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1. EINFÜHRUNG :

Lanzarote und die vorgelagertern Isletas sind die nördlichsten Inseln des kanarischen Archipels mit einer Gesamtfläche von knapp 800 Quadratkilometern. Es sind zugleich jene Kanareninseln, die dem afrikanischen Festland am nähesten liegen. Diese Nähe zur Sahara merkt man sogleich, wenn man die Inseln betritt. Es ist heiß und trocken, die Vegetation ist karg und Niederschläge sind selten. Dennoch - oder vielmehr : gerade deshalb, bietet die Insel für den geologisch interessierten Besucher eine Vielzahl von Eindrücken. Auch wenn Sedimentgesteine selten sind, ao sind die vielfältigen Erscheinungen des Vulkanismus hier besonders gut zu studieren und es gibt in Europa -- mit Ausnahme von Island -- wohl kein anderes Gebiet, wo auf so engem Raum derart viele verschiedene vulkanische Prozesse und Strukturen beobachtet werden können. Grund genug, im Frühjahr 1994 drei Wochen lang nach Lanzarote zu fliegen und - fernab des Massentourismus mit Leihwagen und Zelt, aber auch Privatquartier - diesen Naturwundern nachzugehen.

Übersichtskarte von Lanzarote : schwarze Punkte = im Text beschriebene Lokalitäten
 

Lanzarote wurde wie die anderen Kanareninseln auch zuerst von den Guanchen entdeckt und besiedelt, einem auch heute noch weitgehend rätselhaften Volk, das in zahlreichen unabhängigen Königreichen organisiert war. Die Inseln waren jedoch auch den antiken Völkern bekannt, die die gesamte Kanarengruppe Purpuraria nannten nach dem reichlichen Vorkommen der damals höchst geschätzten Purpurschnecken.

Ab dem 14. Jahrhundert eroberten die Spanier die Inseln. Einer Legende zufolge zerbrach der französischstämmige Ritter Jean de Bethencourt am Strand von Lanzarote vor Freude seine Lanze und schleuderte die Bruchstücke in alle Himmelsrichtungen. Diesem Ereignis, der Lanca rota (= gebrochene Lanze), soll die Insel ihren noch heute gültigen Namen verdanken.

Die spanische Inbesitznahme und die nachfolgende Christianisierung führte rasch zum Untergang der guanchischen Kultur oder vielleicht besser : zu deren Assimilation, denn es haben sich bis heute einige recht typische und nur hier vorkommende Inselbräuche erhalten. So zum Beispiel der Llucha canario, ein mit viel Begeisterung betriebener "nationaler" Ringkampf. Auch die kanarische Küche weist einige interessante Besonderheiten auf, so im Meerwasser gekochte kleine wohlschmeckende Kartoffeln mit einer würzigen Sosse namens "pappas arrugadas con mocho", die man als Besucher nicht missen sollte.

In den folgenden Jahrhunderten gedieh eine zeitweise recht wohlhabende Fischerei- und Bauernkultur, die sich zunächst auf die Gewinnung des in einer einheimischen Flechtenart vorkommenden roten Farbstoffes Orchille spezialisierte. Nach der Eroberung Mittelamerikas durch die Spanier und der Einführung der Opuntia - Kakteen in die Alte Welt wurde die Orchille - Farbgewinnung mehr und mehr durch die Kultur von Cochenille - Schildläusen verdrängt. Dieser Opuntienanbau und die daran anschliessende Gewinnung von Cochenillefarbstoff ist auch heute noch ein bedeutender Wirtschaftszweig auf der Insel, wohingegen der Farbstoff der Orchille - Flechten heute nicht mehr verwendet wird. Daneben spielte seit altersher der Weinanbau und die Salzgewinnung eine größere wirtschaftliche Rolle.

Eine besondere landwirtschaftliche Besonderheit von Lanzarote soll bereits hier angesprochen werden. Die tiefgründige Überdeckung von landwirtschaftlichen Nutzflächen mit schwarzem Tuff, hier "Picon" genannt".Diese Steinmulchung sorgt für eine ungewöhnlich effektive Speicherung von Tau und Nebelnässe, die anschließend langsam wieder an die Pflanzen abgegeben wird. Durch diese Art der Feldbewirtschaftung wird der Anbau verschiedenster Kulturen, so unter anderem Zwiebel, Mais, Kürbis und Kartoffel auch bei sehr niedrigen Regenfällen möglich - ein Beispiel, das sicherlich auch in anderen semiariden Gebieten dieser Welt Anwendung finden könnte.

Während sich in den vergangenen Jahrhunderten die Inselbevälkerung sehr allmählich entwickelte - zeitweise von Vulkanausbrüchen, von denen noch die Rede sein wird, empfindlich gestört - so hat sich auch hier in den letzten Jahrzehnten vieles geändert. Die alten Wirtschaftsstrukturen sind teils zusammengebrochen, teils stark rückläufig. Dafür boomt seit einigen Jahrzehnten der Inseltourismus. Hotelneubau entsteht an Hotelneubau und insbesondere in den drei Tourismuszentren Costa Teguise, Puerto del Carmen und Playa Blanca härt man weit mehr deutsche oder englische Laute als spanische. Und dennoch : dem Naturliebhaber bietet die Insel nach wie vor ebenso einsame wie grandiose Eindrücke und Einblicke. Sei es die speziell im Frühjahr besonders eindrucksvolle Pflanzenwelt mit zahlreichen Endemiten, sei es die über das ganze Jahr gleich faszinierende Welt der Gesteine und Mineralien, sei es die beindruckende vulkanische Landschaft allein....
 
 

Geologische Streifzüge
auf Lanzarote und Graciosa
von Dr. Thomas Krassmann
 


 

Für meine Frau Ute, die heute, am 23.Januar 2002 38 Jahre alt geworden wäre
und für die dieser gemeinsame Urlaub "der schönste war, den sie je hatte..."

Erstveröffentlichung : AUFSCHLUSS Heft 5/6 1995,
überarbeitete online - Version Januar 2002

***

Anmerkung : Unsere Bilder von dieser Reise liegen fast auschließlich als Dias vor, sodaß es mir nicht möglich ist, diese einzuscannen.
Es wurden daher gleichartige Bilder aus dem Internet eingefügt. Sollte jemand der Meinung sein, daß auf diesen Bildern ein Copyright liegt,
lasse er es mich bitte wissen Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

 



Inhalt :
 

1. Einführung

2. Geologie und Vulkanologie von Lanzarote und Graciosa

3. Exkursionspunkte und geologische Wanderungen auf Lanzarote

3.1 Straußeneier bei Orzola

3.2 Exkursionen entlang dem Risco de Famara

     Zu den Salinas del Rio und den Lavafällen am Risco de Famara

     Durch die tertiären Flutbasalte und quartären Schotter
     am Famarawesthang

     Von Haria zur Ermita de los Nieves

     Zu den Galerias im Famaragebirge
 

3.3 Exkursionen im Gebiet des Monte Corona

     Aufstieg zum Zentralkrater

     Wanderung durch das Malpais de la Corona

     Exkursionen in das Corona - Höhlensystem
 

3.4 Der Nationalpark Montana del Fuego / Timanfaya

     Die "offizielle" Touristentour

     Los Hervideros und El Golfo

     Der Pahoehoe - Lavastrom bei Tahiche
 

3.5 Salzgewinnung auf Lanzarote

     Salinas del Janubio und Olivinfundstellen

     Andere Salinen Lanzarotes
 

3.6 Tektonik und Zeolithfundstellen um Playa Blanca - Papagayo

3.7 Tuffgruben und Piconkulturen
 
 

4. Exkursionspunkte und geologische Wanderungen auf Graciosa

    Wanderung zum Vulkan Monte Amarilla

    Die Strände Las Conchas und Playa Lambra

    Pliozäne und subrezente Fossilien auf Graciosa

    Tertiäre Flutbasalte im Famaragebirge

5. Schlußwort

6. Verwendete Literatur und Karten

 


2. Geologie und Vulkanologie von Lanzarote und Graciosa :

Im Gegensatz zu den meisten Mittelmeerinseln bestehen die der Westküste Marokkos vorgelagerten Kanarischen Inseln fast auschließlich aus vulkanischen Gesteinen. Hierbei überwiegen basaltische Ergüsse bei weitem, die jedoch ganz unterschiedlichen Zeitaltern entstammen. Die ältesten Ergußgesteine auf Lanzarote finden sich im Südwesten und Nordosten der Insel. Hier treten in dem imposanten Massiven von Los Ajaches und Famara mehrere hundert Meter mächtige Flutbasalte zu Tage. Insbesondere im Famaramassiv sind diese auch Trappbasalte genannten, wohlgeschichteten Basalt - Tuffitabfolgen mustergültig aufgeschlossen. Das Alter dieser Gesteine liegt bei etwa 16 Millionen Jahre, es handelt sich somit um einen südlichen Ausläufer der speziell im nordeuropäischen Raum (Island, Färöer, Spitzbergen etc.) weitverbreiteten tertiären Flutbasaltdecken.

Nach einer langen Phase vulkanischer Ruhe fand der nächste Eruptionszyklus vor wenigen Millionen Jahren statt. Möglicherweise verbunden mit tektonischen Ereignissen, die den Zentralteil der Insel absinken liessen, bildeten sich hier umfangreiche Vulkanketten aus. Berühmte Einzelvulkane dieser Zeit sind zum Beispiel der Montana Teneza bei Tinajo, der weithin sichtbare rote Vulkan Montana Roja an der Südspitze der Insel bei Playa Blanca und der von einer historischen Burg gekrönte Guanapayberg bei Teguise im zentralen Hochland. Obwohl einige der Vulkane dieses zweiten Eruptionszyklusses gut erhalten sind, wurden die meisten von ihnen bereits weitgehend erodiert.

