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Fotodokumentation untertage

Eine Publikationsserie von Michael Kitzig

Wissenswertes zu Belichtungszeiten mit Powerblitzen

Qualitativ hochwertige untertage- Fotoaufnahmen erfordern viel Licht.
Bei dem von mir üblicherweise verwendeten Filmmaterial mit 100 ASA Empfindlichkeit stößt man mit den handelsüblichen Blitzgeräten, welche Leistungen bis ca. 60 Wsec. bieten, schnell an Grenzen.
Dies gilt insbesondere bei größeren Räumen oder / und dunklem Gestein wie Schiefer oder Braunkohle.
Aus diesem Grund sind bei uns schon seit Jahren kompakte, leistungsstarke Blitzgeräte im Einsatz. Diese liefern Leistungen um 600 Wsec., also in der Größenordnung stationärer Studioblitze. Die Anforderungen im Bergbau erfordern hier in der Regel eine Eigenkonstruktion. Gezündet werden die Blitzgeräte in der Regel als Sklavenblitz, d.h. durch einen kleinen "Steuerblitz" an der Kamera.


Das Problem:

..ergab sich aus der Praxis:
Durch einen Defekt im Gehäuse wurde ich gezwungen, einmal ein anderes als da bisher verwendete zu benutzen.
Bei gleichem Motiv, Objektiv, Film und Blitzanordnung ergaben sich unterschiedlich helle Bilder.
Zunächst ein unerklärliches Phänomen!
Zudem hatte ich früher schon oft den Eindruck gehabt, dass unmittelbar nach dem Auslösen, wenn der Spiegel der Kamera wieder hochgeklappt war, noch etwas vom Motiv durch den Sucher zu sehen war.


Der Verdacht:

Die o.g. Beobachtungen legten die Vermutung nahe, dass u.U. die Blitzdauer doch deutlich länger als die Zeit sein könnte, in welcher der Verschluß der Kamera geöffnet ist.
Die beiden verwendeten Gehäuse hatte nämlich auch unterschiedliche Verschlusszeiten für den Blitzbetrieb.

Die Vermutung schein zunächst etwas abwegig, wird doch in der einschlägigen Literatur immer wieder auf die Besonderheit von Elektronenblitzröhren, nämlich deren Betrieb im Millisekunden- Bereich, hingewiesen.
Und da sollte es bei der üblichen Blitzsynchronisationszeit von 1/60 sec. knapp werden können?


Der Versuchsaufbau:

Durch einen einfachen Versuch sollte dies überprüft werden:

Eine Fotodiode, belastet mit einem 150 Ohm- Widerstand, wurde mittig hinter die geöffnete Rückwand der Spiegelreflex- Kamera platziert.
Die Kamera erhielt kein Objektiv, d.h. vor der Fotodiode befand sich nur der Verschlussvorhang der Kamera.
Der zu vermessende Blitz leuchtet aus ca. 1m Entfernung frontal auf die Kamera, d.h. bei geöffnetem Verschluß direkt auf die Fotodiode.
Das hier bei Belichtung erzeuget Spannungspotential wurde von einem Speicheroszilloskop registriert. Das Skop wurde vom Potential selbst getriggert.

In einem Vorversuch wurde ein handelsüblicher Kleinblitz (Metz, Leitzahl 30) direkt auf die Fotodiode gerichtet.

Die Ergebnisse:

Zunächst der Metz- Blitz im beschriebenen Vorversuch:

Der Blitz wurde auf kleinste Leistung eingestellt. Bei diesen Automatikblitzen wird die Leistung und damit die verfügbare Lichtmenge über die Blitzdauer bestimmt.
Erwartungsgemäß sieht man einen sehr kurzen Impuls.
(Ablenkgeschwindigkeit: 5 msec/cm bzw. pro Skalenteil).

Jetzt der gleiche Blitz mit voller Leistung:


Wie man sieht, ist nun die Blitzdauer deutlich größer; in diesem Fall ca. 10 msec.
Die zur Verfügung stehende Lichtmenge entspricht der Fläche (dem Integral) unter den Kurve.

Nun dieselbe Anordnung mit dem 600 Wsec. Kraftblitz:


Hier sieht man, dass die Leuchtdauer deutlich länger ist, nämlich gut 45 msec.

Die Leuchtdauer wird durch verschiedene Faktoren festgelegt:
Betriebsspannung der Röhre, Innenwiderstand des Blitzkondensators und der Zuleitung, und einigen anderen.
Oft finden sich sogar Spulen im Röhrenkreis, um die Blitzdauer aus bestimmten Gründen zu verlängern.
Ganz wichtig sind jedoch die Bauart der Röhre und deren Füllung:
Hochleistungsröhren sind in der Regel gewendelt und haben eine vergleichweise lange Ionisationsstrecke gegenüber den stabförmiger Röhren kleiner Leistung, wie sie in den üblichen mobilen Blitzgeräten verwendet werden.

