhüttung der silberreichen Schwazer Erze über den Brenner gebracht. Im Winter bediente man sich wie in ähnlichen Revieren (Rauris am Hohen Goldberg etwa oder im benachbarten Pflerschtal) sogenannter Sackzüge. Hierzu wurde zunächst eine Art Bobbahn ins Tal gebaut. Anschließend füllte man schweinslederne Säcke mit Erz, band diese zu etwa 20 Stück hintereinander und ließ sie, vorne mit einem Lenker und hinten mit einem Bremser versehen, auf der "Bobbahn" zu Tal rutschen. Geht man davon aus, das ein solcher Sack etwa 100 kg Erz faßte, so konnte man mit einem Rutsch - hier im wahrsten Sinne des Wortes zu verstehen - etwa 2 Tonnen Erzkonzentrat ins Tal bringen.

So interessant und aus heutiger Sicht abenteuerlich diese Art des Erztransportes auch sein mag, sie funktionierte nur im Winter und sie konnte das Erz nur in das zunächst benachbarte Tal bringen. Und das angrenzende Passeiertal zieht nach Süden und bedeutete für den Transport Richtung Schwaz einen gewaltigen Umweg. So suchte man schon früh nach Abhilfe und einer ganzjährig sicheren Transportmöglichkeit in das jenseits des Bergkammes gelegene Lazzacher, bzw. Ridnauntal.

Ein erste Lösungsansatz war der das Kaindljoch unterquerende Kaindlstollen auf etwa 2500 m Höhe, der nach 7 Jahren Bauzeit 1727 fertiggestellt wurde. Durch ihn konnten die Saumpferde den größten Teil des Jahres unter Umgehung des klimatisch ungünstigen Bergkammes Erz in Richtung Ridnaun transportieren. Ein zweites Projekt, die Durchörterung des gesamten Berges etwa im Niveau 2000 m durch den Carlstollen, wurde wegen der Härte des Gesteins und den Schwierigkeiten beim dortigen Vortrieb 1750 vorerst aufgegeben.

Eine wahrhaft große Umstrukturierung und Modernisierung des Erzztransportes fand in den Jahren 1871 - 1874 statt. Dabei wurde eine insgesamt 27 Kilometer (!) lange Erzbahn durch das Ridnauner Tal nach Sterzing gebaut. Diese bestand wechselweise aus insgesamt 8 meist steilen Bremsbergen sowie aus dazwischen liegenden, ebenen Pferdebahnabschnitten. Der Kaindlstollen wurde für den Pferdebahntransport ausgebaut, und auf der eigentlichen Schneeberger Seite ein Wassertonnenaufzug für die geförderten Erze gebaut.

1896 wurde schließlich auch die Betriebsabteilung Seemoos mit einem weiteren, steilen Wassertonnenaufzug an das Fördersystem angeschlossen. Ein weitere Modernisierung der Förderanlagen fand schließlich 1925 - 1926 mit dem Bau der Erzaufbereitung in Maiern mit einer der ersten Flotationsanlagen weltweit sowie mit dem Bau einer neuen Erz- und Materialseilbahn zu den Gruben statt. Hierdurch wurde die 50 Jahre alte Bremsberg/Pferdebahnförderung überflüssig und eingestellt. Lediglich der Seemoser Bremsberg und der Kaindlstollen blieben bis 1967 zum Erz-, bzw. Personentransport in Betrieb. 1967/68 schließlich kam es mit der Auffahrung des Poschhaustollens zu der letzten, bereits beschriebenen Umstrukturierungsmaßnahme im Erz- und Personentransport am Schneeberg.

Das in nur 3 jähriger Bauzeit errichtete bergbautechnische Meisterwerk von 1874 stellt die größte Übertageförderanlage Europas dar und vermag mit ihren erhaltenen Bremsbergen und dazwischen geschalteten Erzkästen zur vorübergehenden Speicherung des Erzes auch heute noch ungemein zu beeindrucken. Ein beschilderter Lehrpfad informiert in vorbildlicher Weise über dieses bedeutende kulturtechnische Erbe der Alten.