Die modernen quartären Eruptionszyklen beginnen mit dem wenige tausend Jahre alten Vulkangebirge des Coronamassivs im Norden der Insel. Dieses umfasst neben dem auch heute noch modellhaft ausgebildeten Coronavulkan auch die randlich vorgelagerten Krater Quemada und Quemada de Orzola sowie Los Helechos. Die Hauptmasse der Lava aus diesem subrezenten Vulkangebiet floss Richtung Osten ab und überflutete hier eine Fläche von mehr als 50 Quadratkilometern. Auch heute noch stellt dieses "Malpais de la Corona" genannte Gebiet zwischen Orzola und Arrieta eine landwirtschaftlich kaum nutzbare, vegetationsarme Fläche von bizarrem Reiz dar. Zahlreiche Lavahöhlen befinden sich in diesem Gebiet, von denen die größte eine Länge von über 7 Kilometer erreicht. Zwei kleinere Lavaströme fanden ihren Weg nach Osten und fielen bei Ye und Guinate in einem spektakulären "Feuerfall" etwa 400 m tief über die Steilkante des Famaragebirges hinab ins Meer.

Der jüngste große Eruptionszyklus begann am 1. September 1730 und verwüstete in den folgenden 6 Jahren ein zuvor fruchtbares Gebiet von mehr als 200 Quadratkilometern. Innerhalb dieser Zeit öffneten sich auf engem Raum mehr als 100 Ausbruchskrater, die mit ihren Ascheneruptionmen weite Teile der Insel bedeckten. Dieses Timanfaya oder auch Montana del Fuego (= Feuerberge) genannte Gebiet im Südwesten Lanzarotes stellt seither mit seinen fast vegetationslosen "Mondlandschaften" und seinen zahlreichen verschiedenen Vulkantypen ein vulkanologisches Geotop ersten Ranges dar. Seit 1974 zum Nationalpark erklärt, ist es inzwischen auch zu einem der größten touristischen Attraktionen der Insel geworden.

Nach 12 Jahren Erdbebenaktivität öffneten sich 1824 nochmals drei Krater im Timanfayagebiet und sandten neue Lavaströme aus, die indessen in den seit 1730 unbesiedelten Westen der Insel abflossen. Hierbei kam es zu einem interessanten Phänomen. Gegen Ende der Aktivität förderte der Volcan Nuevo im zentralen Teil von Timanfaya große Mengen von Salzwasser (!) und Wasserdampf. Diese weltweit seltenen "Hydroeruptionen" scheinen auf den Kanaren relativ häufig zu sein, sind doch von Teneriffa und den benachbarten Inseln ähnliche Erscheinungen dokumentiert worden. Der rasch abklingende Eruptionszyklus von 1824 stellt den letzten Vulkanausbruch auf Lanzarote dar. Bis in die nahe Zukunft, denn 300 Grad heiáe Temperaturen in nur wenigen Metern Erdtiefe, wie sie im Timanfayagebiet gemessen werden, machen deutlich, daá weitere Vulkanausbrüche durchaus wahrscheinlich sind. So zeigt sich gerade am Beispiel Lanzarote, daß ein seit Millionen Jahren erloschenes Vulkangebiet an praktisch gleicher Stelle durch hierfür günstige geodynamische Prozesse reaktiviert werden kann.

Die vulkanologische Entwicklung der kleineren Nachbarinsel Graciosa verlief weit weniger vielfältig. Über das Alter der Vulkane hier ist bisher offensichtlich wenig bekannt, jedoch handelt es sich nach dem vorhandenen Erosionsniveau um subrezente, wohl einige tausend Jahre alte Vulkankegel, die aufgrund ihrer räumlichen Nähe vielleicht zeitgleich mit der Coronagruppe auf Lanzarote entstanden.

Auch wenn Sedimentgesteine auf Lanzarote und Graciosa weitgehend fehlen, so gibt es doch gerade im Bereich der Lockersedimente einige interessante Bildungen. Hierzu gehören die teilweise gefritteten roten Paläoböden im Famaramassiv, die besonders im Raum Orzola durch die in ihnen enthaltenen Straußeneierschalen bekannt wurden. Ebenfalls Erwähnung verdienen die quartären Flugsande und Kalkpfannenbildungen auf Graciosa mit ihren interessanten marinen und terrestrischen Fossilbestand.
 
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3. Exkursionspunkte und geologische Wanderungen auf Lanzarote :
 

3.1 Straußeneier bei Orzola :

Der Hafenort Orzola im Norden Lanzarotes ist Fährhafen nach der Nachbarinsel Graciosa. Mit viel Glück gelingt es, von hier aus auch eine Überfahrt zu der unter Naturschutz stehenden Insel Alegranza zu organisieren. Orzola bietet neben dem Flair einer winzigen Hafenstadt eine wilde, von den steilen Felsklippen der Famara - Plateaubasalte überragte Küstenlandschaft sowie mehrere empfehlenswerte Fischrestaurants. In der geologischen Fachliteratur bekannt geworden ist dieser Ort durch die hier in teilweise gefritteten, roten Paläobäden/Basaltzwischenschichten verhältnismässig häufig auftretenden Straußeneierschalen. Diese Vorkommen wurden bereits von verschiedenen Forschern untersucht und beschrieben, so von ROTHE (1964). Das Vorkommen von Straußeneierschalen - also den Eierschalen flugunfähiger Laufvögel - auf Lanzarote regt die geologische Phantasie an und diente verschiedentlich als Beweis für eine heute versunkene Landverbindung der östlichen Kanaren mit Afrika.

Tatsächlich erscheint eine solche frühere Landverbindung nach Afrika auch in Hinblick auf die heute wie abgebrochen erscheinenden mächtigen lanzarotenischen Flutbasaltpakete durchaus plausibel. Hierfür sprechen auch botanische Überlegungen, da die den Kanaren eigene Flora, u.a. der charakteristische kanarische Drachenbaum Draco dracaena, auch in einem schmalen Küstenstreifen auf dem angrenzenden afrikanischen Kontinent vorkommt. Wie immer nun auch die Argumente für und wider eine afrikanische Verbindung Lanzarotes lauten, so liegt in den Basaltzwischenschichten Orzolas eine bedeutende tertiäre Fossilfundstelle, an der auch heute noch mit einigem Glück guterhaltene Straußeneierschalen, bzw. deren glänzende Bruchstücke aufgesammelt werden können.


Detailkarte der Exkursionspunkte im Norden von Lanzarote

3.2. Exkursionen entlang dem Risco de Famara :

Der Risco de Famara, d.h. der Kamm des auf fast 700 m Hähe ansteigenden Famaragebirges stellt wohl die schönste, in jedem Fall aber die beeindruckendste Wanderregion Lanzarotes dar. Als Ausgangspunkt für die nachfolgend beschriebenen Exkursionen 1 bis 3 bietet sich Haria an : ein in einem Palmenhain liegender, vom Tourismus noch recht unverfälschter Höhenort. Mit etwas Glück ist es hier auch möglich, eine private Unterkunft zu finden. Man fragt am besten in den örtlichen Restaurants nach. Die Wanderung 4 sollte man von dem am Meer liegenden Orten Caleta oder Urbanicacion Famara aus starten.

Blick auf das "Palmental" von Haria mit dem Stratovulkan
Monte Corona links im Hintergrund sowie mit Lapillituff
("Picon") bestreuten schwarzen Anbauflächen im Vordergrund

Exkursion 1 : zu den Salinas del Rio und den fossilen Lavafällen am Risco de Famara

Von Haria aus nimmt man den Bus oder das Taxi nach Ye, einem kleinen Ort am Fuße des den Inselnorden beherrschenden Stratovulkans Montana Corona. Unterwegs kommt man in Maguez an mehreren Tuffgruben vorbei. Hier wird, wie an vielen anderen Orten der Insel, der schwarze Lapillituff abgebaut, der als Picon wesentlicher Bestandteil der lanzarotenischen Landwirtschaft ist (vgl. Abschnitt 3.7).

In Ye angekommen, dem letzten Ort auf dieser Wanderung, wo es verlässlich Trinkwasser gibt (!), erkundigt man sich nach dem Risco - Abstieg oder folgt der Überlandleitung in Richtung Meer. Diese endet an einem weithin sichtbaren weißen Transformatorenhaus am Strand, von wo aus das Stromkabel untermeerisch nach Graciosa verläuft. Ebenfalls weithin sichtbar ist ein deutlich rosafarbenes Bassin - der Restlaugenteich der ehemaligen Salinas del Rio. Über viele Serpentinen führt der stellenweise etwas schwierige (Vorsicht : viele lose Gerölle !)  Weg nach unten. Hierbei fällt auf, daá sich der Pfad durch erstarrte Stricklava hindurchwindet. Diese Lavaform ist nun ganz ungewähnlich für die Plateaubasalte, in deren Bereich man sich gerade befindet. Was ist hier geschehen ?

Wendet man den Blick noch vor dem Abstieg zurück, so erkennt man den oben erwähnten Coronavulkan in etwa zwei Kilometern Entfernung. Er war, wie bereits erwähnt, zusammen mit verschiedenen Parasitärkrateern vor einigen Jahrtausenden aktiv und schüttete seine Lavamassen insbesondere in östlicher Richtung . Zwei kleinere Lavaströme flossen jedoch nach Westen durch die Täler von Guinate und von Ye ab bis zum Rand des Risco - Steilhanges. Hier stürzten sie in einem seinerzeit gewiß spektakulären Lavafall vierhundert Meter in die Tiefe und bildeten einen breiten Streifen Neulandes an der Küste. Dieses schwarzgebrannte Neuland hebt sich noch heute deutlich von den umliegenden Küstenstreifen ab. Auch die Lavafälle selbst sind noch erhalten. Sowohl bei Guinate als auch bei unserem Abstieg in Ye finden wir die knäuelig - verworrenen Stricklaven als erstarrte Zeugen der damaligen Lavafälle.

Unten angekommen, wenden wir uns nach Norden und erreichen nach einer guten halben Stunde Fußweg die ruinösen Überreste der ehemaligen Saline. Im Gegensatz zu den meisten anderen Inselsalinen (vgl. Abschnitt 3.5) hat man hier auf aufwendige Beckenbauten verzichtet. Größere Baureste findet man daher nicht, wohl aber einen schön rosa gefärbten großen Laugenteich. Die Färbung selbst verdankt der Teich den im hochsalinaren Wasser gut gedeihenden Rotalgen. Der ganze Boden dieser Salzlagune ist mit schönen, bis 4 cm großen Steinsalzwürfeln in hübsch verwachsenen Aggregaten bedeckt. Eigentümliche Skelettbildungen, bei denen fast nur die Kantenflächen ausgebildet sind, sind an den Kristallen häufig zu beobachten. Schöne, teilweise zart rosa gefärbte Stufen in nahezu beliebiger Größe können hier leicht gesammelt werden.
 