Man wird beim Bau von Blitzgeräten großer Leistung um eine längere Leuchtdauer nicht herum kommen, da man die o.g. Faktoren kaum beeinflussen kann.

Aber zurück zur Kernfrage:

Machen 45 msec. In der Praxis überhaupt etwas aus, wenn der Verschluß der Kamera doch auf 1/60 sec. steht?

Der Versuch soll Aufschluß geben:

Wir sehen hier den Verdacht bestätigt: nach 10 msec. ist Schluß mit der Belichtung; die restliche Zeit brennt der Blitz vergebens und trägt nichts mehr zur Aufhellung des Bildes bei.
Zwar wird der überwiegende Teil der Energie in diesen ersten 10 msec. abgegeben, aber:
Der Unterschied ist sichtbar! Macht subjektiv ca. zwei Blendenstufen aus.


Aber was ist nun mit den formellen 1/60 sec. passiert?

Die Antwort:
die 1/60 sec. werden nur bei gleichmäßiger Beleuchtung erreicht, nicht im Blitzbetrieb.
Bei Schlitzverschlüssen wird mittels zweier Verschlussvorhänge, welche nacheinander ablaufen, eine Art "Belichtungsstreifen" über die Filmebene gezogen. Je breiter dieser ist, desto reichlicher ("länger") wird belichtet.
Beim Blitzbetrieb muß nun dieser "Streifen" so breit werden wie die ganze Filmfläche, damit nicht nur ein Teil des Bildes belichtet wird.
Und muß so lange "offen bleiben", d.h. der zweite Vorhang darf sich erst wieder schließen, wie die Blitzdauer beträgt.
Wer einmal aus Versehen mit einer zu geringen Zeiteinstellung (z.B 1/125 statt 1/60) geblitzt hat, wird aufgrund des oben beschriebenen Mechanismus ein nur zur Hälfte belichtetes Bild erhalten haben.
Und eben diese Blitzdauer hat die Industrie offenbar auf die oben gemessenen 10 msec. festgelegt, also auf einen Wert welcher der Leuchtdauer der üblichen Kleinblitze gerade entspricht, vergleiche den ersten Test mit dem Metz- Blitz (Bild 2)!


Was nun, was tun?

Eigentlich gibt es nur einen Ausweg, will man die volle Leistung der mühsam mitgeschleppten Kraftblitze ausnutzen:

Belichtungszeit verlängern!

Würde eine Einstellung auf 1/30 sec. reichen?
Mal sehen:

 

Wie wir sehen, wird hier auch bei 1/30 sec noch Licht verschenkt.
Außerdem verlängert sich die offene Zeit des Verschlusses nicht linear und beträgt jetzt knapp
30 msec. .

Erst eine Einstellung auf 1/15 sec. nutzt in diesem Fall die volle Blitzleistung aus.
Das Ergebnis sieht für den Film erst dann so aus wie die Kurve auf Bild 3!

Allerdings ist zu berücksichtigen, dass bei Vorhandensein von Gleichlicht
(stationäre Beleuchtung, Helmlampen und dergleichen) dann schon eine erhebliche Verwacklungsgefahr besteht.
Es empfiehlt sich dann, mit Stativ zu arbeiten.


Fazit:

Je leistungsstärker das Blitzgerät, desto länger muß die "Belichtungszeit" vorgewählt werden.

Das betrifft keineswegs nur selbstgebaute Blitzgeräte!
Ich habe ein vorhandenes Profi- Blitzgerät (Pioneer-70) unter den gleichen Kriterien getestet und eine Kurve wie in Bild 4 erhalten!
Der Hersteller des Gerätes empfiehlt übrigens 1/60 bzw. "die empfohlene Synchronzeit" zur Belichtung.
Man darf also auch den Herstellern nicht alles kritiklos glauben!


Nachtrag:

Ich habe aus Interesse auch mal ein etwas "moderneres" Gehäuse getestet, eine
Minolta XD-7.
Diese hat eine Blitzsynchronzeit von 1/125 sec. und keine Verschlussvorhänge aus Stoff, sondern Metalllamellen, die wohl entsprechend schneller arbeiten.
Nach dem oben angeführten überrascht es kaum, dass die hier gemessene "offene Zeit"
für den Blitz auch wieder 10 msec. betrug!
Bei "Gleichlichtbedingungen" wird hier natürlich mit 1/125 sec. belichtet.
Der Vorteil liegt halt darin, dass dann Gleichlicht weniger störend aufs Bild kommt, wenn gleichzeitig geblitzt wird.