Nach einer Umschau in dem recht frischen Schneeberg, daß schon Mitte Oktober seinem Namen alle Ehre machte, und einem ausgiebigen Aufwärmen und Mittagessen in der gemütlich restaurierten Gaststätte schauten wir uns noch das neu eröffnete Bergbaumuseum an und traten dann den Rückweg über die Seemoser Halden an. Hier konnten wir nochmals schöne Erzstufen aufsammeln, so typisch gelb anlaufende Zinkblende.

Durch den Karl- und Poschhausstollen ging es dann wieder zurück, wobei wir nochmals einen Blick in die modernen Abbaue werfen durften. Die gesamte beschrieben Exkursionsroute ist übrigens, obwohl man davon bemerkenswert wenig spürt, offizieller Führungsweg und wird derzeit von etwa 2000 Besuchern im Jahr befahren. Wohl eines der großartigsten und einprägsamsten Bergbauerlebnisse, die Normaltouristen in Europa geboten wird.

Nach wohltuend warmer Dusche in der Unterkunft beschlossen wir dann den Abend in der vorbildlich rekonstruierten Maierner Aufbereitung, wo Wilfried Ließmann mit seinem Bericht über die Aktivitäten am Roten Bären aufmerksame Zuhörer fand.

Am Samstag, dem 14.9.96 fand schließlich noch eine eingehende Besichtigung der Maierner Aufbereitung nebst Schaustollen statt, in dem Figurengruppen nach Vorbild des Schwazer Bergbuches mit ihren brennenden (! offene Flammen !) Geleuchten einen sehr realen Eindruck des mittelalterlichen Bergbaus entstehen lassen. Die Aufbereitung selbst zeigt sehr informativ den Weg des Erzes vom Brecher bis zum Trommelscheider, wobei Detailinformationen über die Flotation und die dabei eingesetzten Zusätze erläutert werden.

Auch der Gang durch die sonstigen Ausstellungsräume ließ noch einmal Glanz und Größe dieser bedeutendsten Blei - Zinklagerstätte Tirols aufleuchten. Größe, die sich übrigens nicht allein auf den Bergbau beschränkt. Denn auch die größte Europäerin, die "Riesin" Maria Faßnauer ist in Lebensgröße (2,17 m !) ausgestellt.

Zum Abschied gab es noch etwas Besonderes. Jeder Bär durfte sich eine Münze aus Schneeberger Silber prägen. Und nicht genug damit : zur Wegzehrung gab es ein Knappenbrot - ein Schmalzbrot, auf das mit einer besonderen Apparatur ein Schlägel & Eisensymbol in Paprikaform aufgetragen wurde. So schieden wir mit einem frohen Dank und dem - wie wir überrascht feststellen durften - auch in Schneeberg beheimateten Gruß :

Es grüne die Tanne,

es wachse das Erz,

Gott schenke uns allen ein glückliches Herz !


Ein herzliches GLÜCK AUF, Herr Schölzhorn !

Der Rest ist rasch erzählt. Wegen einsetzenden Neuschnees verzichteten wir auf die von Wilfried angebotene Exkursion in das benachbarte Pflerschtal, wo in den Silberböden ebenfalls lange Jahre der Bergbau auf silberhaltigen Bleiglanz umging. Auch die Idee, noch die nahen Erdpfeiler von Bozen, einer geologischen Rarität und in jedem besseren Geologielehrbuch abgebildet, fand keine rechten Sympathien mehr. Stattdessen beschlossen wir heim zu fahren und dort gelangten wir - durch manchen Stau behindert - auch glücklich wieder an.

Resümee des montanhistorischen Seminares 1996 in einem Satz :

Viel gesehen, viel gelernt, zur Nachahmung unbedingt empfohlen!