Blick vom Famarasteilhang auf die rotgefärbten Salinenbecken der
"Salinas del Rio" mit Graciosa und Nachbarinseln im Hintergrund

In der Nähe soll es auch Süßwasserquellen (Fuente de Gusa) mit Kalktuffbildungen auf Basalt geben, jedoch wurde die betreffende Lokalität nicht selbst besucht. Lohnenswert ist jedoch auf dem Rückweg ein Abstecher zu dem wenig südlich gelegenen Lavafall von Guinate, der von unten betrachtet wie ein erstarrter Wasserfall aussieht. Für den anschließenden anstrengenden Aufstieg rechne man eine gute Stunde ein.

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Exkursion 2 : Durch die tertiären Flutbasalte und quartären Schotter am Famarawesthang

Die wohl unbestritten spektakulärste Wanderung Lanzarotes verläuft auf dem alten Versorgungsweg zu den Rio - Salinen, der sich durch den westlichen Famarasteilhang von Caleta bis zu eben diesen Salinen zieht. Man erreicht ihn, indem man dem in Wanderung 1 beschriebenen Serpentinenweg bei Ye absteigt und sich unten nach Süden wendet. Nach Passieren des oben erwähnten fossilen Lavafalls unterhalb Guinates schraubt sich der Weg allmählich in die Höhe, um dann etwa 300 m oberhalb des Meeres entlang- zulaufen.
 


Der alte Versorgungsweg zur Rio - Saline am Famarasteilhang,
im Hintergrund der Vulkan Montana Amarilla auf Graciosa

Dieser Weg wird in manchen Reiseführern als "extremes Trecking" bezeichnet, der "nur noch für geübte Kletterer und Gruppen am Seil" möglich sei. Derartig widrige Verhältnisse konnte der Autor und seine Frau bei ihrem Besuch 1994 aber nicht vorfinden; der Weg ist, obwohl teilweise verfallen, ohne besondere Ausrüstung für jeden geübten Wanderer nach wie vor passierbar. Als störend wurde lediglich das ohrenbetäubende Geschrei der Möven sowie die gelegentlich anzutreffenden Esel- und Ziegengerippe empfunden. Dafür offenbart sich dem Wanderer ein wahrhaft grandioser Ausblick auf das Meer und die Nachbarinsel Graciosa mit dem von hier besonders gut einsehbaren, auffällig gelb gefärbten Montana Amarilla. Auch die durch tief eingeschnittene Erosionsrunsen gegliederten Schutthalden am Fuße des Famara - Steilhanges mit ihrem groben Blockschutt tragen zur Unvergeßlichkeit dieser Wanderung bei.

Das geologische Profil dieses Weges erschließt eine Wechselfolge dickbankiger Basaltlagen und dazwischen geschalteter, oft rot gebrannter Tuffhorizonte - d.h. es bietet sich das Gesamtbild eines hervorragend aufgeschlossenen Flutbasaltpaketes "zum Anfassen". Die Hohlräume der Tuffite sind oft durch weiß bis gelb gefärbte Calcitrasen erfüllt. Hbsche Kleinstufen können hier in großer Anzahl geborgen werden. Bei genauerer Durchmusterung dieses Profiles sollte es möglich sein, den bei Orzola aufgeschlossenen Straußeneierhorizont auch hier nachzuweisen. Stellenweise finden sich in den Basalt eingeschaltete größere rotgelbe Tuffmassen, die von schwarzen Basaltgängen durchschlagen werden. Diese ergeben im Sonnenlicht sehr fotogene Geomotive.

Etwa 2 Kilometer vor der Urbanizacion Famara mündet der Weg wieder in eine befahrbare Strasse ein. Bald erreicht man hier ein betoniertes Wasserreservoir und ein Stollenmundloch hinter einem kleinen Wohnhaus. Dieser gehört zu dem System der heute weitgehend stillgelegten Wasserversorgungsstollen im Famaragebirge (vgl. Wanderung 4). Wenige hundert Meter weiter erreicht man dann die Urbanizacion Famara und damit wieder die "Zivilisation". Wandert man an dem Strand mit den Überresten eines vor mehreren Jahren gesunkenen Zementfrachters weiter nach Caleta, so bieten sich hier mehrere rustikale Lokale zur Einkehr an.

Die gesamte Wanderung dauert von Ye bis Caleta bei etwa 15 Kilometern Gesamtweglänge mindestens 5 Stunden, Aufenthalte und Pausen nicht eingerechnet. In jedem Fall sollte Wasser und Verpflegung und eventuell ein Handy mitgenommen werden, da der Weg offensichtlich selten begangen wird.

Exkursion 3 : Von Haria zur Ermita de las Nieves

Eine weitere lohnende Tageswanderung mit Ausgangspunkt Haria führt zur einsam gelegenen Einsiedelei Ermita de los Nieves.
Von Haria aus führt der Weg zunächst Richtung Westen durch das Tal Barranco de Fenesia aufwärts. Der gut ausgebaute Weg endet am Steilabhang des Risco de Famara, das an dieser Stelle etwa 400 m zum Meer hin abfällt. Von dieser Stelle aus hat man südwärts einen ausgezeichneten Blick auf die Bucht von Caleta mit zahlreichen schaumgekränten Klippen und nordwärts nach Graciosa mit dem farbenprächtigen, wie aufgeschnitten wirkenden Montana Amarilla. Von hier aus soll es angeblich einen gangbaren Weg nach unten auf die alte Salinen - Versorgungsstrasse in den Klippen (vgl. Wanderung 2) geben. Der Autor möchte dies jedoch bezweifeln und von einem Abstiegsversuch ohne entsprechende bergsteigerische Ausrüstung dringend abraten.

Am Nordhang des Montana de Ganada setzt sich der Weg durch Plantagen mit schönem Blick auf die Palmenhaine Harias fort, bis man in der Nähe der Strasse eine steil eingetiefte Schlucht erreicht, den Barranco de Haria. Diese Schlucht, die sich durch reiche endemische Flora auszeichnet, steigt man über schmale Eselspfade steil bergauf bis zum Hochplateau. Hier nun führt der Weg nach Süden an dem mit einer Militärstation bestückten Penas del Cache (mit 671 m Höhe dem höchsten Punkt Lanzarotes) vorbei. Etwa 2 Kilometer weiter erreichen wir die Einsiedelei Ermita de las Nieves mit einer schmucken, weiß getünchten Kirche. An diesem windumtosten und häufig direkt unterhalb der Wolkengrenze liegenden Ort herrscht eine Atmosphäre der Weltabgeschiedenheit wie selten.

Ganz in der Nähe bricht das Felsenmassiv nach Westen steil in das Barranco de la Poceta ab, einem eindrucksvollen tief eingeschnittenen Erosionstal, daá in kühnem Schwung zum Meer hinabführt. An der Kliffkante und wenig tiefer läßt sich gut die Wechsellagerung von massiven Basalten und teilweise frischen, teilweise gefritteten Tufflagen studieren. Auch hier ist das Vorkommen von Straußeneierschalen und anderen Makrofossilien analog den Trappbasalten in Orzola zu vermuten.
 
 


Steilabfall der Famaraberge mit deutlich geschichteten Trappbasalten an der
"Ermita de los Nieves", klein im Hintergrund der "Montana Amarilla" auf Graciosa

Vorsicht ! : einen Weg ins Tal, so nahe es auch scheinen mag, gibt es von hier oben nicht und ein Abstiegsversuch durch die steilen Hänge und das rollige Gestein kann leicht tödlich enden. Den Rückweg von der entlegenen Einsiedelei kann auf demselbem Weg erfolgen. Eine andere Möglichkeit besteht in dem Abstieg zur ostwärts verlaufenden Strasse von Teguise nach Haria, wo regelmäáig Busse verkehren.

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Exkursion 4 : Zu den Galerias im Famaragebirge :

Im Gegensatz zu den drei zuvor beschriebenen Wanderungen sollte man diese Wanderung entweder von Caleta oder von der Urbanizacion Famara aus beginnen, da ein Abstieg von Haria ohne entsprechende bergsteigerische Ausrüstung nicht möglich ist.

Unmittelbar am Nordrand der Urbanizacion Famara verläuft ein nur wenige Meter tief eingeschnittenes Gießbachbett, das aus dem tief eingeschnittenen Trockental Baranco de la Poceta herabführt (vgl. Wanderung 3). In den Schottermassen des Bachbettes finden sich Lesesteine mit zahlreichen Drusenräumen, deren Wandungen im wesentlichen mit Calcit, seltener mit Zeolithmineralen bedeckt sind. Funde von schön gerundeten, farblich interessanten Schottern mit diesen Mineralien sind durchaus möglich.

Der weitere Weg nach Norden führt zunächst in Strandnähe durch ziemlich öde Schotter- und Dünenflächen bis hin zu einer Pumpstation. Von hier aus führt der Weg zunächst steil nach oben, dann wieder steil bergab hin zu einem kleinen, in Felsenmassen versteckten Haus. Der Zufahrtsweg zu diesem Haus führt durch verfestigte Schottermassen des steil darüber aufragenden Famaramassivs. Dabei schwankt die Korngröße in der Schotterabfolge in weiten Grenzen von Tonpartikeln bis hin zu hausgrossen Einzelblöcken, die von der fortschreitenden Ausspülung aus den Wänden herauspräpariert wurden. Hierdurch zeigt sich dem Wanderer eine wilde, ja fast beängstigende Landschaft, die den Eindruck der Gefahr jederzeit möglicher Bergstürze vermittelt. Von dem Haus aus kann man noch einige hundert Meter auf einem Strandpfad nach Norden vordringen, bis der Weg an steilen Klippen endet. Hier befindet sich ein Betongebäude mit mehreren in den Berg hineingetriebenen Stollen. Diese sogenannten Galerias dienten ursprünglich der Wassersuche- und gewinnung, sind jedoch heute offensichtlich außer Funktion. Der obere offenstehende Stollen kann mehrere hundert Meter in den Berg hineinverfolgt werden, jedoch ist die Luft in ihm nicht allzu gut. Wie aus vergleichbaren Wasserstollen auf Teneriffa bekannt wurde, ist die Kohlendioxidkonzentration in den unbewetterten Wasserstollen stellenweise sehr hoch, sodaß eine behutsame Befahrung nur mit der gebotenen Vorsicht (Feuerzeug zur Sauerstoffbestimmung !) erfolgen sollte. Interessant sind auch Hunderte von Bohrkernen, die in der unmittelbaren Nähe des Stollens deponiert wurden und die zum Teil durchaus mitnehmenswert sind.

Auf dem Rückweg nach Caleta folgt man dem Weg an der Abzweigung weiter bergan und erreicht hier eine weithin sichtbare Halde, die am Fuß eines weiteren Wasserstollens liegt. Dieser schüttet auch heute noch recht ansehnliche Wassermenge. Von hier ab folgt der Weg zurück der bereits unter der Exkursion 3 beschriebenen Route zur Urbanizacion Famara und nach Caleta.
 

3.3 Exkursionen in Gebiet des Monte Corona :

Der im Norden Lanzarotes gelegene Stratovulkan Monte Corona macht seinem Namen "Kronenberg" alle Ehre und überragt die umliegenden tertiären Flutbasalte weithin sichtbar als außergewöhnlich regelmässig aufgebauter Vulkankegel. Er gehört dem jüngeren Vulkanismus der Insel an, wobei aber auch seine Aktivität prähistorisch ist und auf ein Alter von etwa 4000 - 6000 Jahren geschätzt wird. Hierbei floß die ausströmende Lava sowohl nach Osten wie nach Westen ab. Im Westen floß sie in zwei Zungen bei Guinate und am Risco de Famara als Lavafall über die Kante der tertiären Basalte und stürzte mehrere hundert Meter in die Tiefe, um so an der Küste Neuland zu schaffen (vgl. Wanderung 1). Auch im Osten erreichte die Lava schließlich das Meer, floß in diese Richtung jedoch mit wesentlich niedrigerem Gefälle ab.

Das Coronagebiet ermäglicht auf engem Raum mehrere vulkanologisch interessante Exkursionen :

Aufstieg zum Zentralkrater Monte Corona :

Einen direkten und gut begehbaren Wanderweg zum Zentralkrater des Monte Corona gibt es nicht. Als Augangspunkt zu seiner Besteigung dient am besten der kleine Ort Ye nördlich des Coronamassives. Von hier aus sucht man sich seinen Weg bergan durch Opuntien- und Feigenplantagen. Die Opuntien, bei uns besser unter dem Namen Feigenkakteen bekannt, machen hier einen kränklichen Eindruck und sehen stark befallen aus. Dieses ist aber durchaus gewünscht, dienen die Opuntienblätter doch als Nährboden für die Cochenille - Schildlaus, aus der der gleichnamige rote Farbstoff gewonnen wird. Während die grauschwarzen Schildläuse auf der Pflanze sehr unscheinbar aussehen, ist der prächtige rote Cochenille - Farbstoff seit Jahrhunderten eines der Hauptausfuhrgüter Lanzarotes.
 
 


Cochenille - Schildlausansammlungen auf Opuntienblatt

Durch die Cochenilleplantagen mit zwischengeschalteten Feigenbäumen erreicht man über zunehmend steiler werdende Saumpfade schließlich den Kraterrand. Der eigentliche, wohlerhaltene Vulkankrater hat einen Durchmesser von ca 300 m und bildet heute einen steilen Trichter von etwa 40 m Tiefe. Steigt man weiter Richtung Osten bergan, so erreicht man schließlich den Rand eines zweiten, kleineren Parasitärkraters. Von hier aus erschlieát sich bei gutem Wetter ein wunderbarer Blick über den östlich angrenzenden Corona - Lavafluß bis hin zum Meer. Dabei fällt neben den von der Lava mitgerissenen Riesenblöcken (siehe unten) vor allen eine Reihe elliptischer Einbrüche im ehemaligen Lavastrom auf. Diese aneinandergereihten "Jameos" sind Deckeneinbrüche eines großen Höhlensystems, das bei der Bildung des Lavastromes entstand und das mit mindestens 7 Kilometer die längste bekannte Lavahöhle der Welt darstellt. Ein Besuch dieser Lavahöhlen ist überaus empfehlenswert und wird weiter unten näher beschrieben.
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Wanderung durch das Malpais de la Corona :

Unter Malpais (= schlechtes Land) werden in Lanzarote extrem rauhe Lavalandschaften verstanden, auf denen eine geregelte Landwirtschaft kaum oder gar nicht möglich ist. Scharfkantige Lavablöcke bedecken die Erde und selbst die bloße Begehung dieses Geländes gerät ohne derbes Schuhwerk rasch zur Qual.

Dennoch zeichnet sich der östlich der Straße Ye - Orzola bei dem Weiler Casas la Brena liegende Landstrich durch eine ganz eigene urwüchsige Atmosphäre auf. Hier wurden von dem Corona - Lavaströmen hausgroße Massen bereits zuvor erstarrter vulkanischer Gesteine mitgeschleppt. Zwischen den einzelnen, oft wie Burgruinen emporragenden Felsenbastionen haben sich verschiedene Inselbewohner Häuser erbaut, sodaß das gesamte Gebiet recht gut durch Wege erschlossen ist. Die vergleichsweise üppige Vegetation mit vielen Feigenbäumen und die pittoresken Felsengebilde lassen eine Wanderung in diesem Gebiet unbedingt lohnend erscheinen. Besonders zur Zeit der Feigenreife hat eine Erkundung dieses Gebietes mit seinen vielen aufgegebenen Gärten auch seinen kulinarischen Reiz.

Exkursionen in das Corona - Höhlensystem :

Während der eruptiven Phase des Coronavulkans vor einigen tausend Jahren strömten mehrfach voluminöse Lavaströme Richtung Osten, um zwischen Arietta und Orzola das Meer zu erreichen. Hier bilden sie heute noch ein mehrere Quadratkilometer umfassendes, sehr eintönig wirkendes Lavafeld mit typischer Aa - Lava Struktur. Während die Lava an der Oberfläche erstarrte, floß die noch flüssige Lava in der Tiefe weiter und hinterliess hierbei gewaltige langgestreckte Höhlensysteme. Durch spätere Deckeneinbrüche, sogenannte Jameos, wurden die ursprünglich allseitig geschlossenen Hohlräume zugänglich. Derartige Lavatunnel sind zwar sehr typisch für rezente und subrezente Vulkangebiete, jedoch stellt das Höhlensystem des Coronavulkans die mit Abstand größte und längste bekannte Höhle dieser Art auf den Kanaren und in Europa dar. Die Höhle erreicht von ihrem Beginn am Coronavulkan bis zum Meeresufer über 6 Kilometer Länge und setzt sich dann noch etwa 1600 m untermeerisch fort ! Das Ende dieses bisher weltweit längsten untermeerischen Lavatunnels wurde erst 1986 durch eine schweizerisch - französisch - belgische Höhlentauchergruppe erreicht.
 
 


Detailplan des unteren Teil des Corona - Höhlensystems mit Jameo - Deckeneinbrüchen
und (in schwarzer Farbe markiert ) touristisch erschlossenen Teilen
 

Die Coronahähle mit ihren verschiedenen Teilstücken stellt eine der wirklich großen touristischen Sehenswürdigkeiten der Insel dar, die seit Ende der 70er Jahre durch den inzwischen verstorbenen lanzarotenischen Stararchitekten Cesar Manrique nachhaltig verändert wurde : Zunächst ist da der architektonisch gestaltete Teil des Höhlensystems Jameos del Agua, direkt in der Lavaeinöde zwischen Arrieta und Orzola oberhalb des Meeres gelegen. Die Meinungen über dieses Bauwerk schwanken je nach Auffassung des Besuchers zwischen "schönster Platz der Welt" und "verschandelter Natur". Hier mag sich jeder seine eigene Meinung bilden...
 
 

"Gestaltete Natur" im Höhlenrestaurant Jameos del Agua

Im Corona - Höhlensystem endemischer Höhlenkrebs
Munidopsis polymorpha in etwa 2 -facher Vergrösserung
 

Bemerkenswert ist aus naturkundlicher Sicht der bereits von Meerwasser beeinflusste Höhlensee mit dem seltenen, nur hier vorkommenden blinden Kleinkrebs Munidopsis polymorpha, der sich durch seine weiße Farbe auf dem schwarzen Basaltuntergrund deutlich abhebt  Das östliche Ende der Höhle wird wiederum von einem See gebildet, oder genauer, von Salzwasser, da hier bereits das Meeresniveau erreicht wird. Von hier aus gingen die erwähnten Tauchvorstöße zur Erkundung des submarinen Fortsetzung der Höhle aus. Richtung Westen verengt sich die Höhle hinter der imposanten Meditationshalle (mit psychedelischer Musikuntermalung !) zu einer kleinen Röhre, von deren weiterer Erkundung man wegen der Enge und Nässe Abstand nehmen sollte.Trotz der intensiven architektonischen Überprägung der Höhle blieb für den geologisch interessierten Besucher genug Ursprünglichkeit bestehen. Außerdem wurde in den Gesamtkomplex der Anlage auch ein durchaus besuchenswertes vulkanologisch- ökologisches Museum und Forschungszentrum integriert, das man nicht versäumen sollte.

Etwa einen Kilometer westlich wurde ein weiterer Abschnitt der Coronahähle touristisch erschlossen. Diese sogenannte "Cueva de los Verdes" (= Grüne Höhle) zeigen eindrucksvoll den geschwungenen, mäanderartigen Verlauf des ehemaligen "Lavahöhlenflusses" sowie zahlreiche kleine Lavastalagtiten. Auch der komplexe, oft mehrstöckige Aufbau einer solchen Lavaröhre läßt sich hier exemplarisch studieren. Schließlich ist die Cueva de los Verdes auch aus kulturhistorischer Sicht von Interesse, da sich in ihr eine unterirdische Siedlung der guanchischen Urbevölkerung nachweisen liess, die als Zufluchtort bei den nicht seltenen Piratenüberfällen angelegt wurde.
 

Eingang zur Cueva de los Verdes durch einen der typischen
Jameo - Einbrüche in der Decke des Lavastromes
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Weit weniger schön ist die anscheinend in spanischen Besucherhählen unverzichtbare farbige Beleuchtung, die die zarten Naturfarben der Höhlenwände nachhaltig verfälscht. Hier empfiehlt sich eine Besichtigung der (1994) grundsätzlich offenstehenden Höhle nach 18 Uhr, wenn sich die Touristenscharen verzogen haben. Bei einer solchen Besichtigung auf eigene Faust sollte man gegeignete Ausrüstung -  mindestens zwei Taschenlampen mit frischen Batterien - dabeihaben und die nötige Vorsicht walten lassen, da verschiedene tiefe Schächte und Löcher am Führungsweg nur ungenügend abgesichert sind.

Wer an einer derartigen Höhlenbefahrung "auf eigene Faust" Gefallen gefunden hat und über etwas Höhlenerfahrung verfügt, dem sei eine weitere lohnende Exkursion empfohlen. Folgt man der schmalen Strasse, die von den Jameos de Aguas zu der Cueva de los Verdes führt, weiter nach Westen, so erreicht man nach einigen hundert Meter einen markanten Knick in der Asphaltstrasse. In unmittelbarer Nähe gibt es ein weiteren großen Jameo - Deckeneinbruch mit dem Namen "Jameo de la Puerta Falsa" (vgl. obige Detailkarte), in den man recht bequem herabsteigen kann. Auf beiden Seiten des Einsturzes befinden sich große Höhleneingänge, die sich sowohl nach Osten in Richtung der bereits bekannten Besucherhöhle als auch nach Westen hinziehen. Die teilweise nur geringe Überdeckung mit Lavagestein vermittelt einen guten Eindruck, warum Lavahöhlen meist nur eine vergleichsweise kurzlebige geologische Erscheinung sind. Wendet man sich hier - wiederum mit geeigneter Ausrüstung und am besten nicht alleine - nach Westen, so gelangt man in den "Cueva de las Palomas" genannten Abschnitt der Coronahähle. In diese kann man auf einer Art Pfad mehrere hundert Meter hineinlaufen, wobei der Weg stellenweise recht beschwerlich ist. Entschädigt wird man durch die musterhaft ausgebildeten Lavamäander sowie durch reichlich haarsalzartige, gelbweiße Ausblühungen an den Höhlenwänden, die sich röntgenographisch als Gips erwiesen. Geht man indessen nach Osten, so erreicht man nach Passage einer geophysikalischen Meßstation (nicht berühren !) auf beschwerlichen Weg letzthin wieder den befestigten Führungsweg in der Cueva de los Verdes.

Auf Lanzarote existieren zahlreiche weitere Lavahöhlen, die meist jedoch in unwegsamen Gelände verborgen liegen. Bekannt und berühmt ist die mittlerweile verschlossene Höhle "Cueva de los Naturalistes" bei Masdache. In dieser mehr als 1000 m langen Hähle kamen bis zu 1 m lange Lavastalagtiten vor. Leider nur "kamen", da die Höhle in der Zwischenzeit durch Geo - Vandalen ihres Lavaschmuckes weitgehend beraubt wurde.
 
3.4 Der Nationalpark Montana del Fuego/Timanfaya :

Kein Lanzaroteurlaub führt an ihm vorbei, dem 1974 eingerichteten "Nationalpark der Feuerberge". Wie eingangs erwähnt, begann hier 1730 eine der längsten bisher überhaupt dokumentierten vulkanischen Eruptionszyklen. Hierzu sei der Anfang des zeitgenössischen Berichtes des Pastors von Yaiza zitiert :

"Am 1. September zwischen 9 und 10 Uhr abends öffnete sich plötz-
lich die Erde in der Nähe des Timanfaya zwei Meilen von Yaiza
entfernt. In der ersten Nacht erhob sich ein riesiger Berg aus
dem Schoß der Erde. Aus der Bergspitze schlugen Flammen, die
neunzehn Tage unaufhörlich loderten".

Dies war der völlig unerwartete Auftakt zu einer sechs Jahre andauernden, ununterbrochenen vulkanischen Tätigkeit, die in ihrer zeitlichen Ausdauer ihresgleichen in Europa sucht. Lediglich auf Island sind in historischer Zeit ähnlich lange Eruptionszyklen zu verzeichnen gewesen, so die Myvatnfeuer von 1725 - 1729, (also interessanterweise unmittelbar vor dem Ausbruch auf Lanzarote !). Auch das abrupte Einsetzen der Timanfayaeruptionen ohne merkliche Vorzeichen ist bemerkenswert.

Die mehrjährigen Eruptionen verwüsteten ein etwa 200 qkm großes, landwirtschaftlich intensiv genutztes Gebiet mit mehreren Weilern, das bis heute unter einer mehrere Meter mächtigen Lava- und Aschedecke liegt. Die ausgetretenen Lavaströme flossen hauptsächlich nach Nordwesten und Westen ab, wo sie heute noch deutlich als scharfkantige, praktisch vegetationslose Gesteinsmassen zu sehen sind. Bemerkenswert ist ein nach Osten gerichteter Lavastrom, der sich auf der weiten Talebene zwischen Mozaga und Teguise teilte und hier nach Süden und Norden Richtung Meer floss. Während der nördliche Teilstrom im "El Jable" genannten Gebiet etwa 4 Kilometer vor La Caleta steckenblieb, erreichte der südliche Teilstrom im heutigen Hafengebiet von Arrecife das Meer. Dieser als typisch glatte Pahoehoe Lava ausgebildete Teilstrom ist heute in weiten Teilen, so zum Beispiel bei Tahiche, frei zugänglich.

Die offizielle Touristentour :

Als Mondlandschaft und letztes unberührtes Vulkangebiet der Kanaren gepriesen, werden tagtäglich Busladungen von Touristen auf einer eigens hierfür gebauten Asphaltstrasse durch die in der Tat sehenswerte Vulkanlandschaft gerollt. Am großen Busparkplatz am Restaurant und Touristenzentrum Islote del Hilario - einer weiteren Manrique - Schöpfung -  angekommen, wartet man zunächst auf einen freien Busplatz. In der Wartezeit wird geothermische Energie live vorgeführt. Da die Erdwärme in der Umgebung des Restaurants bereits in zwei bis drei Meter Tiefe mehrere hundert Grad beträgt, entflammt in eine Grube geworfenes Strauchwerk nach wenigen Sekunden. Auch werden mehrere Grilleinrichtungen vorgeführt, auf denen Fleisch mit reiner vulkanischer Hitze gegart wird. Den Höhepunkt der Attraktionen aber stellt ein "Geysir" dar, der in zahlreichen Reiseführern als seltenes oder gar einmaliges Naturschauspiel gerühmt wird. Die Wirklichkeit sieht leider etwas anders aus. In ein in den heißen Boden eingelassenes Metallrohr wird zunächst ein wenig Wasser geschüttet, das aufgrund der starken Hitze im Rohr rasch verdampft. Nach wenigen Sekunden wird erneut eine diesmal grüßere Menge Wasser in das Rohr gegeben. Da sich der inzwischen entwickelte Dampf nicht mehr ausdehnen kann, wird das Wasser als 3 - 4 m hohe Fontäne aus dem Rohr herausgeschleudert. Der hier gezeigte "Geysir" hat also nichts mit einem echten Geysir gemein, sondern es handelt es sich um eine Art geothermisch getriebenen Dampfkochtopf !
 

"Geysirlöcher" am Besucherzentrum "Islote del Hilario" im
Zentrum des Timanyfaya - Nationalparkes
 


Leider erläutern keinerlei Tafeln die sicherlich sehr interessante geologisch / geothermische Situation dieser Lokalität. Insbesondere ein Hinweis auf das hier gegebene Erdwärmepotential oder eine Art geothermisches Modellkraftwerk an diesem Orte wäre durchaus wünschenswert. Während der anschließenden Busfahrt erlebt man Vulkanismus pur. Die fast unbelebte Vulkanlandschaft besticht dabei durch eine Fülle von Formen und Farben, die nur schwer in Worte zu kleiden ist. Dabei fahren die Busse auf einer eigens mitten durch die Lava gebahnten Asphaltstrasse und man genießt einen guten Ausblick auf zahlreiche Krater und Eruptionszentren. Das hierbei abgespielte Tonband beschreibt teils in zeitgenössischen, teils modernem Text die Auswirkungen des Eruptions- geschehens 1730 - 1736 auf die Inselbevölkerung. Obwohl die Busrundtour dem Bildungshunger des Durchschnittstouristen sicherlich gerecht wird, kann sie doch den geologisch Interessierten kaum befriedigen. So darf man den Bus nur an zwei Stellen während der Fahrt kurz verlassen, um Fotos zu schiessen. Eine detailliertere Information über das Vulkangebiet ist zudem außer in verschiedenen verstreuten und zumeist in spanischer Sprache gehaltenen Fachpublikationen nicht erhältlich. So bleibt nach der Bustour und den am Besucherzentrum dargebotenen geothermischen Spielereien der etwas schale Eindruck, das man zwar eine Reihe höchst interessanter geologischer Phänomene gesehen hat, diese aber leider ohne hinreichende Erläuterung.
 
 

Landschaftseindrücke aus dem Timanfaya - Nationalpark

Außer der beschriebenen Busrundfahrt gibt es leider nur wenige Möglichkeiten, den Timanfaya Nationalpark näher zu erkunden. Zwar gibt es noch die sehr touristisch aufgemachten Kamelritte durch einen kleinen Teil des Parkes, jedoch wird auch hier nur sehr wenig vulkanologisches Wissen vermittelt. Eine Erkundung der im Park vorhandenen Straßen und Wege auf eigene Faust ist dagegen aus Gründen des Naturschutzes verboten und angesichts der sehr schlechten Wege ohne Geländewagen auch nicht empfehlenswert. Als Alternative bleiben die geführten naturkundlichen Wanderungen, die jeden Samstag im Stadion Llucha de Canarios (= ein auf den Kanaren ausgesprochen beliebter Ringkampf) in Tinajo starten. Leider konnte der Autor nichts Näheres über diese sicherlich interessanten Fußexkursionen in Erfahrung bringen.
 
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Detailkarte der Exkursionspunkte im Süden von Lanzarote

Los Hervideros und El Golfo :

Von den in jüngster Zeit weitgehend stillgelegten großen Salinas del Janubio führt eine gut ausgebaute Asphaltstrasse Richtung Norden bis zur Siedlung El Golfo. Diese Straße bietet eine der wenigen Möglichkeiten, die Lavaströme des Timanfaya - Nationalparkes ohne Touristenrummel anzuschauen - zumindestens dann, wenn man früh morgens oder am späteren Nachmittag hierhin kommt. Die Straße schlängelt sich mitten durch die sehr schroffe Lava hindurch und vermittelt so bereits vom Auto aus einen unmittelbaren Eindruck dieser Aa genannten Lavavarietät - der lautmalerische Name stammt von den schmerzerfüllten Ausrufen der Ureinwohner Hawais, die seinerzeit barfuß (!) über diese Art Lava laufen mußten. Die scharfkantige Natur dieser Lava weist auf einen relativ hohen Kieselsäuregehalt hin, der der Gesteinschmelze einen sehr viskosen Charakter verleiht. Kieselsäureärmere Schmelzen sind hingegen dünnflüssiger und bilden daher bei der Erstarrung weit glattere Oberflächen aus, wie am Pahoehoe Lavastrom in Tahiche gut zu sehen ist.

Erster Haltepunkt ist an einer Lokalität namens Los Hervideros, wo die Meeresbrandung imposante Höhlungen aus dem Lavastrom herauserodiert hat. Über eine Vielzahl von kleinen Wegen kann man das Areal erkunden und dem Tosen und Schäumen der Wellen in den Basaltklippen lauschen. Die Lokalität ist recht fotogen und so findet man das Motiv auch auf zahlreichen Postkarten abgelichtet. Oben am Parkplatz finden sich verschiedene fliegende Händler, die allerlei Mineralisches anzubieten haben. Ein recht schönes Souvenir sind die leuchtend grünen oder auch braun oxidierten Olivinknollen, die in allen Größen angeboten werden. Man kann sie aber auch in den angrenzenden Aa - Lavafeldern selber sammeln. Noch bessere Fundmöglichkeiten bestehen freilich an den weiter unten beschriebenen Salinas del Janubio.
 


Basaltsäulen und Meeresbrandung bei "Los Hervideros"
 


Weiter geht es auf der Straße bis nach El Golfo, einem vielbesuchten Tuffkrater, der durch die Meeresbrandung angeschnitten wurde. Auch hier ist - ähnlich wie am Montana Amarilla auf Graciosa - die Tufflagerung und die Winderosion in den weichen Ascheschichten gut zu studieren.

Zur Meerseite hin hat sich hier ein Strandwall aus schwarzen Vulkansand gebildet, hinter dem eine Lagune mit grünem Wasser liegt. Der intensive Farbkontrast zwischen grünem Wasser, schwarzen Sand, gelben Ascheschichten und blauem Meer und Himmel läßt hier eine ganz eigenartige Stimmung entstehen, die man nicht versäumen sollte. Nicht umsonst wird diese Lokalität ob ihres optischen Reizes häufig als Set für Modemagazine und Werbespots verwendet..
 


Vulkanische Farbkontraste bei El Golfo
 


Der Pahoehoe - Lavastrom bei Tahiche :

Läát sich auf der Straße zum El Golfo hin der Aa - Lavatyp im Detail studieren, so bietet der Lavastrom bei Tahiche nördlich von Arrecife ein gänzlich anderes Bild. Diese aus einzelnen Stricken zusammengesetzte, glatte, häufig wie lackiert aussehende Lava wird mit den ebenfalls hawaianischen Namen Pahoehoe bezeichnet. Der deutsche Name hierfür ist Stricklava. Tatsächlich bildet sich auf der kieselsäurearmen und daher im Glutzustand dünnflüssigen Lava eine Art Gesteinshaut aus, die sich bei jedem Widerstand staut und durch die nachfolgende Strömung zu einer Art Strick zusammengedreht wird.

Bei dem Lavastrom von Tahiche, dem am weitesten nach Osten vorstoßenden Ausläufer der Timanfaya Eruptionen 1730/1736, lassen sich diese Strukturen besonders gut sehen. Hier kann man mehrere hundert Meter weit auf die glatten, völlig vegetationsfreien Lavaflächen herauswandern. Neben größeren Gebieten mit gut entwickelten "Strickmustern" gibt es dabei auch glattgewölbte Lavaschilde ohne auffällige Oberflächenmuster. Diese Lavabuckel zeigen stets Entlastungssprünge, die auf unterschiedlich rasche Abkühlung und Entgasung zurückzuführen sind.

Eine der besten Stellen, um den Lavastrom von Tahiche zu studieren, bietet sich in der Umgebung der Cesar Manrique Stiftung. Das heutige Stiftungszentrum und Museum ist der frühere Wohnsitz dieses wohl bekanntesten Lanzarotenen, der durch seine ebenso einfühlsame wie originelle Archtitektur weithin beachtete Akzente setzte. So schuf er auch hier ein in seiner Art wohl einmaliges Anwesen, das - teilweise unterirdisch - die vulkanischen Gasblasen des Lavastromes als Wohnräume erschließt ! Der Besucher kann so heute diese durch Gänge miteinander verbundenen und unaufdringlich gestalteten Gasblasen durchstreifen - eine Wanderung durch den Lavastrom sozusagen.
 

3.5 Salzgewinnung auf Lanzarote :

Lanzarote ist sehr arm an Bodenschätzen. Außer den lokal Picon genannten Lapillivorkommen, die ganz wesentlich zum Erfolg der Landwirtschaft in einem derart niederschlagarmen  Gebiet beitragen, werden verschiedentlich Steine gebrochen, so in der Nähe des Flughafens von Arrecife. Erze oder ähnlich wertvolle mineralische Rohstoffe sind gänzlich unbekannt. Dennoch war bis in die jüngste Vergangenheit hinein ein anderer mineralischer Rohstoff wirtschaftlich überaus bedeutend : das in kunstvollen Salinenbetrieben gewonnene Meersalz. Zahlreiche Salinen befanden sich bis vor wenigen Jahren in Betrieb, allen voran die fast 1 Quadratkilometer große Salinas del Janubio im Westen des Landes. Aber auch die Salinen von Arrecife, in der Nähe des Hafens gelegen, zeigen heute noch trotz teilweiser Überbauung deutlich die einstige Ausdehnung solcher Anlagen.

Dabei wurde in der Regel die Salzlauge durch Kanäle und mit Hilfe von windgetriebenen Pumpen vom Meer aus in das oberste Becken gefördert. Die Lauge durchfloß dann verschiedene hintereinander liegende Becken, in denen das Wasser durch die Sonnenhitze nach und nach verdunstete und die Salze allmählich ausfielen. Durch die verschiedenen Becken kommt es dabei zu einer Fraktionierung der Salze, wobei in den ersten Becken zunächst Gips, in den weiter unten liegenden Becken Steinsalz ausfällt. Das Resultat ist ein sehr reines Meersalz mit nur wenigen Fremdbeimengungen. Heute ist nach der weitgehenden Stillegung der Salinas del Janubio vor wenigen Jahren die Salzausfuhr Lanzarotes fast zum Erliegen gekommen.
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Salinas del Janubio und Olivinfundstellen :

Einen fast unwirklichen Eindruck vermittelt die sonnendurchflutete Meeresbucht Salinas del Janubio im Südwesten der Insel. Die gesamte Bucht wurde im Laufe der Jahrhunderte in ein Mosaik neben- und übereinanderliegender Becken umgewandelt, in der sich die Salzsole im gleißenden Sonnenlicht spiegelt. Das salzhaltige Meerwasser rinnt über einen am nördlichen Rand der Bucht verlaufenden Hauptkanal in die obersten Becken und wird hier durch ein enges Netz sich vielfach verzweigender und kreuzender kleinerer Kanäle auf zahlreiche weitere Bassins verteilt.

   

Die Salzlagune El Janubio im Wechsel von Licht und Schatten
 


Ein Gang durch die heute weitgehend stilliegenden Salinenbecken zeigt auch heute noch Sole in allen Stadien der Anreicherung und Kristallisation. Hierbei finden sich Becken, die heute - nach mehreren Jahren Betriebsruhe - komplett mit Rasen großer Kristalle überwachsen sind. Diese calcitartigen Kristallen erreichen bis 10 cm Länge und lassen sich in nahezu beliebiger Stufengröße bergen. Selbst die Gewinnung großformatiger, ästhetischer Museumsstufen stellt mit geeigneten Werkzeug kein Problem dar.
Der Hauptteil der Kristalle ist klar, lediglich die Basis der Stufen ist häufig mit einem teils roten, teils grünen Schlamm bedeckt, der sich im wesentlichen aus salzliebenden Rot/Grünalgen sowie aus unlöslichen Bestandteilen zusammensetzt. Trotz des typisch calcitartigen Habitus der Kristalle erwiesen sich diese röntgenographisch als reiner Gips - allerdings in einer sehr eigenartigen Kristallform. In den tiefer gelegenen Becken kristallisiert dann auch allmählich Steinsalz mit aus. Hier können hübsche, wenngleich sehr zerbrechliche Gips - Halitparagenesen geborgen werden.

Für die Erkundung der Janubio Salinen sollte man sich viel Zeit nehmen, zumal es hier noch weitere mineralogische Besonderheiten zu finden gibt : Olivin ist zwar in Lanzarote sehr verbreitet, aber die wohl schönsten Olivinknollen der Insel lassen sich am nördlichen Rande der Salinen zwischen dem Meerwasserkanal und der nach Los Hervideros und El Golfo führenden Strasse finden. Innerhalb kurzer Zeit kann man hier große Mengen von "Olivinkartoffeln" einsammeln, teils noch im Lavaverbund, teils lose liegend. Knollen mit bis zu 50 cm Durchmesser (!) können dabei ebenso gefunden werden wie große (und schwere !) Museumsstufen aus mehreren eng beieinander liegenden Einzelknollen mit leuchtend grünem Olivin.

Typische Ausbildung einer Olivin"bombe", die im Gebiet
Janubio bis über 50 cm Größe erreichen können
 


Daneben kommen ebenfalls oxydierte braunglänzende Olivine vor und schließlich finden sich als mineralogische Rarität fast weiße Knollen, die mineralogisch aus reinem Forsterit bestehen. Weiter unten zu den Salinenbecken hin lassen sich auch Stufen aus Olivin bergen, auf denen Gipskristalle aufgewachsen sind - eine sicherlich nicht alltägliche Paragenese. Insgesamt gesehen stellt dieses Gebiet eines der mineralogisch interessantesten Exkursionsziele auf der Insel dar, an dem auch heute noch prächtige Stufen der hier vorkommenden Minerale gefunden werden können.

Weitere Salinen auf Lanzarote :

Liest man die gängigen Reiseführer oder spricht man mit den örtlichen Anwohnern, so hört man im allgemeinen, daß auf Lanzarote heute kein Salz mehr gewonnen wird. Dies ist zwar fast richtig, aber eben nur fast. Neben dem heute sehr eingeschränkten Saisonbetrieb der Janubio - Salinen gibt es auf der Insel noch eine weitere Saline, die auf traditionelle Art und Weise Salz gewinnt. Sie befindet sich unweit der abgelegenen Siedlung Los Cocoteros östlich von Guatiza. Der auf der Saline wohnende Besitzer läßt bei freundlicher Nachfrage einen genaueren Blick auf die verschiedenen Becken und die zahlreichen Solekanäle und -kanälchen tun. Hier kann man im Detail sehen, wie sich das Meerwasser allmählich aufkonzentriert und wie dann nach und nach zunächst das Sulfat als Gips und anschließend das Chlorid als reiner Halit auskristallisiert.Neben dieser einzigen noch das ganze Jahr in Betrieb stehenden Saline Lanzarotes gibt es von Süd nach Nord fortschreitend folgende weitere ehemalige Salinenbetriebe :

  -- die bereits beschriebenen großen Salinas del Janubio, die nach wie vor gut erhalten sind.

  -- die Salinas del Berrugo auf dem Weg von Playa Blanca zu den Papagayostränden, heute im wesentlichen verfallen.

  -- die Salinas von Arrecife, die obwohl bereits stark zerfallen und teilweise überbaut, immer noch einen guten Eindruck der
     früheren Bedeutung dieser Salinenwirtschaft vermitteln.

-- die Salinas der Costa Teguise, heute fast völlig überbaut und teilweise in große Hotelkomplexe mit einbezogen,
   so in dem mondänen Hotelkomplex "Las Salinas".

-- die Salinas del Rio am Fuße des Famaramassives, die besonders durch das rosa gefärbte Hauptbecken auffällt.
   (vgl. Wanderung 1).
 
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3.6 Tektonik und Zeolithfundstellen um Playa Blanca - Papagayo :

Neben dem bereits beschriebenen Famaramassiv im Norden Lanzarotes existiert im Süden der Insel ein weiterer Flutbasaltkomplex namens Los Ajaches. Besonders an der Küste finden sich in ihm interessante geologische Aufschlüsse und Mineralfundstellen.

Wandert man von Playa Blanca durch das ehemalige Salinengelände El Berrugo n Richtung der populären Papagayostrände, so erreicht man nach etwa 2 Kilometern eine deutlich hervorspringende Halbinsel mit einer weithin sichtbaren kleinen Festung. In der Umgebung dieses Castillo de las Coloradas (= Festung der Farben) befinden sich geologiche Aufschlüsse von ungewohnter Schönheit. Mehrere Lagen von Flutbasalt liegen hier übereinander und schliessen verschiedenfarbige Tufflagen, darunter eine von markant leuchtendroter Farbe, ein. Durch diese vulkanosedimentäre Abfolge dringen an zahlreichen Stellen unterschiedlich mächtige, senkrecht stehende schwarze Lavagänge. Schließlich lässt sich auch noch eine jüngere Tektonik erkennen, die teilweise modellhafte Auf- und Abschiebungen verursachte und sowohl Flutbasalte wie Lavagänge durchschneidet. Diese Steilküste bietet aufgrund der Tektonik und des schönen farblichen Kontrastes der einzelnen Gesteine untereinander hervorragende geologisch - tektonische Fotomotive.

BETZ (1986) beschreibt von hier die folgenden Mineralien : Fe Oxide, Calcit, Analcim, Thomsonit, Phillipsit, Chabasit, Levyn, Offretit, Erionit, Natrolith in teilweise sehr guter Ausbildung. Die Zeolithe treten dabei in kleinen Gasblasen in den Flutbasalten sowie in den Basaltgängen auf. Insbesondere in der direkten Umgebung des Castillos bestehen recht gute Fundmäglichkeiten für die angegebenen Mineralien, allerdings wurde das Gebiet in den vergangenen Jahren bereits heftig bearbeitet, wie zahlreiche zerschlagene Felsbrocken beweisen. Ähnliche Fundmöglichkeiten sollten bei intensiverer Suche auch weiter westlich bestehen, da sich die Flutbasalte entlang der Papagayo - Küste bis hin zum Fischerort Playa Quemada erstrecken. Bei einer Sammeltour in diese Gegend sollte stets genug Wasser und eventuell ein Handy mitgenommen werden, da das Gebiet jenseits der Papagayo - Strände zu den abgelegensten Teilen der Insel gehört.
 

3.7. Tuffgruben und Piconkulturen :

Beschäftigt man sich mit der Geologie Lanzarotes, dürfen die zahlreichen Tuffgruben nicht unerwähnt bleiben, aus denen in großem Maßstab ein Lockergestein mit ganz ungewöhnlichen Eigenschaften gewonnen wird. Die Rede ist vom sogenannten "Picon", das in der lanzarotenischen Landwirtschaft seit vielen Jahrhunderten eine ganz entscheidende Rolle spielt. Die pechschwarzen, stark porösen, eckig - kantigen Picon - Lapillipartikel werden in 20 cm dicken Schichten auf die Felder aufgebracht. Hier offenbaren sie geradezu wunderbare Eigenschaften. Während Lanzarote insgesamt gesehen an Niederschlägen arm ist - man rechnet mit etwa 200 mm Jahresniederschlag im Vergleich zu etwa 700 mm in Deutschland - so bildet sich speziell an der hoch aufragenden Westküste doch häufig Nebel, der kilometerweit in das Land hineinziehen kann. Auch tritt, bedingt durch die relativ starke nächtliche Abkühlung auf der Insel, häufig starker Taufall ein. Beide Arten dieses sogenannten "okkulten Niederschlages" wird in den vulkanischen Piconpartikeln gespeichert und so für die Pflanzen verfügbar gemacht. Darüberhinaus minimiert die Piconmulchung die ansonsten starke Bodenwasserverdunstung und trägt zu einer Erosionsminimierung auch an steilen Hanglagen bei.
 


Picon - Lapillituffackerbau auf Lanzarote : typisches Beispiel des erosionshemmenden
Effektes der Lapillimulchung im Vergleich zu einer nicht gemulchten Nachbarfläche

Schließlich beugt eine Piconmulchung auch dem Unkrautbefall der solcherart behandelten Anbauflächen vor, sodaß auf ein Jäten fast gänzlich verzichtet werden kann. Interessanterweise ist zwar die lanzarotenische Landwirtschaft seit Jahren rückläufig, wie viele stillgelegte Felder in Hanglagen beweisen, der Anteil der Felder mit schwarzer Piconmulchung hat dagegen jedoch in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen.

"Picon" - Weinbaulandschaft bei La Geria, bei denen die Weinstöcke direkt in den örtlich
anstehenden Lapillituff eingetieft und zusätzlich mit Windschutzmauern umgeben werden
 


Mineralogisch bieten die Picongrube, so zum Beispiel jene westlich von Maguez bei Haria (vgl. Wanderung 1) wenig Interessantes, dennoch sollte man sich eine solcheTuffgrube, wie man sie von den Fahrstraßen aus immer wieder sehen kann, ruhig einmal genauer ansehen. Wird doch hier ein mineralischer Rohstoff gewonnen, der auch bei semiariden Verhältnissen eine ertragreiche Feldbewirtschaftung ermöglicht und so ganz entscheidend zur Ernährung der Bevölkerung und auch der Inselbesucher beiträgt.
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4. Geologische Exkursionspunkte und Wanderungen auf Graciosa :

Nur etwa einen Kilometer von Lanzarote entfernt befindet sich die die nur 27 Quadratkilometer umfassende Nachbarinsel Graciosa, die von Orzola aus mehrfach täglich mit dem Fährboot angefahren wird. Die sehr eindrucksvolle Fahrt entlang der Famarasteilküste mit herrlich geschichteten Flutbasalten rund um das oft stürmische Kap Farion de Afuera endet im Hafen von Caleta del Sebo, dem einzigen ständig bewohnten Ort Graciosas. Hier gibt es mehrere kostengünstige Gasthäuser mit durchaus empfehlenswerter Fischküche. Die kleine Insel offenbart einen ganz eigenen Charme, der schon im Namen Graciosa (= die Liebliche) anklingt. Durch ihre Überschaubarkeit eignet Graciosa sich gut zu Fußexkursionen mit Standquartier in Caleta. Im Folgenden sollen einige lohnende Exkursionen beschrieben werden :
 


Detailkarte zu den Exkursionspunkten auf Graciosa
 


Wanderung zum Vulkan Monte Amarilla :

Eine etwa vierstündige Wanderung führt von Caleta del Sebo zu dem 172 Meter hohen Montana Amarilla ganz im Südwesten der Insel. Dieser vornehmlich aus Tuffen aufgebaute Vulkan ist im Süden am Playa de la Cocina vom Meer angeschnitten worden. Hier offenbart sich dem Betrachter in einem 150 Meter hohen Profil modellhaft das Innenleben des Vulkans, das aus gelb und rot gefärbten Tuffen mit gelegentlich eingeschalteten dünnen schwarzen Basaltgängen besteht. Die lebhaft gelbe Färbung, die diesen Vulkan bereits von weiter Entfernung aus deutlich hervorstechen läßt, rührt von einer intensiven Autohydrometamorphose des Tuffes her. Der Tuff wurde dabei unmittelbar nach der Ablagerung durch hydrothermale Wässer verändert und dabei gleichsam "im eigenen Saft gekocht". Solche Vorgänge sind typisch für sehr wasserreiche Vulkanausbrüche, wie sie auf den Kanaren häufig vorkommen. Neben dem Montana Amarilla kommt eine ähnliche hydrothermale Umwandlung auch auf dem Caleta del Sebo benachbarten Hausberg Montana del Mojon vor. Als weiteres Beispiel sei hier der bereits beschriebene El - Golfo Krater auf Lanzarote genannt.

Bei dem Prozess der Autohydrometamorphose bilden sich auch ungewöhnliche und optisch ansprechende Gesteine. Mit etwas Glück findet der Gesteinssammler hier Stücke von Palagonit, der sich durch ein feines Netzwerk von hydrothermalen Quarzadern und Quarzdrüschen in der roten Grundmasse auszeichnet. Schließlich läßt sich am Montana Amarilla auch beispielhaft die Salzverwitterung weicher Gesteine im Küstenbereich beobachten. Diese gerundeten Höhlungen, Tafonis genannt, entstehen durch die stark salzhaltige Meeresluft, wobei das Salz in den Klüften und Sprüngen des Gesteines auskristallisiert und durch den Kristallisationsdruck das Gestein absprengt. Sie kommen in der gesamten Bucht vor und bieten den Meeresvögeln willkommenen Unterschlupf.

Eine Besteigung des Berggipfels des Monte Amarilla ist nur geübten Wanderern mit festen Schuhwerk zu empfehlen. Zwar führt ein deutlich erkennbarer Saumpfad nach oben, jedoch ist das Gestein, insbesondere dort wo es hydrothermal umgewandelt wurde, ausgesprochen brüchig und rollig und bereitet dem Ungeübten beim Herabsteigen große Schwierigkeiten.
 

Die Strände Las Conchas und Playa Lambra :

Der schönste Strand von Lanzarote, Playa de las Conchas ist nach wie vor ein Geheimtip und liegt auf der vorgelagerten Insel Graciosa. Auch heute noch ist er vollständig unerschlossen und hat nichts von seinem jahrtausendealten Charme eingebüßt. Man erreicht ihn nach zweistündigen Fußweg über eine Piste am Nordostende des Insel. Wer hier länger bleiben oder zelten möchte, sollte Lebensmittel und viel Wasser mitnehmen, da es hier keinerlei Versorgungsmöglichkeiten gibt. Dafür belohnt der Strand mit seinem feinen weissen Sand, dem grandiosen Wellenspiel und einem herrlichen Ausblick auf die Graciosa vorgelagerten Vulkaninseln Montana Clara und Alegranza.
 
 
 

Lanarotes schönster Strand : Der wilde Playa de las Conchas auf der vorgelagerten Insel Graciosa

Der Strand Playa de las Conchas ist überraschend arm an Strandgut, selbst die an sich hier zu erwartenden Muscheln und Schnecken (las conchas = die Muscheln) machen sich auffällig rar. Ganz anders sieht dieses am nur knapp 2 Kilometer in nördlicher Richtung liegenden Playa Lambra aus. Hier häuft sich Treibgut jeglicher Art : angetriebene Hölzer, Fischernetze, Flaschen mit und ohne Post sowie verendete Meeresschildkröten in derart großer Anzahl, das einem mitunter der Badespaß vergeht. Jedoch ist dieser Unterschied gerade in aktuogeologischer Hinsicht interessant, zeigt er doch modellhaft auf, wie stark die jeweilige Sedimentation in eng benachbarten Strandbereichen durch lokal herrschende Meeresströmungen geprägt wird.

Den Rückweg vom Playa Lambra nach Caleta del Sebo nimmt man am leichtesten über die Ostküste der Insel. Hier passiert man das kleine, nur an Wochenenden und in der Hauptsaison bewohnte Hafenörtchen Pedro Barbas mit einer sehenswerten Solarenergieanlage. Kurz vor Caleta erreicht man dann ausgedehnte Flugsandflächen mit den für Graciosa typischen Gastropodenfossilien, die im folgenden beschrieben werden.
 

Pliozäne und subrezente Fossilien auf Graciosa :

Speziell auf den Wanderungen im Norden der Insel Graciosa fallen im locker verkitteten Flugsanden immer wieder massenhaft vorkommende merkwürdige fossile Gebilde von gelblicher Farbe auf. Die bis 3 cm großen, meist solitär vorkommenden, gelegentlich aber auch zu Gruppen verwachsenen Fossilien weisen eine gerundete fingerhutähnliche Form auf. Sie sind ausgesprochen hart und zeigen eine große zentrale Höhlung. Bei diesen zunächst rätselhaft wirkenden Gebilden handelt es sich um die calcifizierten Eigelege von Landschnecken der Helixfamilie, die hier bis vor wenigen Jahrtausenden in offensichtlich großer Anzahl gelebt haben. Das massenhafte Vorkommen der Eigelege ist dabei ein deutlicher Hinweis auf eine jungquartäre Klimaverschiebung hin zu einem trockeneren Klima im Bereich der östlichen Kanaren.

Auch ältere tertiäre Fossilien können auf Graciosa gefunden werden. Bei der Wanderung zum Montana Amarilla im Süden der Insel passiert man eine direkt am Meer gelegene auffällige Kalkpfannenbildung, die bereits teilweise wieder erodiert wurde. Die Kalkbildung hier und entlang des südlich anschließenden Küstenstreifens ist pliozänen Alters und enthält eine Reihe gut erhaltener, teilweise großwüchsiger Schnecken- und Muschelfossilien. Genannt seien Strombus coronatus und Strombus bubonius, Rothplezia rodista, Nerita emiliana, Griphaea virleti, Thais haemastoma, Patella candei, verschiedene Conus- und Murexarten sowie verschiedene Schwämme. Für alle genannten Fossilien bestehen ausgezeichnete Fundmöglichkeiten.
 
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Tertiäre Flutbasalte im Famaragebirge

Die Ostküste Graciosas bietet ber den El Rio genannten Meereskanal hinweg eine herrliche Aussicht auf das über 400 m hohe steilwandige Profil der Flutbasalte des Famaragebirges. In dieser Großartigkeit zeigen sich die tertiären Flutbasalte innerhalb Europas nur noch entlang der Nordostküste Islands !.

Mit dem Fernglas erkennt man deutlich die verschiedenen Förderkanäle (dykes) innerhalb der Abfolge, die die leichtflüssigen Basaltmagmen förderten. Oben angekommen, flossen diese Laven von dem sich in Form einer langgestreckten Spalte erstreckenden Schlot nach beiden Seiten fort und bildeten so eine neue Lage Basaltlava. Hierbei kann eine einzelne Lavalage eine räumliche Erstreckung von mehreren Quadratkilometern erreichen. Die einzelnen Basaltlagen haben eine Mächtigkeit von drei bis zehn Metern und sind häufig durch rotgebrannte Tufflagen getrennt. Auch hartgefrittete Paläoböden kommen in der Abfolge vor, die eine größre zeitliche Lücke der einzelnen aufeinanderfolgenden Basaltlagen dokumentieren.

Bei der Verwitterung dieser Gesteine entstehen treppenartige Abstufungen, wie sie sich beispielsweise am Punta Farion - der Nordspitze Lanzarotes zeigen. Aus dieser "getreppten" Landschaftsformung entwickelte sich der bereits oben erwähnte Name Trappbasalt für diese Gesteine. Der Verwitterungsschutt der Basalte bildet dabei große Schutthalden, die in der Regel die unteren hundert Meter des Profiles verhüllen. Bei der näheren Betrachtung dieser Schutthalden fällt auf, daß auch diese bereits wieder starke Erosionsrunsen aufweisen und demnach zur Zeit selbst erodiert werden. Wahrscheinlich deckt sich die Zeit der starken flächenhaften Erosion, die die heutigen Schutthalden am Fusse der Famaraberge schuf, mit der relativ feuchten "Landschneckenzeit von Graciosa" vor einigen tausend Jahren. Das heutige Erosionsgeschehen wird dagegen durch sporadische Starkregenfälle geprägt, die ein lokal konzentriertes und daher tief einschneidendes Erosionsgeschehen verursachen.
 

5. Schlußwort

Lanzarote und Graciosa stellen sicherlich keine mineralreichen Inseln in dem Sinne dar, wie es Korsika, Sardinien oder Elba tun. Trotzdem können auf den beiden Inseln eine Reihe recht netter Mineralstufen geborgen werden, wobei bei näherer Bearbeitung noch manch anderer Fundpunkt zu erwarten ist. Insbesondere die Gegend um die Salinas del Janubio weist dabei gute Fundmöglichkeiten für auch großformatige Gips- und Olivinstufen auf. In jedem Fall aber bieten die Steilküsten der beiden Gebirge Famara und Los Ajaches sowie die verschiedenen rezenten und subrezenten Vulkangebiete Lanzarotes einen hervorragenden Einblick in viele geologische und vulkanologische Prozesse, wie sie in dieser Vielfalt und Eindrücklichkeit in Europa selten zu finden sind.
 
 

6. Verwendete Literatur und Karten :
 

BARREIRO, E. & DIAZ, A. (1993) : Lanzarote - geographische und
 vulkanische Karte 1 : 100.000
 - Verlag A. Murillo, Arrecife 1993

BETZ, V. (1986) : Zeolithe von Lanzarote
 - Lapis ,11, Heft 6, S. 21 - 23, München 1986

FARR, M. (1992) : Höhlentauchen
 - 279 Seiten, Müller Rüschlikon Verlags AG, Cham 1992

ROTHE, P. (1964) : Fossile Straußeneier auf Lanzarote
 - Natur und Museum ,94, Heft 5, Frankfurt 1964

STROMER, K. (1994) : Lanzarote selbst entdecken
 - Regenbogen Reiseführer, Zürich 1994